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Frivolité oder der Teufel im Detail

frivolité 12

Nachdem eine Torte fertig gestellt ist, begebe ich mich meist unverzüglich auf die Suche nach der nächsten. Dabei stolperte ich über die “Frivolité”. Komischer Name, was mochte wohl Anrüchiges an dieser Torte sein. Zum Rezept gibt es leider kein Bild. Ich las mir die Zusammensetzung durch. Auf den ersten Blick erschien mir die Herstellung recht einfach zu sein. Ich entdeckte eine Karamellcreme mit Salzbutter, da gab es für mich kein Halten mehr. Ein genaueres Lesen des Rezepts offenbarte jedoch den Teufel im Detail. Die Karamellcreme hat es nicht nur nährwertmäßig in sich, ihr Rezept ist verschachtelt wie eine russische Babuschka-Puppe. Aber in der dunklen Jahreszeit sind die Abende lang, da fällt die ein oder andere Extra-Creme kaum ins Gewicht. Wir fingen, wie fast immer, mit den Böden an.

Für den Biskuit mit knusprigen Mandelsplittern (2 Böden à 15 cm Durchmesser, Teigmenge gedrittelt, da ich beim ersten Versuch mit der Viertelteigmenge nicht ganz hin kam):

  • 50 g gemahlene Mandeln
  • 133 g feiner Zucker (A)
  • 13 g Weizenmehl 550 er, gesiebt
  • 83 g gelagertes Eiweiß
  • 50 g feiner Zucker für den Eischnee (B)
  • 9 g Mandelstifte, geröstet

Biskuit serie

Ich vermengte gemahlene Mandeln, Zucker (A) und Mehl und gab alles durch ein mittelfeines Sieb. Herr H. schlug derweil das Eiweiß unter stetiger Zugabe von Zucker (B) zu steifem Schnee. Ich zog anschließend die trockenen Zutaten vorsichtig mit dem Rührbesen des Handrührers unter den Eischnee. Dann gab ich den Teig in den Spritzbeutel (ich habe nur eine 12 er Rundtülle) und dressierte 2 Scheiben mit 15 cm Durchmesser auf das Backpapier. Bei der zweiten Scheibe sparte ich in der Mitte ein ca. 7 cm großes Loch aus.  Nachdem ich die Scheiben mit gerösteten Mandelstiften bestreut hatte, schob ich das Blech in den auf 170°C vorgeheizten Backofen. Nach ca. 25 Minuten waren die Biskuitscheiben fertig und durften komplett auskühlen.

Für das Kompott aus rohen und gekochten Äpfeln mit Vanille:

Gekochte Äpfel:

  • 6 g Butter
  • 92 g Granny Smith Äpfel, in 1 cm große Würfel geschnitten
  • 6 g Zucker
  • Mark 1/6 Vanilleschote (ich: 1/4 TL Vanilleessenz)

Rohe Äpfel:

  • 4 g Gelatine
  • 60 g Püree aus grünen Äpfeln
  • 9 g Zucker
  • 30 g Granny Smith Äpfel, in 1 cm große Würfel geschnitten

Apfelscheibe serie

Für die gekochten Äpfel schmolz ich die Butter bei kleiner Hitze, gab die Apfelwürfel hinzu und ließ sie einige Minuten braten, bis sie begannen, weich zu werden. Dann gab ich Zucker und Vanilleessenz dazu und ließ die Würfel bei starker Hitze leicht anbräunen.
Herr H. weichte die Gelatine 5 Minuten in kaltem Wasser ein, vermischte das Apfelpüree mit dem Zucker und gab anschließend die ausgedrückte Gelatine zu einem Drittel des Pürees. Er mixte es gründlich mit dem Pürierstab, dann gab er es zum restlichen Püree. Die kalte Verarbeitung von Gelatine war mir neu. Durch das Pürieren löste sie sich jedoch vollständig auf. Ich gab das Püree zu den noch lauwarmen Äpfeln und mischte die rohen Apfelwürfel unter. Dann strich ich die Masse kreisförmig mit einem Durchmesser von 13 cm auf eine feste Folie, die ich mit einer weiteren Folie abdeckte und für 3 Stunden in den Kühlschrank legte. Ich behielt ca 2 EL des Apfelkompotts für die abschließende Dekoration zurück.

Für den Karamell mit Salzbutter für die Creme:

  • 100 g Zucker
  • 16 g Butter demi-sel, 0,5 bis 3 % Salzgehalt (ich: Butter und 1 g Salz)
  • 85 g Sahne

Karamell serie

Ich ließ den Zucker in einem Topf schmelzen, bis er eine kräftige Farbe angenommen hatte. Dann gab ich die Butter unter Rühren in den Karamell und anschließend die Sahne. Der Topf blieb dabei die ganze Zeit auf der Platte. (Ich habe früher einmal den Fehler gemacht, ihn während des Zugebens der Sahne von der Platte zu ziehen. Die Sahne verweigerte sich einer Bindung, ich musste alles entsorgen). Ich ließ den Karamell kochen, bis er eine Temperatur von 103°C erreicht hatte und füllte ihn zum Abkühlen in eine Schüssel.

Für die Karamellcreme mit Salzbutter:

  • 30 g Crème Patissière* (Detailteufel 1)
  • 133 g Butter
  • 152,5 g Karamell
  • 30 g Italienische Meringue*² (Detailteufel 2)

buttercreme serie

Ich rührte die Crème Patissière mit dem Schneebesen glatt, schlug die Butter mit dem Rührgerät auf, ohne sie dabei zu erwärmen. Dann rührte ich erst den Karamell, danach die Crème Patissière ein. Zuletzt hob ich die italienische Meringue von Hand mit dem Schneebesen unter.

*Crème Patissière (ergibt ca. 100 g, der Rest ist zum Naschen):

  • 70 g Milch
  • 1/2 TL Vanilleessenz
  • 2 g Mehl
  • 5 g Maisstärke
  • 15,5 g Zucker
  • 17 g Eigelb
  • 7 g Butter

Ich kochte die Milch mit der Vanilleessenz auf, verrührte das Eigelb mit Zucker, Mehl und Stärke und gab die heiße Milch unter Rühren in die Eigelbmischung. Dann gab ich alles wieder in den Topf, kochte sie auf und ließ die Crème unter kräftigem Rühren ca. 5 Minuten köcheln. Zuerst wurde sie dabei sehr fest, so dass ich schon befürchtete, ich hätte etwas falsch gemacht, aber dann wurde sie wieder cremiger. Zuletzt gab ich die Crème in eine Schüssel, rührte die Butter unter und ließ die Schüssel im Wasserbad unter gelegentlichem Rühren abkühlen.

*² Italienische Meringue (ca. 40 g):

  • 25 g Zucker
  • 7,5 g Wasser
  • 13 g Eiweiß

Ich kochte Zucker und Wasser, bis der Sirup eine Temperatur von 114°C erreicht hatte. Herr H. schlug das Eiweiß an und ich gab den Sirup, als er 121°C erreicht hatte, in einem feinen Strahl zum Eiweiß. Herr H. schlug mit mittlerer Geschwindigkeit weiter, bis die Meringue abgekühlt war.

montage serie

Nun war es endlich soweit. Ich legte die intakte Biskuitscheibe mit der Oberseite nach unten auf einen Teller, bestrich sie mit einer dünnen Schicht Karamellcreme und setzte darauf mit leichtem Druck die gefrorene Apfelkompottscheibe. Dann gab ich die übrige Karamellcreme in den Spritzbeutel und dressierte Kugeln einmal rund um die Apfelkompottscheibe auf den Biskuitrand. Die restliche Creme gab ich auf die Apfelkompottscheibe, strich sie mit der Palette glatt und setzte die zweite Biskuitscheibe mit der Oberseite nach oben mit leichtem Druck auf. Nun gab ich das zurückbehaltene Apfelkompott in die Aussparung in der Mitte und spritze Kugeln aus Karamellcreme rundherum. Die fertige Torte durfte einige Stunden im Kühlschrank ruhen. Hermé gibt abschließend exotischen Guss in die Mitte und bestäubt den Biskuitrand mit Puderzucker. Ich entschied mich für eine Jackson-Pollock-artige Verzierung der Oberfläche mit dunkler Kuvertüre.
frivolité serie

Fazit: Nach dem Fotografieren, machten wir es uns mit einem Stückchen Frivolité in der Küche gemütlich. Ich hob den ersten Bissen zum Mund, schob ihn hinein und sogleich breitete sich ein unglaublicher Wohlgeschmack in meinem Mund aus. Ich hatte zwar alle Komponenten beim Zubereiten probiert, hätte aber nie im Leben erwartet, wie sie sich zusammengesetzt zu etwas Neuem, völlig Anderen verbinden würden. Normalerweise bereiten wir eine Torte maximal zweimal zu, falls es beim ersten Mal nicht ganz optimal lief. Die Frivolité habe ich inzwischen schon dreimal gemacht und es ist sehr wahrscheinlich, dass sie zu meinem “Standardapfelkuchen” wird. Auch meine Familie und die beste Nachbarin plädieren dafür. Und da ich weiß, dass die Küchenschabe Apfelkuchenrezepte sammelt, möchte ich ihr diesen wärmstens empfehlen!

Aus: PH10 Pierre Hermé

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  1. Oh, Gott! Das ist teuflich kniffelig, dafür fehlt mir der Mut! Aber vielleicht werde ich nach deiner Anleitung doch wieder versuchen Karamell selbst zu machen. Beim letzten Versuch (vor 15 Jahren) flogen nacheinander ein Topf und eine geplatzte Auflaufform im hohen Bogen in den Garten. An den Fingern hatte ich 10 Brandblasen, an jedem Finger eine…
    Seitdem habe ich Liquide de caramelle im franz. Supermarkt gekauft, welche Schande!!
    Liebe Grüße
    Cheriechen

    • Es liest sich wirklich schwieriger als es sich macht, Cheriechen. 🙂
      Mit der Karamellproduktion hatte ich auch eine Zeit lang arge Schwierigkeiten und vor allem hatte ich Angst… Mit dieser Methode klappt’s aber wie am Schnürchen!
      Liebe Grüße,
      Eva

  2. Wahnsinn :-)! Die Vierte bringst Du dann mit, wenn Du nach Zürich zum Yuzu Saft shoppen kommst, gell 😉
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

    • Danke, Andy. Das mache ich sehr gern. Vielleicht nächstes Jahr?
      Liebe Grüße aus Hamburg,
      Eva

  3. Apfel, Salzkaramell und Mandel – köstlich! Bringt mich gerade auf eine schöne Idee für eine Praline 😀
    Wäre überhaupt mal eine Idee, ich gehe die ganzen Torten mal durch uns nehme die Kombinatiionen für Pralinen – kann nur schmecken!

    • Hervorragende Idee, Sandra, so kannst du wahrscheinlich auch weitestgehend auf’s Ei verzichten. Im PH10 sind auch Pralinenrezepte, die ich aber bislang meide, weil mir das Equipement fehlt. Vielleicht machen wir sie, wenn wir mit dem Rest durch sind. 😉

  4. Damit wäre ich Wochen beschäftigt ! Ich hab mir beim Konditor zu Weihnachten eine St. Honoré bestellt.

    • Mit ein wenig Übung geht es deutlich schneller. 😉
      Die St. Honoré steht auch noch auf unserer Liste, mal sehen, ob wir sie noch dieses Jahr machen.

  5. Hallo Eva,
    langsam weiß ich dank dir nicht mehr, wo ich bei Pierre Herme endlich anfangen soll mit dem nachbacken. Zuerst hatte ich ja die Rose de Sable auf dem Programm für den Geburtstag meiner Tochter, hatte mich dann aber umentschieden in Richtung Millefeuille Milena und jetzt kommt DAS bei dir , Mist…

    • Hallo Barbara,
      ich würde mit der anfangen, die mir am meisten zusagt. Die Frivolité ist in der Herstellung recht einfach. Ich meine das nicht ironisch. Man muss zwar einige “Vorcremes” machen, aber das Zusammensetzen und Ausdekorieren sind leicht. Und geschmacklich ist sie wirklich fantastisch!
      Liebe Grüße,
      Eva

  6. Oh ja, das ist immer ein Erlebnis, wie sich einzelne Komponenten zu einem noch verzückenderem Ganzen vereinen können. Ich staune immer, wie Patissiers solche Geschmackshöhenflüge kreieren können. Ich stehe da noch ganz am Anfang.
    Die Frivolité macht einen guten Eindruck. Wundervolle Zusammenstellung.
    Hast du für den Biskuit wirklich gelagertes Eiweiß verwendet?
    Soll sich ja besser aufschlagen lassen als frisches.
    Hm, was lese ich in einem der Kommentare … Brauchst du Yuzu-Saft?
    Soll ich dir was abfüllen?
    “Schon dreimal gebacken” … Das hat mich ja am meisten beeindruckt. Wow.
    Liebe Grüße,
    Mari

    • Danke, Mari. Freut mich, dass du du meine Begeisterung teilst. Ich denke jedes Mal beim Lesen eines neuen Rezepts, mhm, wie mag das wohl zusammen schmecken. Eigentlich hat man ja, bis auf die Früchte, recht wenig “Zutaten”, aus denen man jedoch unendlich viele verschiedene Dinge machen kann. Ich finde das sehr faszinierend.
      Ja, ich habe gelagertes Eiweiß verwendet (zur Zeit haben wir meist um die 15-20 Eier aus einem Privatstall im Haus und die passen nicht alle in den Kühlschrank. Das Legedatum steht praktischerweise drauf) und ich hatte auch das Gefühl, dass es sich besser aufschlagen ließ.
      Danke für das Angebot. Meine Schwester hat mir ein 90ml Fläschchen mitgebracht. Es gibt nur so viele Einsatzmöglichkeiten. Ich sage dann Bescheid. 🙂 Der Saft, den ich in unserem Asia-Laden gesehen habe, besteht aus allem möglichen, nur nicht aus Yuzu.
      Liebe Grüße,
      Eva

  7. puuhhh, danke für den Vorschlag, aber ich glaube, das ist mir zu viel Aufwand! Wenn ich wenigstens vorher kosten könnte, ob dieser Aufwand sich denn auch lohnt 😉 …

    • Er lohnt sich auf jeden Fall und wie ich schon zu Barbara sagte, sie ist wirklich recht leicht herzustellen und so lange dauern die einzelnen “Vorcremes” nicht. Vielleicht findest du in den Ferien Zeit? 😉

  8. Dreimal? Ok….in der Zeit war ich wohl mit der nicht verbloggten Plätzchenproduktion zu Gange 😉

    • Dann hättest du aber früh angefangen, die Frivolité ist schon im Oktober gebacken worden. 😉

  9. Ich bin wirklich beeindruckt, wie ihr eben mal so drei dieser irren Torten aus dem Ärmel schüttelt! Jetzt bin ich aber neugierig. Esst ihr die dann ganz alleine? Ich bringe meine Kuchen meistens immer in die Arbeit mit, weil ich nicht 5 Tage hintereinander den gleichen Kuchen essen kann.

    • Danke, Fräulein Schnürschuh! Also, zum einen sind es ja keine ausgewachsenen Torten, sondern nur kleine Törtchen mit 16cm Durchmesser und zum anderen gibt es Nachbarn und Familie und 2 Tage hintereinander schmecken diese Torten mir immer. 😉

  10. Eva, ich bin gleichermaßen begeistert und beeindruckt! Einfach toll! Leider besitze ich dieses schöne Buch nicht, aber dafür habe ich ja durch dich dieses tolle Rezept. Auch dein Post ist wirklich super anschaulich. Da bekomme ich sofort Lust zu backen. Leider sitze ich noch im Büro, werde das Rezept aber schon mal vorsorglich ausdrucken ;-). Vielen Dank und einen schönen Tag noch! Maren

    • Danke, Maren. Freut mich, das zu hören! Falls du tatsächlich mal eine nachbäckst, würde ich mich über eine Rückmeldung freuen. 🙂
      Dir auch einen schönen Tag,
      Liebe Grüße,
      Eva

      • Natürlich, das mache ich doch gerne. Bin gerade am überlegen, ob ich mir nicht vielleicht das Buch selber zu Weihnachten schenke 🙂

        • Ich kann ja nur für uns sprechen und die ANschaffung hat sich definitiv gelohnt! 🙂 Ich backe kaum noch nach anderen Büchern…

  11. Bitte sag, dass das quasi so etwas ist wie Apfelkompott, also kalorientechnisch … 😉

    • So ähnlich, also Apfelkompott mit gesunden Mandeln, ein wenig Zucker und Butter uns so 😉 – aber der Geschmack! 🙂

  12. Du hast wirklich eine Wahnsinnsgeduld. Und sowas dann einfach Apfelkuchen zu nennen, was für eine Untertreibung! Ich will jetzt ein Stückchen, sofort! 😉

    • Danke, Melanie. Leider ist er nicht mehr unter uns. Aber den bekommst du in der ruhigen Zeit zwischen den Tagen bestimmt auch hin – und den Hauptpreis für Geduld bekommst auf jeden Fall du! 😉
      (Den Namen hat Herr H. vorgeschlagen)

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