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Artischocke: Kleines Herz in großem Kopf

Artischockenfritter

Bislang kannte ich Artischocken nur aus dem Glas und meine Begeisterung für sie hielt sich in engen Grenzen. Im April begegneten sie mir als Tagliatellinebeilage bei der Wilden Henne und ich gab Preis, noch niemals frische Artischocken gegessen zu haben. Mir wurde versichert, dass sie mit denen im Glas nicht zu vergleichen seien und ich versprach, mich auf die Pirsch nach frischen Artischocken zu machen. Vor ein paar Tagen wurde ich endlich fündig und packte sie mutig in meinen Einkaufskorb. Herr H. beschied, dass es sie als Vorspeise frittiert mit Dicke-Bohnen-Pesto* geben solle.

Für 2 Personen als Vorspeise:

  • 250 g enthülste Dicke Bohnen, frisch oder tiefgekühlt
  • 1 kleine Knoblauchzehe, zerdrückt
  • Olivenöl
  • Meersalz, schwarzer Pfeffer
  • 2 – 3 Artischocken, je nach Größe (ich: 2 gut tennisballgroße)
  • Saft von 3 unbehandelten Zitronen
  • 1 Ei, verquirlt
  • 20 g Panko (grobe japanische Semmelbrösel)
  • 3 EL gehackte Minze
  • 2 EL gehackter Dill

Artischockenserie

Die Artischocken lagen vor uns. Leicht ratlos schauten wir uns an. Was tun? Ich kürzte zunächst (viel zu viel des nicht trockenen) Stiels und zupfte die äußeren harten Blätter ab. Und zupfte. Und zupfte. Die Artischocke wurde kleiner und kleiner, ohne dass sich weiche, hellere Hüllblätter zeigten. Herr H. begann zu schimpfen, dass ja letztlich von einer so großen Frucht herzlich wenig übrig bliebe. Endlich wurden die Blätter heller. Nun schnitt ich die obere Hälfte der Artischocke mit einem Sägemesser ab und pulte das so genannte Heu, einen weichen Flaum, aus dem Herz. Das ging nach dem senkrechten Halbieren des Herzens wesentlich einfacher. Nach dem Putzen rieb ich die Artischockenhälfen sofort mit dem Saft einer Zitrone ein und legte sie mit den ausgepressten Zitronen und dem Saft einer weiteren Zitrone in eine mit Wasser gefüllte Schüssel. Dann brachte ich das Zitronenwasser mit etwas Salz zum Kochen, gab die Artischocken hinein und köchelte sie gut 10 Minuten, bis eine Messerspitze leicht eindrang. Ich nahm sie aus dem Topf und ließ sie auf einen Küchenhandtuch trocknen.

Herr H. hatte inzwischen die Dicken Bohnen 3 Minuten blanchiert, in eiskaltem Wasser abgeschreckt und gepahlt. Danach hatte er sie mit dem grob gehackten Knoblauch, 1 – 2 EL Olivenöl, Salz und Pfeffer in der Küchenmaschine grob zerkleinert. Anschließend hatte er das Pesto mit den Kräutern und etwas Zitronensaft abgeschmeckt.
Ich erhitzte ca. 1/2 Liter einfaches Olivenöl bis kurz vor den Rauchpunkt, wälzte die Artischockenstückchen in verquirltem Ei und anschließend in Panko und frittierte sie 1 – 2 Minuten goldbraun. Dabei wendete ich sie, damit sie gleichmäßig bräunten. Die fertig frittierten Artischocken durften auf Küchenkrepp etwas Öl abgeben.

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Fazit: Ich weiß nicht, ob ich mich beim Putzen der Artischocken besonders dumm angestellt habe. Von einem etwa 300 g schweren Kopf blieb nicht viel übrig. Geschmeckt haben sie allerdings ausgezeichnet und es stimmt, dass frische Artischocken der Dosenware haushoch überlegen sind. Das Dicke Bohnen-Pesto bildete einen erfrischenden Kontrast zu den frittierten Artischocken. Zum Frittieren: ich habe mich bislang mit Händen und Füßen dagegen gesträubt und weiß jetzt ehrlich nicht mehr, warum. Das benutzte Öl ist gefiltert wiederverwendbar und die knusprige Pankokruste unwiderstehlich. Von nun an wird frittiert, was das Zeug hält!

* Genussvoll vegetarisch Yotam Ottolenghi

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  1. Heut bin ich schnell 🙂 Artischocken mag ich….wenn ich ihrer habhaft werden kann, her damit. Und es stimmt – viel bleibt nicht übrig. Die Idee, die Artischocken auszubacken, werde ich aufgreifen – denn ich muss gestehen, wir essen sie sonst immer, indem wir die Blätter abzupfen und in Vinaigrette tunken.

    • Da bin ich ja beruhigt, dass tatsächlich nicht viel übrig bleibt 🙂 Abzupfen und tunken kommt nächtes Mal, bin gerade zum vierten Mal an der Sch* Mayonaise gescheitert… 🙁 aber der Rest war lecker!

        • Ja, nächstes Mal werde ich sie “schonender” zubereiten 😉 Zur Mayonaise. Bite nicht lachen, ich habe es schon 4 (!) Mal genau so probiert, aber das Eigelb emulgiert einfach nicht, sondern flockt aus… Ich bin wirklich ratlos.

  2. Okay, ich versuche es doch nochmal… eigentlich kann ich mich irgendwie nicht mit Artischoken anfreunden und ich könnte jetzt auch nicht wirklich sagen, warum das so ist :-/

    Jede Woche auf dem Markt haben sie frische da, also ich werde es nächste Woche nochmals angehen!

    Und PANKO! Da musste ich erst ins Allgäu fahren, um endlich mal welches zu bekommen 🙂
    Jetzt ist bei mir gerade überall Panko dran, drin, drumrum, wie auch immer 😉

    • Da bin ich gespannt. Geschmacklich fand ich sie wirklich gut, nur eben blieb kaum etwas übrig. Nächstes Mal gibt es sie ganz gekocht mit Blättern zum Abzupfen und dippen. Echt, ins Allgäu? Wo bist du denn bloß, dass es dort kein Panko gibt? Hatte dich irgendwie nach Mittelwestdeutschland verortet, frag mich nicht, warum 🙂

      • Ich werde berichten, wie es bei mir mit den Artischocken lief…

        Eigentlich wohne ich im Frankfurter Raum, in der Nähe von Darmstadt. Der Asia-Laden hat hier vor kurzem geschlossen und weit und breit nichts ähnliches in Sicht :-/
        Und ein Päckchen Panko online bestellen macht keinen Sinn… Und beim Ausflug ins Allgäu wurde mir schon Panko geordert, den ich dann mitgenommen habe 🙂

        • Ah, Ok, ich habe mich schon gewundert… und in Darmstadt oder Frankfurt gibt es auch keine Asialäden? Nee, du hast recht, eine Packung zu bestellen machte keinen Sinn. Ich warte meist und sammele und bstelle dann (ist aber in Hamburg eigentlich nicht nötig, hier gibt’s wirklich alles – ganz schön dekadent…).

  3. ich steh total auf Panko! Die jungen Damen wollen ihre geliebten Hühnerschnitzerl nur mehr mit Panko, weil sie damit viel knuspriger werden. Gottseidank übernimmt bei uns der Frittieren der Co-Produzent (= Mitkoch).

    • Ich habe mich bislang wirklich vorm Frittieren gescheut, aber es hat zum ersten Mal richtig gut geklappt und die Dinger waren herrlich knusprig. Und ich liebe diese japanischen frittierten Teilchen, jetzt kein Problem mehr 🙂

  4. Während ich beim Backen ja meist ein Total-Ausfall bin, kann ich im Artischocken-Fall ein wenig helfen.

    Eine große Artischocke kann man – nach dem Kappen des trockenden Stiel-Teils, dem Zupfen wirklich nur der äußeren Blätter und dem Coupieren der Spitzen – sehr gut im Ganzen kochen, und zwar mit einem Teller beschwert, weil eine große und nicht gänzlich ihrer Blätter beraubte Frucht nämlich oben schwimmen möchte. Man zupft dann die Blätter von außen nach innen nach und nach ab und knabbert nur den kleinen fleischigen Teil ab der allerdings nach innen hin jeweils größer wird), den man jeweils zuvor in Marinade tupft, bis man sich zum Herzen vorgearbeitet hat. Das befreit man vom Heu und verspeist des – das Herz, nicht das Heu. Junge und kleine Artischocken hingegen (die man bei uns schwerer bekommt als in den Mittelmeerländern), muss man nur ganz wenig zupfen, viertelt sie dann und brät (oder fritiert) sie. Köstlichst.

    • Total-Ausfall, na komm! Das ist etwas übertrieben 😉
      Ja, nächstes Mal mache ich es so, wie du es beschreibst, aber erstmal stehen noch so viele andere Sachen auf der mentalen Liste… es ist irgendwie schrecklich, ich komme kaum hinterher. Von mir aus könnten die Tage gern doppelt so lang sein 🙂

      • Oh, ich meinte den Back-Total-Ausfall im Sinne von Rat geben und Fachsimpeln. Das kann ich ja bei Kuchen und Brot leider überhaupt nicht, sondern halte mich da pedantisch an vorgegebene Rezepte und hoffe, dass nichts schief geht ;-).

        • 😉 Das habe ich mir schon gedacht, aber du hast ja in den letzten Monaten schon einiges (auch freier) gebacken bekommen 🙂

  5. Da man so viele Blätter abschälen muss, werfe ich diese nicht weg, sondern dünste sie im Schnellkochtopf einige Minuten und esse den weichen Teil ganz traditionell mit Vinegrette oder Dip als Vorspeise. Man kann sie in einer Tupper auch noch ein oder zwei Tage roh aufbewaren. Bei mir gab’s heute auch wieder Artischocken, diesmal mit Pasta. War auch seeehr lecker!

    • Man braucht aber keinen Schnellkochtopf, oder? Ich werde deinen Rat beherzigen und sie nächstes Mal seperat bereiten! Danke 🙂

      • Nein, das geht auch ohne, dauert aber dann etwas länger 😉

        • Habe gerade Artischockennachschub gekauft 😉

  6. Artischocken mag ich wohl auch. Grade hast du mich auf eine Idee gebracht: Ich mag es sehr, die Blätter zu dippen und dann abzuzuzeln. Statt sie zu panieren könnte man sie nach der Sauce doch vielleicht in selbst gemachte, gebratene Chilibrösel tunken?! Dann frittiert man nicht, hat aber ein Knuspergefühl …

    • Aber ich will deine Kreation natürlich nicht schmälern. Das grüne Bohnen Pesto und auch die Artischocken sind sicherlich toll gewesen!

    • Hervorragende Idee, das ist dann auch nicht ganz so fettig, werde ich mit den beiden neuen Exemplaren testen! 🙂

  7. Antje Radcke Antje Radcke

    Na sowas, mein Feedreader hat mir deinen Artischocken- und auch deinen Mokkatorten-Post unterschlagen – habe ich erst jetzt zufällig hier entdeckt. Glücklicherweise!
    Aaalso, Artischocken habe ich ehrlich gesagt auch noch nie frisch zubereitet (gegessen) – immer nur in Form von eingelegten Artischockenböden, die ich so berauschend nicht finde. Mein Liebelingsbiohändler hat aber nun Artischocken im Sortiment und ich fragte mich schon beim letzten Einkauf: Soll ich oder soll ich nicht?
    Deine Erfahrungen und auch Claudias Kommentar sagen mir: Ich soll! Und dann auch noch Dicke Bohnen dazu. Lecker.
    Zum Thema Frittieren: Auch ich hatte da früher eine gewisse Abneigung – aus zwei Gründen: Zum einen glaubte ich die frittierten Gerichte immer ziemlich fettig, zum anderen roch die Wohnung tagelang nach Frittiertem (trotz toller Fritteuse, Abzugshaube, Lüften und frischem qualitativ hochwertigem Frittieröl).
    Zum Thema fettig: Nach dem Frittieren von reichlich Pommes und Falafel ergab das Zurückschütten des Öls in die Flaschen einen minimalen Fettverbrauch, den wir kaum glauben konnten (hat sicher auch mit der perfekten Temperatur zu tun, die man über die Fritteuse einstellen kann – wichtig ist dann auch die Verwendung von hocherhitzbaren Fetten, bin mir nicht so sicher, dass Olivenöl das schafft?).
    Und das Phänomen Frittenbudenduft haben wir bislang zwar nicht klaglos aber doch hingenommen – einfach, weil Falafel und selbstgemachte Pommes unwiderstehlich sind. In diesem Jahr haben wir uns vorgenommen, meine neuen Örtlichkeiten zu nutzen und die Frittieraktion zur Outdoor-Kochaktion zu machen… (Falls es jemandem auffällt, dass ich bei diesem Thema von “wir” spreche: Da mein Lieblingsmann ebenfalls Vegetarier ist und es deshalb keinen typisch männlichen Arbeitseinsatz am sommerlichen Gartengrill für ihn gibt, übernimmt er gern – und perfekt – die technische Betreuung der Fritteuse 😉

    • Lustig, dass du das mit den Falafeln schreibst, die habe ich gestern gerade zum ersten Mal zubereitet und was soll ich sagen? Sie waren perfekt! Es stimmt, dass (bei richtiger Temperatur) Frittiertes überhaupt nicht fett ist. Ich war völlig perplex, als ich das feststellte, weil das eigentlich mein Hauptgrund gegen das Frittieren war. Den Geruch finde ich nicht schlimm. Ich lasse das Küchenfenster weit geöffnet und die Tür geschlossen und am nächsten Morgen rieche ich nichts mehr. Draußen zu frittieren stelle ich mir klasse vor. Aber zum Grillen: man muss doch kein Fleisch grillen, Gemüse (Auberginen, Zucchini und Co.) schmeckt vom Grill auch ausgezeichnet 😉 Achja, zum Öl. Ottolenghi schreibt, man solle günstiges Olivenöl nehmen, ich habe es mit Rapsöl gemischt und der Rauchpunkt liegt ungefähr bei 180°C. Ich habe also bei ca. 175°C frittiert und die Temperatur erschien mir angemessen. Ich weiß nur, dass man keine “hochwertigen” kalt gepressten Olivenöle verwenden sollte, aber so richtig schlau gemacht habe ich mich noch nicht…Ich sage Bescheid, wenn ich neue Erkenntnisse habe. Liebe Grüße, Eva

      • Antje Radcke Antje Radcke

        Mit dem Gemüsegrillen hast du natürlich komplett Recht. Bislang aber haben wir ja gemeinsam in Hamburg gelebt – in einer tollen großen Wohnung zwar aber mit Eher-Nord-als-West-Winzling-Balkon und ohne Garten. Das Ausrichten von Grillvergnügen haben wir daher immer anderen überlassen – leider hat sich das vegetarische Grillen noch nicht wirklich weit herumgesprochen. Und deshalb waren die Gelegenheiten rar, an denen mann fachsimpelnd und sich beim perfekten Zubereiten des perfekten Steaks abwechselnd am gastgeberischen Grill über das “richtige” Grillen unterhalten konnte. In diesem Jahr wirds erstmals einen vegetarischen Grill als Gastgeber geben :-))
        Zum Öl: Wir verwenden entweder Kokosfett oder als “Bratöl” deklariertes Öl zum Frittieren (gibts beides auch im Bioladen). Hat immer super geklappt, habe deshalb keine Veranlassung gesehen, mich damit näher zu beschäftigen 😉 Freue mich aber auf deine Erkenntnisse…

        • Na, dann bin ich mal gespannt auf deinen Bericht vom Veggie Grillabend. 🙂
          Kokosfett, auch keine schlechte Idee. bin leider noch nicht weiter gekommen mit der Recherche (poliere gerade alte Artikel – das dauert…)

  8. Huch, den Artischockenbeitrag habe ich erst heute entdeckt…

    Ich habe jetzt nicht alle Kommentare gelesen. Aber zum Frittieren würde ich die kleinen, römischen Artischocken nehmen. Die grossen französischen oder die mittelgrossen Artischocken koche ich im Ganzen, zupfe dann die Blätter ab und dippe diese in eine Vinaigrette.

    • Ah, kleine römische. Die bekomme ich hier nicht so ohne weiteres, aber ich habe neue etwas größere und die werde ich so wie du es beschreibst im ganzen kochen 🙂

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