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Linsen gestrudelt

Linsenstrudel 0

Herr H. hatte sich wieder einmal etwas in den Kopf gesetzt. Da half nichts. Da musste ich mich fügen. Einen Strudel wollte er. Ich schluckte. Vor diesem hauchdünn ausgezogenen, mit flüssiger Butter bepinselten, gefüllt, gewickeltem Gebilde hatte ich einen Heidenrespekt. Wäre ich in Österreich geboren, wäre ich wahrscheinlich damit aufgewachsen. Die Urgroßmutter hätte mir schon als kleines Mädchen die Fäuste unter den Teig geschoben und mir erklärt, was es damit auf sich habe. Der Zufall verschlug mich jedoch in die norddeutschen Tiefebene. Blieb nur eins, bei den Kolleginnen spicken. Susi erklärt in diesem Post wirklich sehr anschaulich, wie es geht. Also holte ich tief Luft und machte mich ans Werk.

Für den Strudelteig:

  • 200 g Weizenmehl 405er (glattes Mehl)
  • 120 g lauwarmes Wasser
  • 1 Pr. Salz
  • 2 EL Pflanzenöl (kein Olivenöl)

strudelteig Serie

Ich gab alle Zutaten für den Teig in eine Schüssel, vermengte sie grob mit dem Löffel und knetete den Teig anschließend ca. 10 Minuten von Hand, bis er eine einigermaßen glatte Oberfläche hatte. Dann formte ich ihn zu einer Kugel, bestrich ihn mit Öl und ließ ihn abgedeckt bei Raumtemperatur ca. 2 Stunden ruhen. In der Zwischenzeit bereiteten wir schon einmal die Füllung vor.

Für die Linsenfüllung:

  • 125 g braune Linsen, über Nacht in reichlich Wasser eingeweicht
  • 400 g Fleischbrühe
  • 1 Thymianzweig
  • 1 Schalotte, fein gewürfelt
  • 1/2 Möhre, in winzige Würfel geschnitten
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1 EL Petersilie, fein gehackt
  • 100 g Chorizo, gehackt
  • 1 altbackenes Brötchen (ich: ca. 50 g helles Weizensauerbrot), eingeweicht
  • 1 Ei
  • 100 g Crème Fraîche

füllung serie

Als erstes goss ich das Einweichwasser der Linsen ab und spülte sie mit frischem Wasser. Ich habe sie noch nie zuvor eingeweicht, aber ich wollte es einmal ausprobieren. Eigentlich müssen Linsen nicht eingeweicht werden, aber angeblich werden dadurch blähende Stoffe wie Raffinose und Stachyose reduziert. Sie lösen sich teils im Einweichwasser, das man dann wegschüttet, und die Kochzeit wird verringert. Ich gab die Linsen mit der Fleischbrühe und dem Thymian in einen Topf und kochte sie ca. 40 Minuten, was sich tatsächlich als zu lange erwies, sie wären wahrscheinlich schon nach 30 Minuten gar gewesen. Herr H. drückte das eingeweichte Brötchen gründlich aus, versuchte, es durch ein Sieb zu streichen und gab nach wenigen Minuten frustriert auf. Wahrscheinlich sind alle unsere Siebe zu feinmaschig. Also hackte er das Brot.
Ich erhitzte etwas Öl in der Pfanne, schwitzte Schalotten, Möhren und Knoblauch einige Minuten darin an und gab die gehackte Chorizo und etwas später die Linsen hinzu. Dann gab ich den Pfanneninhalt in eine Schüssel. Nachdem er etwas abgekühlt war, vermengte Herr H. ihn mit den Brotwürfeln, Crème Fraîche und dem Ei und schmeckte kräftig mit Salz, Pfeffer und Petersilie ab. Im Rezept stand, dass man das Ei trennen, das Eiweiß zu Schnee schlagen und unter die Füllung heben solle. Das erschien mir wenig sinnvoll, da der Eischnee sich beim Vermengen in Wohlgefallen auflösen würde. Also verzichtete ich darauf. Nun endlich war der große Moment gekommen.

strudeln serie

Ich rollte den erstaunlich gefälligen Teig auf leicht bemehlter Arbeitsfläche recht dünn aus und legte ihn anschließend auf ein Geschirrtuch (zu klein, ich weiß). Dann schob ich die geballten Fäuste mittig unter den Teig und zog vorsichtig zum Rand hin. Der Teig war extrem kooperativ und wurde immer dünner. Irgendwann bemerkte ich, dass ich ein größeres Tuch und einen größeren Tisch gebraucht hätte, also beschloss ich, dass der Teig nun ausreichend dünn sein. Man hätte ihn wahrscheinlich noch ein wenig dünner ziehen können. Aber ich war sogar so glücklich, dass ich vergaß, die Ränder abzuschneiden. Ich beträufelte den Teig mit zerlassener Butter und verteilte sie vorsichtig mit den Handflächen. Dann verteilte ich die Füllung darauf, vergaß, dass ich hätte ein Drittel des Teiges frei lassen müssen, klappte die Ränder in die Mitte und rollte den Strudel mithilfe des Tuchs auf. Geschafft! Ich bestrich die Oberfläche mit Butter und schob ihn in den auf 200°C vorgeheizten Backofen. Nach ca. 35 Minuten war seine Oberfläche leicht gebräunt.

Linsenstrudel 3

Fazit: Als ich den Strudel dicht am Rand schnitt, bemerkte ich meinen Fehler. In der Mitte befanden sich unschöne Teignester, die vom nicht abgeschnittenen Rand stammten. Zum Glück war er zumindest in der Mitte ansehnlich. Nach dem Fotografieren probierten wir und Herr H. war begeistert. Für den ersten gar nicht übel, bemerkte er, auch wenn es ein wenig mehr Chorizo hätte sein können. Mir schmeckte der Strudel auch und beim nächsten Mal werde ich besser auf die Verteilung der Füllung achten und die Ränder abschneiden. Ganz schafften wir ihn übrigens nicht. Es gab noch einen kleinen Salat dazu. So kam die beste Nachbarin noch zu einem Betthupferl.
(Von der Blähstoffminderung durch das Einweichen der Linsen bemerkte ich übrigens nichts).

Teig sicherheitshalber nachgeschaut (fast identisch) bei Der große Lafer Johann Lafer

Füllung (und ein Strudelteigrezept mit Ei!) Linsen – Das Kochbuch Achim Schwekendiek, Barbara Lutterbek

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  1. Ich hab neulich auch gestrudelt und mir gings insofern ähnlich dass ich vor lauter Begeisterung weil er sooo dünn geworden war die Ränder drangelassen hatte- mit der üppigen Füllung fiel es aber nicht weiter auf.
    Die Linsen-Chorizo-Mischung klingt gut, ich denk schon an was….

    • Ich war einfach froh, dass der sagenhaft dünne Teig so vor mir lag und dann setzte das Denken aus. 😉 Bin gespannt, an was du denkst!

  2. Respekt! Um so einen Strudel schleiche ich auch schon des längeren drumherum – habe mich aber bislang nie getraut 😉
    Warum soll den kein Olivenöl in den Teig? Ist das nur wegen dem Geschmack oder hat das noch andere Gründe?

    • Danke, Tring. Ich bin nicht sicher, vermute aber mal, dass es in einen süßen Strudel geschmacklich nicht passt. War echt nicht schwer, das schaffst du lässig! 🙂

      • Mmhhh, ich nehme dich beim Wort. Werde das am Wochenende mit einer süßen Variante mal in Angriff nehmen 🙂

        • Ich bin gespannt. 🙂 Schau auf jeden Fall nochmal bei Susi vorbei, bei der süßen Variante müssen noch Brösel unter die Füllung.

  3. Ich traue mich auch erst seit einem Jahr zu strudeln. Meine Freundin hat sich wenige Tage bevor sie starb noch einmal Apfelstrudel gewünscht. Ich habe alle Zutaten doppelt eingekauft, weil Versagen nicht mehr möglich war. Und siehe da, es hat einwandfrei geklappt. Ich durfte sie mit einer doppelten Portion füttern und bin bis heute glücklich, diesen Augenblick noch erwischt zu haben…!
    Die Füllung mit Linsen und Chorizo begeistert mich schon beim Hinsehen, die muss ich unbedingt noch ausprobieren.
    Heute muss ich aber die Küche räumen, die jungen Damen haben Mädelabend in meiner Küche und sie wollten !! Apfelstrudel !! probieren… 😉
    Liebe Grüße
    Cheriechen

    • Oh, das ist aber eine heftige Geschichte. Ich glaube, unter so großem Druck hätte ich es nicht geschafft. Ich bewundere dich sehr dafür.
      Und was für ein Zufall! Naja, zur Not kannst du die Damen ja mit Rat und Tat unterstützen. 🙂
      Liebe Grüße,
      Eva

  4. Als salzige Version ist das auch was für mich. Bin nächstens an einem Kurs über österreichische Küche. Da lerne ich hoffentlich auch, einen Strudel hinzukriegen.

    • In dem Kurs gibt es aber sicher noch schwierigere Sachen (krendeln z. B.) zu lernen, oder? 😉 Den Strudel bekämest du mit Susis Anleitung sicher auch so hin!

  5. Dass du so einen Strudel bravourös bewältigst, hätte ich nie bezweifelt…. *schmeichel*
    bekomme ich noch ein Stückchen ab? 😉

    • Danke, Sabine. Manchmal ist en bißchen Bauchpinseln ganz angenehm. 😉 Aber leider, leider ist alles weg – und ich weiß noch nicht genau, was kochen heute, hoffentlich wird’s nicht wieder so arg spät…

  6. Gestrudelt habe ich schon…..Apfelstrudel. Die herzhafte Variante ist was für mich – Linsen und Chorizo, das passt. Vor allem, weil ich neulich mehr Linsen gekauft habe als ich eigentlich brauchen kann.

    • Du wohnst ja auch dichter an der “Studelwiege”. 😉 Als ich fertig war, dachte ich mir, dass sich herzhafte Studel bestimmt auch gut als “Minivarinate” machen würden, so ähnlich wie Frühlingsrollen. Mal sehen, was ich daraus mache. 🙂
      Und Linsen kann man eigentlich nie genug haben, finde ich!

  7. Ich bin beeindruckt, Eva! Der Strudel ist wirklich schön geworden. Bisher habe ich mich nicht an Strudelteig gewagt, aber wenn ich das hier so lese scheint es ja zumindest nicht unmöglich schwer zu sein. Ich muss allerdings sagen, dass ich wohl eher die süße Variante vorziehen würde…aber was kann man anderes von mir erwarten 😉
    Liebe Grüße Maren

    • Danke, Maren. Es ist wirklich nicht schwer. Einen süßen Studel werde ich auf jeden Fall auch noch machen. Da ich am liebsten kleine Sachen mag, wird es vielleicht eine Studelminiatur. 🙂
      Liebe Grüße,
      Eva

  8. Eva, meinen Respekt hast du! Ich habe mich bisher nur einmal zu srudeln getraut und der ist bei weitem nicht so toll geworden wie deiner. Auch die Idee einen herzhaften Studel zu machen find ich auch super! Schön auch zu sehen wie Herr H mit den Fotos spielt! Die gefallen mir von mal zu mal besser (nicht, das sie mir nicht vorher auch gefallen haben 🙂 liebe Grüße Emma

    • Danke, Emma. Dann ist es ja nun an der Zeit, einen zweiten Versuch zu wagen. 😉 Und Herr H. hat sich sehr über dein Kompliment gefreut!
      Liebe Grüße,
      Eva

  9. Ja hallo! Der ist ja wunderschön geworden! Meinen Glückwunsch.
    Du ahnst nicht, wie mein erster Strudel ausgeschaut hat! Damals wäre ich heilfroh gewesen, wenn der so ausgeschaut hätte wie deiner.

    • Vielen Dank, Susi! Du ahnst ja nicht, wie sehr ich mich über dein Kompliment freue. Ich war wirklich nicht richtig von dem Ergebnis überzeugt, aber wenn du nichts Gravierendes daran auszusetzen hast, kann er ja so schlecht nicht gewesen sein. 🙂

  10. LInsen im Strudel, welch schöne Idee. Als ich vor vielen Jahren alle paar Monate für kürzer oder länger in Kapfenberg in der Steiermark war, gab es dort eine “Strudelhütte”. Diese Lokalität (Restaurant möchte ich sie nun wirklich nicht nennen) bot allerlei salzige Strudel an. Ich kannte sie nur von der Ankündigung im “Fensterl”. Milzstrudel, Lungenstrudel …. Hätten sie LInsenstrudel gehabt, wäre ich sicherlich einmal Gast gewesen.

    • Danke, Toettchen. Ich fand die Idee auch schön. Milzstrudel hingegen fände ich auch eher unattraktiv, obwohl ich ansonsten nahezu alles zumindest probiere. 🙂

  11. Der Strudel sieht doch super aus, ich weiß mal wieder gar nicht was du hast! Ich habe schon ewig keinen mehr gemacht und zuerst wäre wohl mal wieder ein klassicher Apfelstrudel dran. Aber so eine Linsenfüllung klingt schon auch lecker – zumindest in einer vegatarischen Variante für mich…

    • Danke, Melanie. Du hättest die Endstücken sehen sollen. 😉 Der klassische Apfelstrudel steht bei mir definitiv auch noch auf dem Programm. Aber ich habe noch einige herzhafte Varianten, die ich vorher testen will!

  12. Sehr schön sieht er aus, Dein Strudel, liebe Eva! Auch ohne abgeschnittene Enden ;-). Salzige Varianten mag ich sehr und habe vor Jahren mal eine Kürbis-Käse-Version gemacht. Mit Chorizo war es sicherlich auch sehr lecker.

    • Danke, Claudia. Ja, die Enden waren wirklich nicht sehr ansehnlich, vielleicht hätte ich das Bild mit in den Beitrag hinein nehmen sollen. Kürbis-Käse klingt auch gut, das behalte ich auf jeden Fall im Hinterkopf. Das Rezept hast du sicher auf deinem alten Blog, oder?

  13. Linsen mag ich auch sehr gern!
    Und so im Strudel ist das wirklich großartig! Gestrudelt habe ich auch noch nicht, kann den Respekt davor verstehen, mal schauen, wann ich mich “aufraffen” kann 😀

    • Dabei ist der Teig sogar ohne Ei. 😉 Und, wie schon gesagt, so schwer ist das “Gestrudel” nicht, das bekämest du ganz sicher hin. Ich glaube, ich mache diese Woche den nächsten…

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