Ich führe meinen Roggensauerteig getrennt von den Teigen, die ich damit herstelle. Dadurch ergibt es sich zuweilen, dass ich zuviel Anstellgut habe. So auch kürzlich. Hinzu kam, dass eine kräftige Vorspeise mit Linsen und Gorgonzola nach einem etwas deftigerem Brot verlangte. Ich überlegte nicht lange. Warum sollte ich nicht probieren, eine Baguette auf Roggensauerteigbasis zu backen. Ich errechnete grob, wieviel Teig ich herstellen müsste, damit ich drei Baguettes à gut 200 g Rohteig bekäme und legte los.
Für die Roggenbaguettes:
- 75 g Weizenmehl 405er
- 150 g Weizenmehl 812er (alternativ: insgesamt 225 g Weizenmehl 550er)
- 100 g Roggenmehl 1150er
- 50 g aktiver Roggensauerteig (am Vorabend angefrischt)
- 220 g Wasser
- 6,5 g Salz
- 3 g Hefe
- 3 g enzymaktives Gerstenmalz (optional, ansonsten Zucker)
Zunächst wog ich alle Zutaten ab und gab sie in die Schüssel meiner neuen Küchenmaschine. Die habe ich vorab als Geburtstagsgeschenk bekommen. Bevor ich sie besaß, habe ich wirklich alle noch so klebrigen roggenhaltigen oder feuchten Teige per Hand geknetet. Inzwischen backe ich mindestens fünfmal pro Woche und ich wünschte mir einfach ein wenig Erleichterung dabei. Wobei ich wirklich sehr gern per Hand knete. Als ich zum ersten Mal meinen Teig der Maschine anvertraute, war das schon ein verdammt merkwürdiges Gefühl. Ein Getrenntsein, dass sich irgendwie falsch anfühlte. Dann dachte ich an das minutenlange Händewaschen, um die Teigreste, die sich nie vollständig entfernen lassen, von meinen Fingern zu bekommen und seufzte erleichtert.
Die anderen Möglichkeiten der Maschine habe ich, ehrlich gesagt, noch gar nicht ausgelotet, aber ich denke, dass sie mir auch bei der Süßbäckerei wertvolle Hilfe leisten wird. Ich ließ die Maschine den Teig zunächst 8 Minuten auf langsamster Stufe, dann 4 Minuten auf der nächstschnelleren Stufe kneten. Der Teig war recht feucht, mittelfest und löste sich leicht vom Knethaken. Ich ließ ihn abgedeckt 2 Stunden gehen bei inzwischen nur noch 20°C und dehnte und faltete ihn nach 30/60/90 Minuten in der Schüssel.
Nach 2 Stunden gab ich den locker auf das zweifache Volumen angewachsenen Teig auf die leicht bemehlte Arbeitsfläche und faltete ihn mehrmals zusammen. Dann stach ich drei Teiglinge à 200 g ab und formte sie vorsichtig zu einem Zylinder. Nach 5 Minuten faltete ich jeweils beide Längsseiten der Zylinder nach Innen, wodurch sich der Teigling deutlich verlängerte. Ich ließ ihn weitere 5 Minuten auf der Arbeitsfläche ruhen und wiederholte den Faltvorgang. Nach dem dritten Faltvorgang hatten die Teiglinge die Länge des Baguetteblechs erreicht. Ich legte sie hinein und ließ sie abgedeckt 90 Minuten gehen, überprüfte dabei gelegentlich die Teiggare, aber bei nur 20-21°C dauerte es schon so lange.
Den Backofen hatte ich zuvor schon für ein anderes Brot vorgeheizt. Ich schnitt die Baguettes leicht schräg senkrecht ca. 1cm tief ein und gab sie mit reichlich Schwaden in den auf 250°C vorgeheizten Backofen. Nach 10 Minuten öffnete ich die Ofentür weit und schaltete die Temperatur auf 200°C hinunter. Nach weiteren 7 Minuten waren die Baguettes herrlich aufgeplustert fertig. Ich nahm das Blech auf dem Ofen und ließ sie auf einem Gitter abkühlen.
Fazit: Der Versuch ist gelungen. Die Kruste der Baguettes ist relativ dünn und rösch, die Krume zwar eher kleinporig (Roggen), aber herrlich saftig und aromatisch. Gerade zu rustikaleren Gerichten passen diese Baguettes hervorragend. Die Schnitte hätte ich wahrscheinlich noch etwas tiefer setzen können oder die Baguettes hätten noch ein halbe Stunde länger gehen können. Insgesamt bin ich jedoch mit dieser Rezeptur zufrieden. Der Frage, ob sie überhaupt den Titel “Baguette” führen dürfen, der eigentlich vom Teiglinggewicht bis zu den Zutaten streng geschützt ist, bin ich nicht weiter nachgegangen. Bei mir heißen sie allein aufgrund ihrer Form so.
Baguettes gibt es auch in Frankreich mit Roggen, nur die Baguettes de tradition sind so streng geschützt – du darfst deine also mit allem Recht Baguettes nennen 😉 Gut sehen sie aus und mit den Einschnitten kämpfe ich auch immer…Lutz von Plötzblog schreibt, dass die Einschnitte sich um ein Drittel überlappen sollten und dass man sie schräg unter die Haut einschneiden soll. Aber gerade mit dem zweiten Tipp habe ich auch immer so meine Probleme…
Na, da bin ich erleichtert. Außerdem ist mir eingefallen, dass man etwas erst als Roggen-*, wenn die Rogenmenge zwei Drittel der Gesamtmehlmenge ausmacht. Aber egal. Ich will sie ja nicht verkaufen. Die Schnitte waren schon ganz Ok, wahrscheinlich hätten sie nur etwas tiefer ausgeführt werden müssen.
Du gibst dann bitte Bescheid, wenn bei dir in der Nähe eine Wohnung frei wird, ja? Man kann doch nicht zwei Personen mit drei Baguettes allein lassen, die überessen sich vielleicht noch. Das kann ich doch nicht zulassen!
😀
Das kann ich gern machen, Susi. Aber du brauchst nicht besorgt zu sein. Ich friere die übrigen Baguettes immer auf Vorrat ein. 😉
Große Bewunderung! Aber meinen Ehrgeiz, das nachzumachen, verschiebe ich auf die Zeit, wenn ich einen Holzofen im Garten stehen habe – also in 20 Jahren vielleicht 😉
Aber probieren würde ich dein Brot ja doch gern mal…
Danke, Antje. Echt, du baust dir einen Holzofen im Garten. Cool. Damit ist das Backen noch einmal eine ganz andere Sache. Und ich habe von dem Baguette noch eingefroren. 🙂
Schöne Baguettes hast Du da gebacken, klasse. Ich habe zum Geburtstag dieses Jahr auch eine Küchenmaschine bekommen – eine herrliche Erleichterung, wenn auch ungewohnt. Viel Spaß damit!
Danke, Susanne. 🙂 Hast du auch eine K? Ungewohnt ist es in der Tat und kleine Mengen Gemüse schneide ich lieber per Hand, aber die Sache mit der Julienneschneidescheibe ist schon genial!
Ich habe mich nach ausgiebigem Informieren für Bosch entschieden – die größte, die im Angebot war. Ich benutze die auch hauptsächlich zum Teig kneten, aber es gibt da noch so ein paar Gimmicks wie die Julienne-Scheibe (bei größeren Mengen, sonst ist es müßig), die Pommes-Scheibe (frag mal meine Kinder) und den Mixaufsatz, der alles schreddert, was sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringt. Bloß mit den Knetzeiten aus den Rezepten komme ich nicht hin – meine Teige sind weitaus früher fertig.
Echt, Ok. Ich hatte vorher eine Bosch MuM 7 und fand das Prinzip, den Antrieb durch die Mitte der Rührschüssel zu führen von Anfang an nervig. Aber wahrscheinlich ist das bei der neuen Boschmaschine anders gelöst. Die Gimmicks muss ich erst noch testen. Ich war auf jeden Fall erstaunt, wie leicht sich der Kürbis mit der Scheibe schnetzeln ließ. 🙂
Das mit den Knetzeiten kann daran liegen, dass Lutz auch eine Kenwood benutzt. Bei mir kommt es ganz gut hin.
Oh, das sieht fantastisch aus!! Ich liebe solche kräftigen Baguette-Brote und kaufe sie manchmal beim Bäcker. Da ich keine Küchenmaschine habe, werde ich angesichts minutenlanger Händewasch-Aussicht mich da wohl eher nicht heranwagen und bewundere lieber Dein Werk von ferne. Und habe ich schon mal erwähnt, dass ich Brot-Rezept-Vokabeln liebe ;-)? So langsam denke ich ja, ich hätte sie bei Dir so langsam alle gelernt, aber heute kommen “rösch” und das enzymaktive Gerstendings dazu ;-).
Danke, Claudia. Soo schlimm ist das mit dem Händewaschen gar nicht, nur auf Dauer lästig. 😉
Ja, Brotvokabeln sind schon eine Welt für sich. Aber das ist ja eigentlich bei jeder Fachsprache so. Im Moment beschäftige ich mich viel mit “Läuterzucker”, “Glucosesirup”, dem UNterschied zwischen Glasur und Guss und derlei, auch ganz schön komplex. 🙂
Ein wirklich leckeres Baguette hast Du da gebacken. Da würde ich jetzt gerne mal von Naschen! Ich hätte noch etwas Käse und geräuchterten Schinken da….
Ich hatte mir letztes Jahr eine Küchenmaschine zum Geburtstag schenken lassen, ich kann nicht mehr ohne… Und das Teiggefühl kommt mit der Zeit 🙂
Danke, Sandra. Gerade haben wir die letzten Reste zum Frühstück verputzt. 😉
Was für eine Maschine hast du denn? Und wie lange hat es gedauert, bis du dich an sie gewöhnt hast?
Ich habe eine große Kenwood (http://www.from-snuggs-kitchen.com/2012/05/king-kong-hat-die-kuche-in-beschlag.html).
Geschätzt würde ich sagen, dass es nach etwa 6-8 Wochen schon sehr gut geklappt hat, wobei ich z. B. 1-2x die Brot backen.
Ah, danke. Das Monster steht jetzt auch in meiner Küche. 🙂 So riesig kommt sie mir allerdings gar nicht vor, dabei habe ich noch nicht mal 7qm². Es sind jetzt zwar erst zwei Wochen, aber wir haben uns schon ganz gut aneinander gewöhnt.
Eva, ich habe eine Mum 86 – die ist sehr groß und leistungsstark und der Antrieb kommt von oben. Vorher hatte ich so ein Plastikdings von Schwiegermama mit Antrieb von unten – das stand nur im Keller, war grauslig.
Ich habe sie mir angeschaut. Ganz schöner Kawenzmann! 😉
Fünfmal pro Woche backen! Ich bin sprachlos vor Bewunderung.Die Baguettes sehen toll aus. Ich glaube, wir müssen mal ein Sauerteiggespräch führen. Nachdem mir meine Sauerteige immer entweder über den Kopf wuchsen oder verschimmelt sind, habe ich lange keinen neuen Versuch mehr gemacht. Vielleicht sollte ich mal wieder …?
Danke, Sabine. Ja, das können wir gern thematisieren. 🙂 Ein bisschen Regelmäßigkeit gehört halt dazu, aber ansonsten sind die Sauerteige recht pflegeleicht. Ich könnte dir einen Ansatz mitbringen!