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Die Sarah und die Magie der Patisserie

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PH10 hat mich gefangen genommen. Ich schwelge fast jeden Tag in einem neuen Rezept für eine Torte, ein Macaron oder eine Tarte und bin verwundert, entzückt und überrascht von der Anzahl der Kombinationsmöglichkeiten, die sich mir offenbart. Ich kann meine Faszination nicht besser in Worte fassen, als Michel Field es im Vorwort von PH10 getan hat,

Und hier rührt man an die Magie, die der Patisserie eigen ist. Der Koch kann vielleicht manchmal improvisieren, im letzten Moment entscheiden, das Rezept zu ändern, die Kochzeit zu verringern, eine Zutat zufügen, eine ungeplante Zusammenstellung testen. Der Patissier hingegen muss seine Kreativität einer mathematischen Disziplin unterwerfen. Hat der erstere die Freiheit eines Jazzmusikers beim Improvisieren, so ist es für den Patissier wie für einen Musiker in der klassischen Musik: Die Interpretation bleibt an die Partitur gebunden. Es gibt hier nicht weniger Kreativität als dort, aber das Verhältnis zum formalen Zwang ist verschieden. Die Allgegenwart der Geometrie in Patisserie-Formen klingt wie eine Erinnerung: Hier ist alles eine Frage des Maßes, von feinster Abmessung: Im Rezept kommt es auf ein Gramm an, bei der Backzeit auf die Sekunde. Patisserie, das ist Mathematik am Backofen. Eine einfache Anwendung? Überhaupt nicht! In den Zwischenräumen des Zwangs entfaltet sich der unendliche Raum der Kreation.

Nachdem wir die erste Hürde des Umrechnens genommen hatten, die Rezepte sind stets für 4 Kuchen oder 20 Einzelportionen angegeben, konnten wir erneut loslegen.

Für den Kastanienbiskuit (2 Böden à 15 cm):

  • 36,5 g ganze, geschälte Mandel (ich: gemahlene)
  • 21 g Puderzucker
  • 7 g Mehl
  • 6 g Kastanienmehl
  • 55,5 g Eiweiß
  • 22 g brauner Rohzucker
  • 12 g Esskastanien in Stücken (ich: weggelassen)

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Ich musste die Böden zweimal backen, da die (geviertelte) Menge beim ersten Mal nicht für 2 Böden reichte. Mit der gedrittelten Menge klappte es reibungslos. Ich mixte die Mandeln mit Puderzucker, Mehl und Kastanienmehl und siebte die Mischung anschließend in eine Schüssel. Dann schlug ich das Eiweiß an, gab den Zucker in drei Etappen zu und schlug weiter, bis ich eine mittelfeste Meringuemasse erhalten hatte. Das dauerte ca. 3 Minuten. Anschließend hab ich die Mehlmischung in 2 Schritten behutsam unter, füllte die Masse in den Spritzbeutel (12 er Lochtülle) und dressierte die Böden auf Backpapier auf. Nach 15 Minuten im auf 190°C heißen Backofen waren sie fertig und durften auf dem Gitter vollständig auskühlen.

Für die Scheibe aus Maracujakompott (14 cm):

  • 1,5 g Gelatine (nächstes Mal besser 2 – 2,5g, die Scheibe war nicht fest genug)
  • 4 g Zitronensaft
  • 10 g Orangensaft
  • 25 g Mineralwasser (ich: Leitungswasser)
  • 16 g Zucker
  • 44 g Maracujapüree (ca. 2 Stück)

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Ich weichte die Gelatine 5 Minuten in sehr kaltem Wasser ein, erhitzte derweil Zitronensaft, Orangensaft, Wasser und Zucker und löste die ausgedrückte Gelatine darin auf. Dann gab ich das Maracujamark (mit Kernen) hinzu, füllte das Kompott in eine Schüssel mit 14 cm Durchmesser und stellte sie in den Gefrierschrank.

Für die sahnige Ganache mit grünem Matchatee (14 cm):

  • 47,5 g weiße Kuvertüre
  • 52,5 g Sahne
  • 4 g Matcha

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Ich hackte die Kuvertüre, schmolz sie im Wasserbad und kochte die Sahne auf. Nachdem sie auf 60°C abgekühlt war, rührte ich das Matchapulver kräftig mit dem Schneebesen ein. Dann rührte ich ein Drittel der Sahne in die geschmolzene Kuvertüre und den Rest in 2 Schritten ein. Da ich immer noch keine große Auswahl an Dessertringen in verschiedenen Größen habe, gab ich die Masse auf einen mit Frischhaltefolie ausgelegten Frühstücksteller und fror sie ein.

Für die Maronensahnecrème:

  • 22 g Butter
  • 3,5 g Whisky Pure Malt
  • 2 g Sahne
  • 2 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht)
  • 93,5 g Maronenpaste (Maronen mit etwas Wasser püriert)
  • 90 g Maronencrème (1/2 Maronenpüree – 1/2 Zucker)
  • 110 g Sahne, geschlagen

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Während Herr H. die Butter cremig schlug, erhitzte ich Whisky und Sahne (2 g) und löste die ausgedrückte Gelatine darin auf. Herr H. schlug als nächstes Maronenpaste und -creme bei großer Geschwindigkeit, bis die Masse weißlich wurde. Dann gab er die lauwarme Whisky-Mischung (35°C) und danach die Butter hinzu und rührte weiter auf großer Geschwindigkeit. Ich schlug derweil die Sahne auf und hob sie vorsichtig unter die Maronenmasse. Nun konnten wir die Torte endlich zusammensetzen.

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Als erstes legte ich eine Biskuitscheibe mit der Oberseite nach unten auf die Platte, bestrich sie mit Maronensahnecreme und legte die Ganachescheibe darauf. Dann bestrich ich diese wieder mit Maronensahnecreme, platzierte die (recht weiche) Maracujakompottscheibe darauf und bestrich auch sie vorsichtig mit Maronensahnecreme. Darauf legte ich den zweiten Boden, den ich abschließend mit der restlichen Maronensahnecreme bestrich. Nun durfte die Torte für 2 Stunden in den Gefrierschrank und wir konnten uns mit der schwierigen Frage der Fertigstellung befassen. Hermé versieht den äußeren Rand der Torte mit rechteckigen Blättern aus weißer Kuvertüre, die orange und grün bedruckt sind im Wechsel. Das sieht wunderschön aus, aber uns fehlte die Folie zum Bedrucken der Blätter. Wir beschlossen, stattdessen einfach rechteckige Stücke zu schneiden.
Blieb die Glasur. Ein exotischer Guss mit Pektin gebunden. Das hatte ich auch nicht zur Hand. Also kochte ich stattdessen ca. 100 g Wasser mit 20 g Zucker und dem Fruchtfleisch einer Maracuja auf und rührte ca. 1 g Aga Agar ein. Die Masse gab ich auf einen mit Frischhaltefolie belegten Teller und ließ sie erstarren. Leider sind mit Agar Agar gebundene Flüssigkeiten eher stumpf und etwas zu dick war mir die Schicht auch geraten. Da ich darin die letzte Maracuja verbraucht hatte, legte ich die Scheibe dennoch auf.

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Fazit: Nach dem Fotografieren probierten wir das erste Stück. Maronen und Matcha harmonierten nicht nur optisch prächtig und verloren ihre leicht dumpfe Erdigkeit durch das spritzige Maracujakompott. Die eher spröde und leicht fade obere Schicht, ließen wir nach einem Bissen links liegen. Insgesamt eine köstliche Komposition, die ich beim nächsten Mal hoffentlich mit dem “richtigen” Guss versehen kann! Die beste Nachbarin war von dieser Kombination leider nicht sehr angetan und fragte, wann ich denn endlich einmal wieder die Blaubeertorte Schwarzwälder Art backen würde. Die hatte sie zu ihrer Lieblingstorte gekürt. Da ich keine Blaubeeren eingefroren habe, muss sie sich leider bis zum nächsten Sommer gedulden und derweil mit weiteren Hermé-Torten vorlieb nehmen.

Aus: PH10 Pierre Hermé

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    • Wie doch alles auf Französisch gleich viel besser klingt. 😉

  1. Absolut toll – hat’s noch ein Stückchen? Ich nähme auch einen Anschnitt 😉
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

    • Danke, Andy, ja, es sind sogar noch 2 Stücke im Gefrierschrank und die werden dort wohl auch noch ein Weilchen bleiben, weil die nächste Torte schon fertig ist. 😉
      Liebe Grüße aus Hamburg,
      Eva

  2. Das klingt nach einer Komposition, die mich in wahre Verzückung versetzen könnte.
    Wie geht denn der Guss mit Pektin? Ich will den Kuchen unbedingt nachbacken, sobald es mir wieder besser geht. Ich habe schon das Bild von Törtchen vor meinen Augen. *_*
    Allerdings verstehe ich den Posttitel nicht. Der hat mich zuerst abgeschreckt. Ich reagiere ja allergisch auf den Namen “Sarah”.
    Liebe Grüße, Mari

    • Danke, Mari. Ich hoffe, es geht dir schnell besser, Einzelportionen sehen sicher auch sehr schick aus! Das Rezept für den Guss habe ich dir geschickt und “Sarah”, tja, das hätte ich wohl erklären sollen. Alle Torten tragen einen Namen und diese heißt, warum auch immer, Sarah. Mehr konnte ich dazu nicht herausfinden. Ich wusste nicht, dass du auf den Namen allergisch reagierst.
      Liebe Grüße,
      Eva

  3. Interessant, was Du zum Agar-Agar-Experiment sagst. Hast Du noch mehr Erfahrungen mit Agar-Agar im Vergleich auch zu Gelatine gesammelt? Ich patisseriere ja nicht so häufig, daher sind meine doch eher spärlich – eigentlich habe ich nur die gemacht, dass man sich BLOSS vom langsamen Gelieren bei Agar-Agar nicht davon verleiten lassen sollte, mehr Agar zuzugeben. Ach ja, und dass man’s kochen muss, natürlich. Dass die Gelees aber stumpf werden, war mir bisher neu. Gibt’s noch was zu beachten?

    • Ich habe AgarAgar schon öfter verwendet. Sie Oberfläche der gelierten Flüssigkeit war immer matt. Wenn ich die Schicht sehr dünn gemacht habe, ist sie sehr brüchig gewesen. Es geliert sehr schnell, wenn es auf 35°C abgekühlt ist und das ist für manche empfindlichen Tortenoberflächen noch recht warm. Insgesamt finde ich es zu Dekorationszwecken ungeeignet. Ich werde versuchen, an Pektin-NH heran zu kommen, leider ist es recht teuer und wird fast ausschließlich in Großgebinden abgegeben…

  4. Wieder so eine tolle Kreation! Matcha-Bisquit steht bei mir dieses Wochenende auch auf dem Plan, allerdings etwas weniger elaboriert 🙂
    Und stimmt, ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht, aber mit Agar-Agar geliertes glänzt nicht. Aber dem Geschmack sollte dies doch eigentlich keinen Abbruch tun,oder?

    • Danke, Susanne. 🙂 Matcha-Biskuit, spannend, was wirst du backen?
      Nein, die matte Oberfläche tut dem Geschmack keinen Abbruch, aber das Auge ist schließlich mit und eine sanft glänzende Oberfläche ist einfach schöner, zumal mit AgarAgar Geliertes schon recht fest wird, eine Tortenoberfläche aber idealerweise nur gerade eben fest sein sollte…

  5. Wieder sehr schön, aber wahrscheinlich dieses mal eher nichts für uns (auch wenn meine Tochter Sarah heißt), bei uns ist Matcha und auch Kastanie nicht besonders beliebt.

    • Danke, Barbara. Schade. Aber bald habe ich bestimmt etwas, das auch euch schmecken wird. 😉

  6. Lass die Nachbarin in Ihrer Wohnung, ich nehme gerne den Platz ein und nasche von dem heutigen Kunstwerk 🙂
    Maronen und Kastanienmehl mag ich sehr, habe ich auch schon beim Brot backen verwendet. Das kann ich mir als Kombination mit Maracuja und Matcha durchaus lecker vorstellen!

    • Davon wären, wie gesagt, noch 2 Stückchen übrig. Müsstest du dir mit Andy teielen. 😉
      Ich bin zur Zeit völlig Maronenverrückt – Brot kommt als nächstes und an diversen anderen Sachen baue ich auch noch rum…

  7. Ach Eva! Das sieht ja aus, wie aus dem Tuschkasten – ein bisschen Grün, ein bisschen Orange! Woher nimmst du die Energie für solche Kunstwerke?! Und wieder in deiner typischen Schnittform! Das ist immer ein großartiges Vergnügen! Du musst das Profimässig machen, das kann keine so wie du!!

    • Vielen, lieben Dank, Uda. Schön, dass du mal wieder vorbei schaust! 🙂 Energie? Ich weiß nicht, es macht mir einfach Spaß, vielleicht kommt die Energie auch vom Laufen – keine Ahnung, aber ich habe ja auch keine erwerbsmäßigen Zeiträuber. 😉

  8. Och Eva. das sieht ja mal wieder traumhaft aus… ich hab gerade nur diese schlichten Sables Chocolat von PH für Dummies gebacken 😉

    • DAnke, Britta! Wieso für Dummies? Soweit ich weiß, sollen die fantastisch schmecken. Wir brauchen noch etwas für heute Abend, vielleicht backe ich sie einfach mal!

  9. Das ist ja wohl unfassbar, was du da wieder gezaubert hast!
    Nun weiß ich auch, warum Patisserie nicht so mein Ding ist, weil man da wirklich mathematisch genau vorgehen muss.

    • Danke, Susi. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Herr H. meint, ich könne nicht besonders gut kopfrechnen und ich verwechsele gern auch einmal rechts und links, aber beim Backen mag ich diese präzise Vorgehensweise einfach…

  10. Eva – Du bist eine großartige Künstlerin.

    • Vielen Dank für das Kompliment, Toettchen. Ich nehme es einfach mal an. 😉

  11. Tja, jetzt warst du doch schneller mit Pierre Hermé, dabei ist das Wetter ja jetzt eigentlich schlecht genug zum backen am Wochenende…Aber ich versuch’s auch noch irgendwann 🙂

    • Der frühe Vogel… 😉
      Die richtig guten Torten kommen erst noch, vielleicht solltest du warten…

    • Wo die herkommt, da werden noch viele weitere folgen. 😉

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