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Peking ohne Ente

peking vegetarisch1

Anfang April verfiel ich bei der Betrachtung der Pekingente bei der Küchenschabe in Entzücken und machte mich sogleich auf die Suche nach einer Ente. Irgendwie schien es die falsche Jahreszeit zu sein. Die fetten Enten waren alle dem Weihnachtsschmaus zum Opfer gefallen und die jungen Enten müssen erst noch wachsen. Ich grämte mich und speicherte das Rezept für das nächste Weihnachtsfest. Zum Glück kommt es meist anders, als man denkt. Die chinesische Tempelküche* wartete mit einer vegetarischen “Pekingente” auf. Verwundert las ich das Rezept. Tofuhaut. Die gab es kürzlich schon bei Sybille zu bewundern. Ich schlug das Buch zu und vergaß das Rezept. Als ich mich dann beim nächsten Besuch im Asia-Laden genauer umschaute, fiel mir ein etwa DIN A4 großes Päckchen ins Auge. Bean Curd Sheets. Herr H. packte kurzentschlossen ein Päckchen ein und erklärte begeistert, dass wir unbedingt die Ente bereiten müssten. Ich blieb skeptisch, aber Herr H. setzte sich -zum Glück- durch.

Für die vegetarische Pekingente:

  • 4 Blatt Tofuhaut, eine halbe Stunde in heißem Wasser eingeweicht
  • 3 kleine Möhren, kleinst gewürfelt
  • 2 Stangen Sellerie, geputzt, kleinst gewürfelt
  • 150 g vegetarische Schinkenwürfel (ich: keine gefunden, echte genommen)
  • 10 Wasserkastanien, frisch oder aus der Dose, kleinst gewürfelt
  • Meersalz und Nährhefe (ich: weggelassen) zum Abschmecken
  • 2 Tassen Mehl (ich: 150 g) mit Wasser zu einer nicht zu dicken Paste verrührt (dafür braucht es etwa die gleiche Menge Wasser)
  • Öl zum Frittieren (ich: Öl zum Bestreichen)

Pfannkuchenteig:

  • 200 g Mehl
  • 100 g kochendes Wasser (ich: 125 g)
  • Sesamöl mit etwas Szechuanpfeffer und Salz vermischt
  • Rapsöl zum Braten
  • 1/2 Salatgurke, in 4 cm lange Streifen geschnitten
  • 150 g süße Bohnensauce (Tianmianjiang) als Dip (ich: Hoisinsauce)

Herr H. machte sich, nach kurzer Zeit leicht fluchend, ans Werk, das Gemüse in Würfel mit ca. 2 mm Kantenlänge zu schneiden. Das dauerte eine gute halbe Stunde. Ich knetete währenddessen den Teig für die Pfannkuchen. Der musste eine gute halbe Stunde abgedeckt ruhen, bevor ich ihn weiterverarbeiten konnte. Ich nahm die Tofuhaut vorsichtig aus dem Wasser, faltete sie auseinander und trocknete sie ab. Dann schnitt ich sie in ca. 30 x 40 cm große Blätter und rührte eine Paste aus Mehl und Wasser an, die in erster Linie dazu dient, das fein gewürfelte Gemüse mit den Tofuhautschichten zu verbinden.

Da mir das Frittieren nach wie vor ein Graus ist, beschloss ich, die “Ente” zu backen. Ich platzierte ein Tofuhautblatt auf zuvor eingeöltem Backpapier, bestrich es mit der Mehlpaste und streute etwas gewürfelte Gemüsemischung darauf. Dann legte ich das nächste Blatt darauf und wiederholte den Vorgang, bis alle Zutaten aufgebraucht waren (das ähnelt im Prinzip der Lasagneherstellung). Das obere Tofuhautblatt bestrich ich mit Erdnussöl. Nun durfte die “Ente” ca. 30 Minuten bei 200°C im Backofen garen.

Währenddessen bereitete ich die Pfannkuchen zu. Ich teilte den Teig in ca. 30 walnussgroße Kugeln und drückte sie zu ca. 6 cm großen Teigfladen platt. Dann bestrich ich jeweils einen Fladen mit der Ölmischung, legte einen zweiten Fladen darauf und rollte sie dünn auf etwa die doppelte Größe aus. Danach erhitzte ich eine Pfanne bei mittlerer Hitze mit wenig Öl und briet die Pfannkuchen nacheinander, bis sie Blasen zu werfen begannen. Sie sollten nicht bräunen. Die fertigen Pfannkuchen löste ich noch heiß voneinander und legte sie zwischen feuchte Handtücher, damit sie nicht austrockneten und biegsam blieben. Zu Schluss schnitt ich die fertige “Ente” in ca. 2 cm breite und 5 cm lange Streifen und richtete sie zusammen mit den Pfannkuchen und den Gurkenstreifen auf einer Platte an. Zum Essen belegten wir einen Pfannkuchen mit “Ente”, Gurke und etwas Sauce, rollten den Pfannkuchen zusammen und schwupps, weg war er.

Pekingente vegetarisch2

Fazit: Ich war völlig von den Socken. Die geröstete Tofuhaut schmeckte tatsächlich nach Geflügel und in Kombination mit Pfannkuchen, frischer Gurke und der süßen Bohnensauce schmeckte es mir so gut, dass wir das Gericht letztes Wochenende gleich noch einmal kochten. Denn auch Herr H. war schwer begeistert und merkte lapidar an, das hätte er schon vorher gewusst. Und falls man irgendwo vegetarischen Schinken auftreiben kann (einen milden Räuchertofu könnte ich mir auch dazu vorstellen), ist es eine perfekte fleischlose Alternative zur “echten” Pekingente!

*Die chinesische Tempelküche Martina Hasse

32 Kommentare

  1. Das klingt wirklich sehr interessant, aber auch ein wenig aufwendig… Mal schauen, ob ich die Tofuhaut bekommen, davon mache ich es mal abhängig 😉

    Wenn ich nur mal naschen könnte….

    • Ich war anfangs auch skeptisch, aber es war, wie gesagt, so gut, dass wir es eine Woche später nochmal gemacht haben 🙂 Und Lasagne zu machen ist mindestens genauso aufwändig…

  2. ich habe mir ja eingebildet, dass ich mich in der chinesischen Küche ansatzweise auskenne – aber die Ente ist mir absolut neu……einladend sieht die aus. Noch etwas, was auf meine lange Vormerkliste wandert……

    • Du kennst dich auch gut aus! Das ist ja eben eine Spezialität aus der Klosterküche… ja, diese fürchterlich langen Listen 😉

  3. Super liebe Eva,
    wusste auch nicht, dass man Tofuhaut kaufen kann.
    Da kann ich mir wenigstens in Zukunft das Verbrennen der Sojamilch sparen 😉
    Insgesamt finde ich deine “Falsche Ente” ausgesprochen köstlich und beim nächsten Asiaeinkauf werde ich mich mal nach Haut umschauen!

    Liebe Grüße 🙂

    • Liebe Sybille, du hast mich ja auch irgendwie auf die Idee gebracht (und natürlich der fachliche Kommentar der Miss ;-)). Könnte mir gut vorstellen, dass sie dir munden würde!

      Liebe Grüße zurück 🙂

  4. Tofuhaut – was ist das denn schon wieder? Das sieht so toll aus, beim ersten Blick auf deine Seite habe ich ein kleines “ah” ausgestoßen. Ich bin so unwissend, was diese Zutaten und Zubereitungsformen angeht. Tofuhaut – also echt..

    • Du weißt ja, ich bin neugierig und experimentiere gern 😉 (du doch auch!) und wenn mir solche Sachen dann begegnen, müssen sie getestet werden (und manchmal sind sie richtig gut).

  5. Wie spannend und ungewöhnlich!
    Das wäre eines der Gerichte, die ich mir gerne kochen lassen und mit ORDENTLICH Appetit verspeisen würde!

    • Sag’ Bescheid, wenn du mal in Hamburg bist 😉

  6. Das klingt ja sehr spannend! Vor einiger Zeit habe ich in einer (sonst ziemlich belanglosen Sendung) die handwerkliche Herstellung von Tofuhaut in einem bäuerlichen Kleinbetrieb in China betrachten dürfen – das hört sich nach optimaler Verwertung an!

    • Ich habe über die Herstellung nur in dem Kochbuch gelesen und war fasziniert (darin steht auch, wie man Seitan selber machen kann, ist aber eine ziemliche “Mehlverschwendung). Ein paar andere Rezepte mit Tofuhaut sind auch noch spannend 🙂

      • Gluten – nichts anderes ist ja im Prinzip Seitan – haben wir mal im Rahmen des Studiums als Naturstoffpräparat hergestellt. Wurde aber anschließend nicht verspeist 😉

        • 😉 schmeckt ungewürzt wahrscheinlich auch nicht so dolle… ich findes es kraß, dass von einem Kilo Mehl nur ca. 300 g übrig bleiben… (da esse ich als fleischloses Eiweiß lieber Hülsenfrüchte!)

  7. Das ist ja Wahnsinn! Das muss ich auch haben, großartig.

    Pekingente gehörte als Kind zu meinen Leibspeisen, die ganze Familie hatte ein riesiges Vergnügen an den Pfannküchlein mit der krossen Entenhaut darin, allerdings kenne ich das ohne Gurke und stattdessen mit rohen, sehr dünn geschnittenen Frühlingszwiebeln (mit denen man die Sauce wie mit einem kleinen Besen auf den Pfannkuchen verteilt). Die Sojahaut sehe ich immer in meinem Asia-Laden, die wird also dann bald mitgenommen.

    Apropos Ente: In Asien ist ja auch Mock Duck sehr beliebt und ich habe die nach langer Zeit mal wieder probiert, herrlich, mit fermentierten Sojabohnen. Da kommt dann irgendwann demnächst mal was – ich habe nur gerade etwas Rezept-Post-Stau.

    • Arrgh, gerade war ich noch ein paar Dinge einkaufen im Asia-Laden, und es gab auch die Soja-Haut, aber alle Packungen waren zerdeppert bzw. ihr Inhalt, also nur Bruch. Aber da bleibe ich dran, ich möchte auch so einen entenlosen Peking-Spaß haben ;-).

      • Echt? Zu Bruch? Meine war vakuumverpackt und die Haut darin elastisch und biegsam (Farbe: satter Ockerton). Ich kann die auch gern etwas Haut schicken 🙂 Sag’ einfach Bescheid!

    • 🙂 Frühlingszwiebel stelle ich mir auch stimmig dazu vor. Die Mock Duck hat Herr H. auch ganz oben auf seinem Wunschzettel, aber ich habe mir mal die Inhaltsstoffe durchgelesen und bin noch nicht sicher, ob ich die ganzen Geschmacksverstärker wirklich brauche 😉

      • Oh, das ist ja ein sehr liebes Angebot, danke vielmals! Das war tatsächlich nur Bruch, nicht vakuumiert, sondern in einer lockeren Plastikverpackung. Wenn ich bei meinem zweiten Asia-Laden auch keine ganzen Blätter bekommen, dann komme ich gern auf Dein Angebot zurück. Im Gegenzug schicke ich Dir gern zusatzstoff-freie Mock Duck (der Post ist in Vorbereitung, und auf diesen Punkt werde ich dort auch eingehen), dann bekommt Herr H. seine falsche Ente und Du musst kein Glutamat essen ;-). Lieben Gruß!

        • Ja, das können wir gern machen. Bin sehr gespannt auf deine Mock Duck! Ob sie heute noch veröffentlicht wird? 😉 Lieben Gruß zurück!

      • Prima ;-).
        Ich bin ja leider immer schnell mit dem Kochen und langsam mit dem Posten. Vor der No-Duck kommen daher noch die Yes-Kräuter und die Roh-Trüffeln.

        Und ich vergaß ganz zu erwähnen: Das Arrangement auf dem ersten und letzten Foto finde ich wunderschön gelungen, so wie auch die Fotos selbst. Mir fällt dazu als Titel “Ente aufräumen” ein, frei nach Ursus Wehrli ;-). Nein, Spaß beiseite, ich steh total auf solche strukturierten Arrangements.

        • “Ente aufräumen” 😀 auch nicht schlecht. Mir kam halt als erstes Pekingente ohne Ente in den Sinn und da habe ich dann eine Ente rausgekürzt (das Arrangement ist vom Buchfoto geklaut, danke für deine Kompliment!).
          Schade, ich bin soo gespannt auf die No-Duck… kannst du die nicht vorziehen :-)?
          Aber nun gut, die Yes-Kräuter sind bestimmt auch großartig, ich lauere!

  8. Antje Radcke Antje Radcke

    Das Rezept liest sich superspannend und die Fotos sehen vielversprechend aus. Und zweimal gekocht heißt ja wohl auch superlecker 😉 Und doch…
    … merke ich mal wieder, dass meine inzwischen fast 30 Jahre fleischloses Leben mich wohl für alle Zeiten verdorben haben für Gerichte, die Fleisch irgendwie nachahmen. Mir fehlt Pekingente einfach nicht – deshalb gelüstet es mich auch nicht nach vegetarischer Pekingente. Aber ich freue mich trotzdem über deine Experimente – sie erweitern den Horizont (auch wenn ich es nicht nachkoche) 😉

    • Vielen Dank für dein Kompliment. Ja, es ist wirklich ein sehr köstliches Gericht. Das mit dem Fleischimitat ist irgendwie ja auch eine Glaubenssache 😉 Ich sehe es eher als lecker gefüllte Pfannkuchen mit meiner neuen Lieblingssauce. Es macht nichts, dass du es nicht nachkochen möchtest und ich erweitere gern Horizonte :-)(ich kann auch bei weitem nicht alles nachkochen und -backen, aber es bleibt, so interessant, im Hinterkopf und manchmal taucht es von dort wieder auf…so wie deine Schokoladenproduktion!).

  9. ich habe den Eindruck, dass deine Fotos immer schöner werden 🙂
    Tofuhaut ist mir völlig neu, die knusprigen Dinger sehen total interessant aus, muss ich mich bei unserem China-Supermarkt mal umsehen, denn das will ich auch haben. Bloglesen bildet eben 😉

    • Danke 🙂 Ich habe mir gestern noch mal meine ersten Artikel angeschaut und musste lachen… ja, Herr H. ist wirklich ein guter Fotograf! Und die Tofuhaut, ja, echt klasse, zumal sie tatsächlich nach Geflügel schmeckt – eine echte Alternative auch für Fleischliebhaber 😉

  10. Soeben kredenzt – hat uns gar nicht schlecht gefallen. Bloß die Menge war für zwei viel zu viel! Aber ich bin mir sicher, dass der Rest auch kalt hervorragend schmeckt. Und: Was hast Du mit den restlichen Wasserkastanien angestellt? Davon – wie auch von der Tofuhaut – ist freilich auch noch da…

    • Oh, das freut mich. Da hast du ja einen ganz alten Schinken ausgegraben. 😉 Ja, der Rest schmeckt auch gut kalt.
      Ich hatte nur eine kleine Dose Wasserkastanien, da war nix übrig und die Tofuhaut? Ich habe die “Ente” mindestens noch einmal zubereitet, soviel ist sicher. 🙂

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    Auch wenn es schon ein alter Post ist: Ich bin dankbar für das Rezept, denn für’s nächste Klassentreffen hatte ich Pekingente vorgesehen (eigentlich doppelt gegarte Ente, schmeckt besser). Und da gibt es halt auch Vegetarier …

    Deshalb ein paar Anmerkungen:

    1. Kleinschneiden geht viel schneller, wenn man zuvor mit der Mandoline Stifte schneidet.
    2. Neben Gurken (auch Mandoline) sollte man auch Frühlinszwiebeln reichen.
    3. Mehrere Saucen: Hoisin, Plaumen- und Pekingentensauce.
    4. Die Pfannkuchen sollen etwas Farbe nehmen, sonst schmecken sie ja nach nichts. Sie werden ohne Fett, am besten in einer Eisenpfanne gebraten. Die perfekte Form besorgt eine italienische Nudelmaschine (mass man sowieso haben). Lange breite Bahnen, zweitdünnste Stufe, eine Hälfte mit Sesamöl bestreichen, umschlagen und dann mit einer Edelstahlschüssel ausstechen.
    5. Mindestens doppelte Portionen rechnen. Bei geselligem Essen werden die Gäste enorm gefräßig.

    • Eva Eva

      Vielen Dank für die umfassenden Informationen. Die Pfannkuchen sollen nach meiner Quelle keinesfalls bräumen und geschmeckt haben sie dennoch sehr gut.

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