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Monsieur Ducasse dans le Nord

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Mitte letzter Woche brachte der Postbote endlich den langersehnten Ducasse. Er hat inzwischen schon einige Kilometer auf dem Buckel. Die Geschichte zur “Vor-Veröffentlichungs-Reise” ist hier bei Mizzis Küchenblock in aller Ausführlichkeit nachzulesen. Die spontan geborene Idee, ein neues Kochbuch vor seiner Veröffentlichung von einigen Foodbloggern auf Herz und Nieren prüfen zu lassen, fand ich so gut, dass ich sofort zusagte, als Sandra (von ihr kam er dann auch und ihre Erfahrung mit ihm ist hinter dem Link verborgen) mich fragte, ob ich Lust hätte, dabei zu sein.
Der Hädeke Verlag wünschte sich, neben drei nachgekochten Gerichten, ein Foto vom Buch an einem prägnanten Ort des jeweiligen Aufenthalts. Wir machen uns auf die Socken und bei bestem Hamburg-Besucher-Wetter, tief hängende Wolken und monochrome Stimmung, entstand das Bild oben im Herzen des Hamburger Hafens. Wir nutzten den Ausflug noch zu einem kleinen Einkauf und kehrten hungrig nach Hause zurück. Ich hatte schon zuvor eine kleine Rezeptauswahl getroffen, einige Favoriten waren mir leider schon von den anderen Testern weggeschnappt worden. Tant pis. Wir begannen mit den Vorbereitungen für die “Hackfleischbällchen im Sesammantel mit würzigem Kokosdip”, S. 307. Ich bereitete den Dip, während Herr H. sich um die Klopse kümmerte. Sein Metier.

Für den Kokosdip (Menge halbiert für 2 Personen):

  • 62,5 g Kokosraspel (ich: 30 g)
  • 30 g fettarme Milch (ich: 50 g normal fette)
  • je ein 1/8 Bund Minze und Koriander
  • 2,5 Walnusskerne
  • 1,5 Prisen Piment d’Espelette
  • 2 Prisen Currypulver
  • 2 EL Zitronensaft
  • 1,5 EL Olivenöl
  • (ich: einige Prisen Salz)

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Es erschloss sich mir nicht ganz, warum zum Einweichen der Kokosraspel fettarme Milch verwendet werden soll. Auf die 10 kcal mehr oder weniger kommt es bei einem Energiegehalt von gut 600 kcal/ 100 g bei Kokosraspeln nun wirklich nicht mehr an. Da ich nie fettarme Milch im Haus habe, nahm ich also normal fette Milch und zwar gut die dreifache Menge. Spaßeshalber hatte ich zuvor versuchte, die Raspeln in der angegebenen Menge einzuweichen, ich würde schätzen, ca. 1/10 der Raspeln wurde dabei schwach benetzt. Nun gut. Zur Dauer des Einweichens gibt es keine Angabe. Nach einer guten halben Stunde, ich hatte inzwischen die übrigen Zutaten bereit gestellt, gab ich die Milch-Kokos-Mischung gemeinsam mit den Kräutern, den Gewürzen und den Walnüssen in den Zerkleinerer und ließ ihn laufen.
Die Masse wurde kurz hochgeschleudert und haftete sofort hartnäckig am Rand. Ich drückte sie mit dem Löffel runter, ließ die Maschine wieder kurz laufen. Gleiches Ergebnis. So ging das nicht. Ich goss einen guten Schluck Milch hinzu, et voilà, nun ließ sich alles zu einer feinen Paste pürieren. Ich erhitzte die Paste in einem Topf, schlug mit dem Schneebesen das Olivenöl unter und rührte den Zitronensaft ein. Dann probierte ich. Hm, irgendetwas fehlte. Salz, natürlich. Ich las die Liste der Zutaten erneut durch, nein, eigentlich war kein Salz vorgesehen. Egal. Ich schmeckte mit etwas Salz ab und probierte erneut. Ja, so ging es. Den Topf stellte ich im Backofen warm.

Für die Hackfleischbällchen im Sesammantel:

  • 2 weiße Zwiebeln (Herr H.: Lauchzwiebeln)
  • 1/2 grüne Gemüsepaprika (Herr H.: rote Spitzpaprika)
  • Olivenöl
  • Salz
  • je 1/2 Bund glatte Petersilie und Majoran
  • 200 g mageres Rinderhack (Herr H.: gemischtes)
  • 2 Eier (Herr H.: 1)
  • je 25 g Sesamsaat, geschält und ungeschält (je 20 g haben dicke gereicht)
  • eine Handvoll junger Spinat zum Anrichten

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Für alles, was in unserer Küche zu Kugeln geformt werden soll, und nicht Brötchen oder Nudelteig ist, bin ich, Herr H., zuständig. Das Kugeln liegt mir sozusagen im Blut. Frikadellen nach Lafer oder Asia-Fischklopse nach Neil Perry, alles kein Problem, doch Hackbällchen vom Drei-Sterne-Koch? Ich musste erst einmal tief Luft holen. Dann hinein ins imaginäre blaue Kochhemd und ran an die Bouletten. Ehrfürchtig schlug ich die besagte Seite auf – kein Bild nur die Überschrift: “Hackbällchen im Sesammantel mit würzigem Kokosdip” in dicken Lettern.
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Das hörte sich doch recht vielversprechend an und los ging es.
Zwiebel pellen, logisch. Paprika häuten, na ja. In hauchdünne Streifen schneiden, nee echt nicht, und wie lang sollen sie sein. Ich machte Streifen exakt gleicher Kantenlänge aka Würfel und schwitzte sie nacheinander in der Pfanne an, würzte mit Salz und etwas Pfeffer und ließ sie nach dem Garen etwas abkühlen.
Dann widmete ich mich den Kräutern, verpasste unserer Petersilie einen neuen Haarschnitt und hackte sie mit einem ordentlichen Schwung Majoran klein.
Noch alles kein Hexenwerk. Das Rinderhack mit den Eiern und Kräutern verkneten, las ich. Ich schlug also ein Ei zum Hack in die Schüssel und stutzte, wieso DIE Eier? Herr Ducasse haut 4 Eier für 400 g Hack in die Schüssel, das heißt, ich brauchte zwei und hatte jetzt schon Fleischbrei in der Schüssel, der nie und nimmer eine Kugel werden konnte. Rettungsanker Kartoffelmehl! Ein Esslöffel machte aus der Pampe einen geschmeidigen Teig, das zweite Ei wanderte wieder in die Eierpappe. Dann das Gemüse hinzu, abgeschmeckt und adrette Kügelchen von 3-4 cm Durchmesser geformt. Diese habe ich anschließend in weißem und braunem Sesam gewälzt. Ich erhitze Öl in der Pfanne, um die Bällchen knusprig braun zu braten, den Geruch des gerösteten Sesams schon in der Nase. Stopp! Nicht braten, dämpfen, rief Eva. Ich stutzte erneut. Nun denn, der Meister wird es schon wissen, Pfanne vom Herd und Klopse in den Dämpfeinsatz. Nach 5 Minuten sollten sie gar sein, ich habe sicherheitshalber erstmal einen Testklops herausgefischt und den Drucktest gemacht. Er bestand ihn nicht und erinnerte mich an das pochierte Ei von vor ein paar Tagen. Piepwecker noch mal vorgestellt und nach weiteren 6 Minuten war es dann soweit, die Klopse waren fertig.
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Fazit: Nun kam der Augenblick auf den wir schon so lange warteten, wie mochten die Bällchen wohl schmecken. Ich gabelte einen halben auf und probierte. Etwas fade, nach gekochtem Hack mit was Gemüse drin. Den Sesam hätte man sich auch sparen können, von ihm war nichts zu schmecken. Hmm? Auch ein Ducasse kocht manchmal nur mit Wasser, hier hätte er meiner Meinung doch besser zum Öl gegriffen.
Ich probierte auch und musste mich Herr H.s Meinung anschließen. Sesam entfaltet sein wunderbares Aroma eben eher beim Rösten. Der Kokosdip hingegen war wirklich köstlich. Das war der erste Test, aber vielleicht habe ich auch einfach das falsche Rezept gewählt. In den nächsten Tagen werden wir zwei weitere Gerichte verkosten und berichten.

Aus: Ducasse Nature – einfach, gesund und gut Alain Ducasse, Paule Neyrat, Hädeke Verlag, voraussichtliches Erscheinungsdatum: Mitte/ Ende April 2014, ISBN 978-3-7750-0632-3

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  1. Sehr beruhigend, dass Herr Ducasse auch nur mit Wasser kocht… Auf die Idee aus Kokosraspeln einen Dip zu machen, wäre ich aber von alleine definitiv nicht gekommen . Und das mit den Kalorien ist ja auch kein Problem mehr, wenn ihr am Hafen die ganzen Treppen hochgelaufen seid (Anlegestelle Kreuzfahrtschiffe?) 😉

    • Ja, das finde ich auch. 😉
      Und auf den Dipp wäre ich so auch nicht gekommen. Das mit den Kalorien sehen wir eh nicht so eng, es war nur die fettarme Milch, die mich irritierte…
      (Docklands)

  2. Eine beinahe leere Weinflasche macht sich beim Kochen nicht so gut, also muss eine ungeoeffnete neben dem halbgetrunkenen Glas auf das Bild, schmunzel. Ja, ich wurde nicht ueberrascht vom Fleischbaellchen-Urteil. Und ich verstehe nicht, wieso Wasserdampf nicht etwa gleich heiss sein und etwa gleichen Waermeuebergang auf die Baellchen aufweisen sollte in Hamburg und Monaco. Weiter viel Spass beim Testkochen wuensche ich.

    • Messerscharf geschlussfolgert, Erich. 😉 Die Vorgängerin war allerdings tatsächlich leer.
      Zum Dämpfen, tja, vielleicht ist der Wasserdampf anderswo tatsächlich heißer (oder die Dichte der Bällchen geringer). Ob wir mit dem weiteren Testen noch so viel Spaß haben werden??

  3. Na, da war das Buch aber schnell! Die Suppe die Sandra vorgestellt hat hätte ich beinahe heute nachgekocht, die Bällchen jedoch… eher nicht. Und das Problem mit den Zutaten die dem Mxer davonhupfen hatte ich heute auch schon.

    • Du meinst die Spargelsuppe, mach’ mal, würde mich interessieren, wie du die Mozzarellakonsistenz findest. 😉
      Und der neue Zerkleinerer ist eigentlich gut, wenn das Püriergut nicht zu trocken ist…

  4. Vier Eier auf 400 g Hack?? Erstaunlich! Ich kann mir nicht helfen, aber manchmal finde ich unsere Schleswig-Holsteinische Küche reizvoller als manch Sternegericht. Aber sei’s drum. Vielleicht bringen euch weitere Testrezepte zu kulinarischen Höhenflügen.
    Übrigens, der Block vom Pativersand ist auch mein ständiger Küchenbegleiter 😉
    Liebe Grüße Maren

    • Ich musste auch glatt zweimal hinschauen (besser noch ist allerdings der Hefeteig, 145 g Mehl, 2 EL Wasser, 1 TL Olivenöl -> zu einem geschmeidigen Teig kneten, versuch das mal). Du bist aus Schleswig-Holstein? Hey, das ist unsere alte Heimat! Wir haben ewig in Kiel gewohnt, achja, die guten alten Mehlbüddel. 😉
      Liebe Grüße,
      Eva

      • Ach, ihr habt sicher in Kiel studiert, oder? Ich wohne in der Nähe von Rendsburg. Tja, und der gute alte Mehlbüddel, der ist Schleswig-Holstein pur 😉

        • Ich habe in Kiel studiert, Herr H. in Berlin. In Rendsburg hatten wir auch oft zu tun bei der Arbeit, da lebt es sich sicher ganz angenehm! 🙂

  5. Wie gut, dass Monsieur Ducasse bei dir und Monsieur H. gelandet ist. Ich harre gespannt der weiteren Dinge 😉

    • Wir sind hochmotiviert, aber es ist nicht ganz einfach. 😉

  6. Ich habe einmal ein Rezept von Ducasse nachgekocht: Halb gesalzener Orangen-Kabeljau ! Seit dieser Zeit bediene ich mich seiner Bücher, nur um Ideen zu finden.
    Ich schließe mich Houdini an und wäre nicht vom Ergebnis der Fleischbällchen überrascht gewesen.
    P.S. Das Weinetikett wäre auch interessant gewesen.
    Liebe Grüße
    Toettchen

    • Halb gesalzener Kabeljau? Ich habe mal aus dem Grand Livre Römische Wade nachgekocht – no comment… und je genauer ich die Rezepte lese, desto, ähm, die Dame genießt und schweigt.
      P.S.: Wir wollen doch keine Werbung machen. Das ist ein ganz schlichter Spanier.
      Liebe Grüße,
      Eva

  7. Eva Eva

    Mein erster Gedanke war: wohnt ihr so, dass ihr immer diesen Blick auf den Hafen habt? Aber das hast du dann ja gleich aufgeklärt. 🙂
    Ja, auch die großen Köche kochen nur mit Wasser ;-), das tut so einem kleinen Koch-Licht wie mir richtig gut! 🙂
    Aber ich bin gespannt auf deine weiteren Berichte.

    • Schön wär’s – obwohl, eigentlich bin ich mit unserer wirklichen Wohngegend ganz zufrieden. 😉
      Ich mache heute eine Gemüsequiche mit einem “speziellen” Mürbeteig, drück’ mir die Daumen.

  8. Man schmeckt echt nichts von den Sesamsamen? Damit hätte ich bei so einer Menge nun nicht gerechnet.
    Irgendwie klingt das Rezept, als hätte ich da jemand bemüht, an allen Ecken und Enden Kalorien einzusparen. Oder täusche ich mich?

    • Wenn die Röstaromen fehlen…
      Nein, du täuscht dich nicht, wobei eben Kokosraspeln doch recht gehaltvoll sind. Aber es muss ja auch schmecken, oder? Dieser Grundton zieht sich allerdings durch alle Rezepte, bin sehr gespannt, wie der butterreduzierte Mürbeteig klappt…

  9. Die Hackbällchen wären ja eh nichts für mich, da merke ich mir doch einfach nur den Kokosdip 🙂 Und ich bin gespannt wie dir die weiteren Rezepte schmecken! Liebe Grüße Melanie

    • Der Dipp, wie gesagt, war wirklich lecker. Ich werde berichten.
      Liebe Grüße,
      Eva

  10. Die Bällchen standen auch erst auf meiner “ToDo-Liste”, aber ich habe mich dann anders entschieden. Könnte ich ja froh sein 😉
    Beim nächsten Rezept, dass es am Mittwoch bei mir im Blog gibt, gab es auch geteilte Meinungen… Ich bin gespannt, wie es bei Euch weiter geht 😀

    • Ja, du kannst froh sein, wobei der Dipp wirklich lecker war. 🙂 Und wie es weiter geht, kannst du schon heute nachlesen…

  11. Das liest sich ja wie ein Krimi…
    Was ich nicht ganz verstehe, ist, warum Du den Fehler bei Dir suchst («… aber vielleicht habe ich auch einfach das falsche Rezept gewählt»). Wieso das falsche Rezept? Wenn das Rezept Schotter ist, liegt das nicht an Deiner Rezeptwahl, sondern an demjenigen, der das Rezept aufgeschrieben hat.

    • Danke, Henne.
      Du sprichst wahr. Ich wollte nur “nett” sein. 😉

  12. Liebe Eva und lieber Herr H., erst einmal heißen Dank, dass ihr so ausführlich mittestet. Klasse Bild mit Hafen, denn die Container im Hintergrund waren vielleicht gefüllt mit den weiteren Büchern von Alain!
    Die Milchmenge ist notiert für Nachauflagen (ich werde das aber sicherlich auch nochmal selbst vorher ausprobieren, bei sowas juckt es mich dann doch schnell in den Fingern). Bei der Garzeit der Bällchen ist das beim Rezept nicht so glücklich ausgedrückt. Der Spinat wird ja noch dazu gegeben und die gesamte Garzeit ist mit 10 Minuten angegeben. Aber sei’s drum, immerhin hat der Kokosdip gemundet 😉
    Die Rezepte sind schon allesamt auf eine gesunde Küche ausgerichtet, deshalb auch der Versuch, Kalorien zu sparen. Wir schreiben eifrig mit und werden dann bei genügend Fragen einen Katalog an den französischen Verlag schicken. Mal sehen, ob wir Antworten bekommen 🙂
    Herzliche Grüße aus dem Süden, Jule von Hädecke

    • Danke, Jule. Wir testen sehr gern mit!
      Ich habe direkt nochmal im Buch nachgeschaut. Die Garzeit für die Bällchen ist tatsächlich mit 5 Minuten angegeben, der Spinat wird roh zum Servieren verwendet und nicht mitgegart.
      Ja, der Kokosdipp war lecker. Ich bin auf jeden Fall auch sehr gespannt, ob und welche Antworten ihr bekommt!
      Liebe Grüße,
      Eva

  13. Ich schließe mich mal dem Wildhendl an….falsche Rezeptauswahl gibt es nicht.
    Das mit den Flüssigkeitsmengen in Rezepten ist ja sowieso eine unendliche Geschichte….krümlende Brotteige, davonschwimmende Puffer…..man könnte sich ja fragen, ob solche Rezepte auch getestet werde oder nur getippt.

    • Du hast recht, eine absolut unendliche Geschichte. Ich halte mich normalerweise auch nicht an solche Angaben, wenn ich das Gefühl habe, sie stimmen nicht. Aber bei einem Test? Und jemand, der keine Ahnung vom Kochen hat, kann das ja nicht so leicht anpassen…

      • Ganz deiner Meinung 🙂 Ich korrigiere so etwas im richtigen Leben automatisch, aber wenn ich teste, mache ich, was im Rezept steht….auch, wenn es schwer fällt….

        • Und es fällt sehr, sehr schwer… 😉

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