Was tun, wenn das zu beglückende Geburtstagskind ein Faible für Marzipan, Mohn und Fruchtiges hat, aber weder Hermé noch das Internet kompatible Rezepte ausspucken? Vor dieser Frage befand ich mich kürzlich. Ein Weile liebäugelte ich mit einer mit Marzipan eingedeckten Sahnetorte, verwarf den Gedanken aber wieder, da ich noch keinerlei Erfahrung im Arbeiten mit Marzipan besitze. Während ich noch so vor mich hin grübelte, trudelte ein Mail von Herrn H. ein. Er hatte seine Idee zu einer Torte kurzerhand visualisiert* und bat mich, die entsprechenden Rezepte für die Bauteile herauszusuchen. Anbetracht unseres schon recht ergiebigen Fundus an Tortenrezepten war das relativ einfach. Wir fingen, wie üblich, mit den Böden an.
Für den Genueser Schokoladenbiskuit (16 er Springform, Original mit 3 Eiern und entsprechend mehr an anderen Zutaten für eine 22 er):
- 35 g Marzipan-Rohmasse
- 40 g extrafeiner Zucker
- 1/2 TL Vanilleessenz
- 2 Eier (Größenangabe fehlte, ich: ca. 100 g)
- 35 g Mehl
- 13 g Kakaopulver
- 24 g Butter
Ich fand die im Buch angegebene Vorgehensweise zwar etwas merkwürdig, hielt mich jedoch daran. Zunächst verknetete ich die Marzipan-Rohmasse mit dem Zucker. Dann gab ich sie in eine Schüssel, die ich in ein heißes Wasserbad stellte. unter Rühren gab ich nach und nach die leicht verquirlten Eier hinzu. Nun sollte ich die Masse aufschlagen, bis “sie schäumt”. Das tat sie bereits nach wenigen Sekunden. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das schon ausreichend war und schlug noch einige Minuten weiter. Herr H. zerließ unterdessen die Butter und siebte Mehl und Kakaopulver. Ich nahm die Schüssel aus dem Wasserbad, mengte zunächst Mehl und Kakaopulver und dann die zerlassene Butter vorsichtig unter. Herr H. fettete und bemehlte den Rand der Springform und bespannte den Boden mit Backpapier. Ich goss den Teig in die Form und schob sie in den auf 220°C vorgeheizten Backofen. Man sollte die Temperatur zwar erst nach 10 Minuten reduzieren, aber da ich Angst hatte, der Teig könne zu dunkel werden, reduzierte ich sie direkt nach dem Einstellen auf 170°C. Nach 35 Minuten bestand der Biskuit die Stäbchenprobe. Aber oje, er war nicht besonders stark aufgegangen. Im Buch stand, dass der Biskuit nach dem Abkühlen in 2 2 cm dicke Böden geschnitten werden solle. Unserer war gerade einmal 3 cm dünn. Eigentlich hatte ich den Rand als Dekorrand vorgehen. Das ging mit diesem Biskuit nicht. Nachdem ein zweiter Bodenversuch fehlschlug, beschlossen wir, den Dekorrand wegzulassen.
Für die Sauerkirscheinlage (15 er Form):
- 3 g Gelatine (ca. 1,5 Blatt)
- 100 g Sauerkirschpüree (TK-Ware)
- 10 g Johannisbeerpüree (TK-Ware)
- 12 g feiner Zucker
- 2 g halb-gezuckerte Kirschen (ich, statt Zucker + halb-gezuckerten Kirschen: 25 g Amarenakirschen mit Sirup)
Nachdem die Früchte aufgetaut waren, pürierte ich sie gemeinsam mit Amarenakirschen und -saft und löste die eingeweichte Gelatine im Wasserbad auf. Als sie aufgelöst war, rührte ich 2 EL Fruchtpüree ein und rührte diese Mischung anschließend unter das restliche Fruchtpüree. Dann füllte ich es in die Springform, deren Boden ich mir Frischhaltefolie bespannt hatte und stellte sie für einige Stunden kalt. Nach dem Abendessen bereiteten wir die weiße Mohnmousse.
Für die weiße Mohnmousse:
- 4 g Gelatine
- 125 g weiße Kuvertüre, fein gehackt
- 125 g Vollmilch
- 1/2 TL Vanilleessenz
- 1 Eigelb (20 g)
- 1,5 EL Cointreau
- 190 g Sahne
- 20 g Mohn, gemahlen
Als erstes kochte ich die Milch mit der Vanilleessenz auf, gab sie unter Rühren zum Eigelb und goss die Mischung zurück in den Topf. Anschließend zog ich sie zur Rose ab (erhitzen bis 82°C). Darin löste ich die gut ausgedrückte Gelatine auf. Herr H. hatte derweil die Kuvertüre gehackt. Ich goss die Creme Anglaise unter Rühren über die Kuvertüre und gab dabei den Cointreau hinzu. Herr H. schlug die Sahne nicht ganz steif und hob sie nach und nach mit dem Mohn unter die Creme Anglaise. Ich drittelte den Boden waagrecht und wir begannen direkt mit dem Füllen.
Auf dem ersten Boden verteilte ich eine dünne Schicht Mohncreme, legte den zweiten Boden darauf und bedeckte ihn ebenfalls mit einer dünnen Schicht Mohncreme. Darauf legte ich mittig, fast, die Fruchtscheibe, bedeckte auch sie mit einer dünnen Mohncremeschicht und legte den letzten Boden auf, den ich wieder mit der restliche Creme bedeckte. Nun durfte die Torte über Nacht im Kühlschrank fest werden.
Für die Sauerkirschglasur:
- 50 g Sauerkirschen
- 10 g Zucker
- 30 g Wasser
- 2 g Gelatine
Ich kochte alle Zutaten gemeinsam auf und ließ sie köcheln, bis der Zucker sich gelöst hatte. Dann pürierte ich die Früchte und gab das Püree durch ein feines Sieb. Anschließend löste ich die gut ausgedrückte Gelatine darin auf und ließ die Glasur bis auf ca. 40°C abkühlen. Als sie abgekühlt war, verteilte ich sie auf der oberen Mohnschicht, ohne die Form zu entfernen. Nach einer Sunde Kühlens mussten wir gemeinsam mit der Torte aufbrechen. Ich bibberte bis zuletzt, ob sie den knapp 2-stündigen Transport heil überstehen würde.
Fazit: Sie tat mir den Gefallen, wurde mit Ahs und Ohs bestaunt und nur ungern zum Fotografieren frei gegeben. Als endlich alle Familienmitglieder an der Kaffeetafel versammelt waren, senkten wir die Gabeln synchron in die Stücke. Die Konsistenz von Boden und Creme war perfekt. Nicht zu fest, nicht zu weich. Die leichte Marzipannote des Bodens harmonierte prächtig mit der Sauerkirschschicht. Allein mit der Mohnmenge hatte ich mich etwas vertan (ist bereits korrigiert). Ich hätte nicht gedacht, dass er ein so intensives Aroma entwickeln würde. Den Rest der Familie störte das nicht und wir werden sicher demnächst häufiger “eigene” Wege gehen.
Boden aus: Larousse Schokolade Christian Verlag
Weiße Mousse aus: Die hohe Schule der Patisserie Christophe Felder
Inspiration für die Fruchtschicht: PH10 Pierre Hermé
Wann macht ihr euer Kaffee auf?
Ich bin dann mit Sicherheit Gast. 🙂
Nee, ehrlich, bei dieser Torte bin ich wieder ganz bei dir, die ist sehr nach meinem Geschmack!
Und wieder einmal ziehe ich den Hut vor euch!
Danke, Eva. Freut mich, dass sie dir auch gefällt! 🙂 Für ein Café reicht’s noch nicht und ich weiß auch nicht, ob mir das nicht zuviel wäre. 😉
Woah – großartig! Ihr Torten-Artists!!
Marzipan ist nicht unbedingt meins, aber wenn es nur dezent herausgeschmeckt hat, dann ist das kein Problem 😉 Und in Kombination mit Mohn und Kirschen stelle ich es mir auch sehr lecker vor.
Mit dem Mohn vertue ich mich auch sehr gerne *seufz*
Danke, Sandra. Zuviel der Ehre, die einzelnen Bestandteile sind ja nur “zusammengeklaut”. Vielleicht können wir die irgendwann auch selbst entwickeln. Das wird aber noch ein weiter Weg – siehe Mohnmenge. 😉
Jetzt bin ich mir sicher, ihr habt einen Verkauf. Wann gibt es die Dinger online?
Ich würde sie sogar gern verschicken, aber ich fürchte, sie würden den Transport nicht überleben. 🙂
Hast du deine Nachbarin nun endlich rausgeschmissen? Das geht ja nicht so, dass du hier einfach eine tolle Torte nach der anderen zeigst und mir dermaßen lange Zähne machst! *winsel*
Ich bin leider nicht ihr Vermieter. Aber selbst wenn, auf die beste Nachbarin können wir keinesfalls verzichten. 😉 Meine Schwester war übrigens von den Wiener Konditoreien schwer begeistert . Da sitzt du doch an der Quelle. 🙂
Das dauert ja noch ein knappes Jahr, bis ich wieder Geburtstag habe. Aber bis dahin habe ich bestimmt auch eine Torte visualisiert 🙂
Schick deine Visualisierung ruhig rüber. 😉 Musst nicht so lange warten!
Einmal im Leben möchte ich so backen klönnen. Ich habe es zwar nur selten versucht und heraus kam dann als bestes Stück eine “Helgoländer Heringstorte” frei nach “Hein Blöd” für einen Kindergeburtstag. Aber Du bist – und ich kann es immer nur wiederholen eine Künstlerin.
😀 Ach Toettchen, es fällt mir sehr schwer das zu glauben, bei all den wunderbaren Sachen, die du immer kochst und es gibt Menschen, die noch nie eine Torte gebacken haben und mit meiner “Anleitung” scheinbar auf Anhieb erfolgreich waren. 😉 Und, danke für die Blumen!
…und ich bin auf dein erstes Backbuch gespannt. Das würde ich mir wahrscheinlich sofort kaufen.
Ich finde es toll wie dein Mann immer mitmacht – meiner “bestellt” zwar auch immer wieder mal, was er will (und das darf bloß nicht zu außergewöhnlich sein, deshalb muss er manchmal ausgetrickst werden), aber machen darf ich es alleine.
Liebe Grüße,
Barbara
Oh, daran ist noch lange nicht zu denken, aber ich würde dir auf jeden Fall ein Exemplar schenken. 🙂
Und mit Herrn H. habe ich riesiges Glück gehabt, vielleicht weil wir von Anfang an gut zusammen “arbeiten” konnten? 😉
Liebe Grüße,
Eva
Das nenne ich mal perfektes Teamworking! Ihr solltet öfter eigene Wege gehen! Die Torte ist ‘ne Wucht. Kommt auf meinen Wunschzettel 😉
Danke, Antje. Diese Torte ist nicht sonderlich schwierig herzustellen. 🙂 Und eigene Wege, ja, seufz, leider gibt’s vorher noch ziemlich viel zu lernen… wir arbeiten dran.
Also du machst mich nochmal wahnsinnig sitz hier am schreibtisch und dann sowas….. ahhhh MOHN KIRSCH und MARZIPAN!!!! GENIAL
Danke und verzeih’ mir Julia, vielleicht baue ich in die nächste Tortenüberschrift eine “Warnung” für dich ein. 😉
Whooow…deine/eure Torte wäre auch ganz nach meinem Geschmack. Chapeau!
Danke, Monika, freut mich. Mohn-Kirsch hat irgendwie so etwas “altmodisches”, vielleicht ist die Kombination deshalb so beliebt?
Die Susi braucht gar nicht glauben, dass sie einziehen kann, wenn du die Nachbarin endlich rausgeschmissen hast – ich hab mich zuerst angemeldet 🙂
Zur Torte nur ein Wort: Künstlerin!
Danke, wie gesagt, war alles nur “geklaut”. Und ich sehe schon, wir müssen irgendwo eine große Koch- und Backkommune gründen. 😉
Herrlich, eine eigene Tortenkreation! Sauerkirschen und Marzipan passen großartig zueinander, mit Mohn habe ich es noch nicht probiert, aber so ein Stück Torte würde ich jetzt sehr gerne probieren!
Liebe Grüße
Cheriechen
Danke, Cheriechen. Bauteile einfach neu zusammenzusetzen ist nicht so schwierig, machst du ja auch oft. 😉 Der Mohn war, obwohl leicht überdosiert, der Clou. 🙂
Liebe Grüße,
Eva
Die trifft so völlig meinen Geschmack dass sie mich fast in Versuchung führen könnte mein Händchen da mal zu wagen…
Oh ja, mach’ das ruhig, ist wirklich nicht schwer. 🙂
Eine großartige Kombination von lauter Lieblingsaromen. Die Torte war eigentlich für mich gedacht, oder? Gib’s zu! Und ich freue mich, demnächst noch mehr eigene Kreationen zu lesen. Bitte immer so schön von Herrn H. visualisiert!
Danke, Sabine. Ähm, also, auf jeden Fall sitzt du dichter an der Tortenquelle als viele andere. 😉 Und mit den weiteren Kreationen, mal sehen, was sich da machen lässt, die Fruchtzeit kommt ja zum Glück bald wieder!
Hach, ist diese Torte schön, Eva! Jetzt weiß ich ja auch wofür der Marzipanbiskuit gedacht war 🙂 . Auch die Grafik von Herrn H. finde ich genial.
Die Komposition aus den Rezepten verschiedener Patissiers ist dir perfekt gelungen. Daumen hoch!!
Liebe Grüße Maren
Danke, Maren. Dein Kompliment bedeutet mir sehr viel, da du ja selbst sehr gut backst!
Ja, dafür war er, aber ich muss mich wirklich noch einmal intensiver mit unterschiedlichen Biskuitteigen beschäftigen, *seufz*, aber jetzt darf ich erstmal Brot backen, das geht mir meist einfach von der Hand:-)
Liebe Grüße,
Eva
Ich wurde heute von Toettchen schon vorgewarnt: «Schau bloss nicht bei Eva auf den Blog, ich schwör Dir, wenn Du diese Torte siehst, fängst Du an zu weinen!»
Das Teil ist einfach perfekt von A bis Z. Ich hab heute zu Toettchen gesagt, dass ich eure Präzision, mit der ihr arbeitet, echt bewundere – chapeau!
Danke, liebe Henne. Ich will doch niemanden zum Weinen bringen und dieses Törtchen bekämest du ganz sicher auch aus dem Handgelenk geschüttelt (ich sehe deine Honoré-Torte noch vor mir ;-)).
Und nicht immer klappt alles. Der Guss obenauf war noch nicht 100% fest, als wir los mussten und ich dachte, besser in eine Tüte mit der Torte – die dann natürlich am Guss kleben blieb, deshalb die Delle, aber egal. 😉
Ich weiß warum ich mich so gefreut habe, dass du doch eine Torte für unseren Brunch mitbringen willst ;-)) Das ist ja die hochgradig verfeinerte Oberluxusversion einer schwarzwälder Kirschtorte 😉
Danke, Melanie. Die mitzubringende kann allerdings nicht sahnebasiert sein. So eine würde den langen Transportweg nciht überleben… 😉
Das stimmt natürlich. Aber du hast dir sicherlich schon eine gute Alternative überlegt…Sonst halt doch die Macarons… 😉
Ich überlege noch. 🙂
das sieht so unglaublich lecker aus!
übrigens: ich hab dich für den ‘Liebsten Discover Blog’ nominiert 🙂
http://fitness-ego.com/2014/02/19/1030/
Danke.
Ich weiß noch nicht, ob ich Zeit habe, die Fragen zu beantworten.
Wow – was für eine Torte! Da ist alles drin, was ich mag: Mohn + Marzipan + Kirschen. Und eine perfekte Umsetzung! Meine Diätpläne lösen sich gerade in Luft auf….
Danke, Deifi. Dass mir aber hinterher keine Klagen kommen. 😉
Marzipanbedeckte Kuchen werden überbewertet, dieser hier wirkt viel frischer und leckerer!!! (ich mag das Wort lecker, besonders wenn ein holländer es sagt 😉 ) Sag mal bei der Sauerkischeinlage…meintest du 2 oder 25g halbgezuckerte Kirschen?
Liebe Grüße
Emma
Habe lange keinen mehr gegessen und können würde ich das Eindecken schon gern…
Die Sauerkirscheinlage besteht aus 100 g TK Sauerkirschen, 10 g roten Johannisbeeren und 25 g Amarenakirschen in Sirup.
Liebe Grüße,
Eva
2 Gramm Kirschen? Wow, das ist ja üppig… 😀
Man darf das große Ganze nicht aus den Augen verlieren. 😉
Das klingt soooo lecker 🙂 Jetzt habe ich Heißhunger auf diese Torte bekommen und du bist schuld 😉
Lg Ronja
Die Schuld nehme ich gern auf mich. 😉
Liebe Grüße,
Eva
Wow, das sieht großartig aus. Du könntest allen Münchner Konditoreien Konkurrenz machen.
Danke für die Blumen. Aber das kann ich fast nicht glauben. 🙂
Eine geniale Aromen-Kombination, liebe Eva! Dem unbekannten Geburtstagkind alles Gute, es war sicherlich sehr erfreut über Anblick und Geschmack. – Bei Herrn H.’s Visualisierung hätte ich ohne Vorwissen eher auf ein futuristisches Gebäude als auf Backwerk getippt ;-).
Danke, Claudia. Ja, das nicht mehr Kind war angetan. 🙂
Eine Torte als Haus? Hm, auch nicht verkehrt und irgendwie haben sie ja Gemeinsamkeiten in der Konstruktionsweise…
Gefällt mir! Auf jeden Fall 🙂 Und wo Marzipan draufsteht muss zwingend Gutes drin sein! Vielleicht versuche ich mich ja demnächst mal beim Backen meiner ersten Torte 😉
Danke, Marco. Ich bin, ehrlich, gesagt kein großer Marzipan-Fan, aber was tut man nicht alles. 😉 Gutes Gelingen!
Oh, welch’ göttliche Kombination!
Falls Dir der Mohngeschmack zu dolle ist, versuche einmal weißen Mohn, der schmeckt etwas weniger mohnig, dafür nussiger, sehr fein…
Leider habe ich ihn bisher nur in Österreich bekommen.
Danke Richensa! Weißer Mohn ist eine gute Idee und ich weiß auch schon, wo ich ihn bekomme, danke! 🙂