Nur noch ganz selten treffe ich auf Rezepte, die mich so sehr faszinieren, dass ich sie sofort, auf der Stelle!, nachkochen will. Ich bin nicht sicher, woran das liegt. Vielleicht eine zu intensive Beschäftigung mit dem Thema Essen, ein Zuviel an Eindrücken und doch wieder die stete Wiederholung des ewig Gleichen. Was auch immer der Grund sein mag, am Wochenende sah ich beim Blättern ein Gericht aus Fenchel, Morcheln und Waldlakritzsauce mit Hähnchen. Mein Auge folgte den bekannten Wörtern und blieb prompt am “Waldlakritz” hängen. Hähnchen mit Lakritz? Ich las Herrn H. das Rezept vor und er rief begeistert, ja, das müssten wir gleich morgen machen. Ob denn alle Zutaten parat seien. Nur den Fenchel müsse ich noch besorgen, antwortete ich. Denn statt Waldlakritzwurzel konnte man auch Süßholz verwenden und das schlummerte noch in den Untiefen der Vorratskiste.
Für das Hähnchen in Waldlakritzsauce mit Fenchel und Morcheln:
- 1/2 Hähnchen, küchenfertig (ich: eine halbe Brust, ca. 800 g)
- Meersalz, Pfeffer
- 10 g Butterschmalz
- 10 g Sonnenblumenöl
- 1/4 Fenchelknolle, klein, fein gewürfelt
- 1 kleine Schalotte, fein gewürfelt
- 25 g Pastinakenwurzel, fein gehackt (ich: Petersilienwurzel, Pastinaken gibt es gerade nicht)
- 300 g Geflügelfond
- 50 g Weißwein
- 5 g Waldlakritzwurzel oder Süßholz
- 1 Nelke und 1 kleiner Sternanis
- 1/4 TL Kurkuma
- 50 g Sahne
- 1 TL Maisstärke, in etwas kaltem Wasser angerührt
- 1 TL Zucker
- 1 TL Pastis (ich: bester Ouzo)
- 1 TL Zitronensaft
- 25 g Butter (ich: weg gelassen)
- Meersalz, Pfeffer
- 300 g Fenchel, geachtelt
- Olivenöl
- Meersalz, Zucker
- 10 g getrocknete Morcheln, mindestens eine Stunde eingeweicht
- 1 TL Butter
- Pfeffer
Da ich nur eine Brust hatte, beschloss ich etwas anders als im Rezept vorgegeben vorzugehen. Dort wird das Hähnchen in vier Stücke zerteilt, mit Salz und Pfeffer gewürzt und in Butterschmalz und Öl angebraten. Danach werden Fenchel, Pastinaken und Schalotten zugegeben und das Hähnchen gart anschließend abgedeckt bei 80°C ca. 40 Minuten im Backofen. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass es dann wirklich gar ist, aber ich habe es auch nicht ausprobiert.
Ich zog der Brust die Haut ab und zerteilte sie in ca. 6 x 6 cm große Würfel, während Herr H. das Schmorgemüse vorbereitete. Das schwitze ich dann in Butterschmalz und Öl an, gab die Hühnchenwürfel hinzu, briet sie auch kurz an und löschte mit Geflügelfond. Dann ließ ich alles abgedeckt ca. 15 – 20 Minuten schmoren. Danach entnahm ich die Hühnchenwürfel, stellte die eine Hälfte kalt und die andere abgedeckt im Backofen warm. Herr H. siebte die Gemüsewürfel ab, gab den Fond mit den Gewürzen und dem Wein zurück in den Topf und ließ ihn etwas einkochen. Dann fügte er die Sahne hinzu, ließ die Sauce erneut aufkochen und schmeckte sie mit Zucker, Ouzo, Zitronensaft, Salz und Pfeffer ab. Ich band sie mit der angerührten Stärke und probierte. Der Geschmack war so umwerfend gut, dass ich Herrn H. nur wortlos den Probierlöffel reichte. Er probierte, lächelte selig und stellte die Sauce ebenfalls warm.
Ich dünstete die Fenchelspalten, mit Salz und Zucker gewürzt, zugedeckt ca 15 Minuten in dem Olivenöl. Herr H. fischte die Morcheln aus dem Einweichwasser, filterte es und garte die Morcheln ca. 10 Minuten darin. Abschließend schwenkte er sie in zerlassener Butter und schon waren wir fast am Ziel. Ich musste nur noch die Haut des Hühnchens knusprig braten.
Fazit: Wie schon erwähnt, die Waldlakitz- oder vielmehr Süßholzsauce war der absolute Knaller. Sie passte perfekt zu Fenchel, Morcheln und Huhn. Dazu gab es frisches Baguette, damit auch der letzte Tropfen Sauce hingebungsvoll aufgetunkt werden konnte. Beim nächsten Mal würde ich allerdings den Fenchel in feine Scheiben schneiden und etwas knapper garen, aber das ist nur ein winziges Detail. Und da wir mit diesem Rezept die lang aufbewahrte Packung Süßholz (gekauft für ein chinesisches Gericht aus einem Buch, das wir schon lange nicht mehr haben), das letzte Stück vom Monsterhuhn und die letztjährigen getrockneten Morcheln aus unseren Vorräten verbannt haben, darf dieses Gericht zu Susannes Event, das sie in diesem Monat bei Zorra ausrichtet!
Aus: Dumaines wilde Gemüseküche Jean-Marie Dumaine, Nikolai Wojtko
Ich bin zwar kein Lakritz-Fan, aber ER. Wobei ich mir durch aus vorstellen kann, dass das sehr lecker schmeckt. Hähnchen und Fenchel stehen hier eh hoch im Kurs 🙂 Morcheln müsste ich auch noch im Vorrat habe.
Ich geh mal auf die Suche nach Süßholz…
Mist, du torpedierst meine Nord-Süd-Gefälle-Lakritz-Zuneigungstheorie. 😉 Ich hatte vermutet, dass Lakritz eher im Norden beliebt ist…
Süßholz gab es bei uns im Asia-Laden, ich hätte noch was da. 🙂
Es gibt nicht viel, was ich nicht mag. Aber Lakritz und Süssholz sind leider ganz oben auf der Liste. Alles andere auf Deinem Teller mag ich aber sehr, Fenchel sowieso. Allerdings, wenn ich mir das Rezept und die Gewürze so anschaue… irgendwie stören mich da die Morcheln. Rein gefühlsmässig, also mehr so unterschwellig… 😉
Ein Punkt für meine Theorie. 😉
Die Morcheln haben uns nicht gestört, aber es stimmt schon, sie haben das Gericht auf keine andere Ebene gehoben.
Hihi, dieses Rezept hätte bei mir genau das Gegenteil ausgelöst: Schnell weiterblättern 😉 Süßholz und Ähnliches mag ich gar nicht – und ich mache einen großen Bogen um alle Teemischungen, die Süßholz enthalten (leider verbringe ich immer ziemlich lange die Etiketten studierend das Käuterteeregal im Bioladen, weil dieses Süßholz sehr beleibt zu sein scheint).
Dennoch herzlichen Dank für das Rezept. Denn auf Waldlakritze war ich natürlich trotzdem neugierig – und ich lerne, dass es auch “Engelsüß” oder “Tüpfelfarn” heißt. Steht aber in meiner Kräuter”bibel” gar nicht drin, also werde ich wohl vergeblich nach Waldlakritz im Harzwald suchen.
Tüpfelfarn müsste es doch eigentlich auch in euren Wäldern geben. Und du magst also auch kein Lakritz. Naja, vielleicht verläuft die Zuneigungsgrenze nördlicher als ich dachte. 😉
Bin in München geboren 😉
Siehste, wusste ich’s doch. 😉
Das! Klingt! Spannend!
Zwar kann ich meinem Kerl keine Morcheln verkaufen, aber Lakritz müsste laufen! Außerdem bin ich seit längerem auf der Hähnchen-muss-nicht-trocken-sein-Mission…
Wo bekommt man Süßholz denn, wahlweise Waldlakritz?
Ich finde ja, Hähnchen darf auf keine Fall trocken sein! Die Süßholzscheibchen (getrocknet) habe ich aus dem Asia-Laden, gibt es vielleicht auch im Reformhaus? Waldlakritz wird die Wurzel des Tüpfelfarns genannt und der scheint in deutschen Wäldern recht verbreitet zu sein. Ich weiß aber nicht, ob der Verzehr unbedenklich ist…
Noch nie gehört. Muss mal meinen Farn im WE-Häuschen ausreissen, und schmecken, ob dessen Wurzel süss schmeckt.
Vielleicht erst botanisch einordnen? 😉
Ich…öööh…ähem… lege heute einen vegetarischen Tag ein. Was Knoblauch für einen Vampir, ist Süssholz für meine Wenigkeit. Aber der Teller sieht gut aus (einfach den Geruch ausblenden). 😉
Danke, Cookie. Und ich wette, dein Mann mag Lakritz. 😉
bei uns ist es wie bei Sandra: ER isst ununterbrochen Lakrtz und ich kann schon den Geruch nicht ab (zum Glück isst ER Lakritz mit Schokolade drum, dann rieche ich das nicht so stark)
Aber was das Nachlassen der Faszination von Rezepten anbelangt, da bin ich ganz bei dir…mir geht es auch immer mehr so und derzeit hab ich wieder mal einen richtigen (Blog-)Durchhänger. 🙁
Du kommst ja gebürtig auch eher aus Süddeutschland, oder? Für meine Lakritztheorie… 😉
Durchhänger. Ja, irgendwie schon. Ich bewundere Blogger, die es jahrelang scheinbar mühelos durchhalten. Ich habe zur Zeit auch keine recht Lust zum Kochen, naja, konzentriere ich mich halt auf’s Backen und irgendwann kommt die Lust wieder – ist ja kein Zwang!
Ich liebe Lakritz und habe hier das erste mal von Waldlakritz gelesen. Ich habe sofort gegoogelt und muss das jetzt auch unbedingt ausprobieren. Mir scheint die Kombination wundervoll. Lass Dich nicht von der WH beschwatzen, das Rezept ist toll, so wie es ist.
Danke, Toettchen, Westfalen zählt ja auch irgendwie noch zum Norden, oder? Wir werden demnächst auch mal einen Waldausflug machen. 🙂
Liebe Grüße,
Eva
Was für ein schönes Schatzkisten-Rezept. Süßholz habe ich übrigens, jede Menge. Ich war so begeistert davon dass ich es im Asia-Shop gefunden habe, dass die Packung mitging. Jetzt weiß ich wenigstens, wohin damit 🙂
Danke, Susanne. Freut mich, dass es dir gefällt und mist, schon wieder ein statistischer Ausreißer. 😉 Und mir ging’s genauso, Süßholz? Hab’ zwar keine Ahnung wofür. aber es muss mit! Zum Glück habe ich die Impulskäufe inzwischen gut unter Kontrolle.
Ein mehr als ungewöhnliches Rezept. Ich frage mal meine Elfe, ob sie uns das kocht 😉
Danke, Mayumi. Ich hoffe, es wird euch schmecken! 🙂
Wow – was für eine Geschmackskombination – hört sich extremst interessant an…
Danke, Deifi. Es war in der Tat extrem köstlich. 🙂
Das ist ja ein absolut spannendes Rezept. Lakritze lieben wir beide sehr. Fenchel liebt mein Mann. Morcheln mögen wir nicht, aber es ginge ja auch ohne. Ich finde solche Experimente total klasse. Na, ich werd’s mal meinem Liebsten zeigen 😉
Liebe Grüße Maren
Danke, Maren. Und wie schön, dass ihr nicht “aus der Reihe tanzt”. 🙂 Und ohne Morcheln geht es auf jeden Fall!
Liebe Grüße,
Eva
Lakritzgeschmack gehört zu den ganz wenigen Sachen, die ich nicht mag. Schade! Deine Fotos schauen so einladend aus.
Danke, Susi. Und abschließend scheint sich meine Theorie im Großen und Ganzen zu bestätigen. Die Liebe zu Lakritz resp. Anisgeschmack scheint, je weiter man nach Süden kommt, schwächer zu werden. 🙂 Wobei es in anderen südlichen Ländern natürlich wieder anders ist, Pastis, Ouzo…
Hier hat Lakritz auch Hausverbot, also überlasse ich alle Vorräte der Welt gerne dir 🙂
Du untermauerst meine Theorie, danke. 🙂
Waldlakritz! Ich bin elekrtrisiert, und das sogar, obwohl ich die entsprechende Süßigkeit absolut garstig finde. Aber zum Kochen muss ich das auch mal ausprobieren… Die Liste wird mal wieder länger ;-).
Ja, das haben diese Listen an sich. 😉 Und Anis magst du doch sicher? Soviel anders schmeckt die Wurzel nicht und wo du Süßholzwurzel bekommst, weißt du ja. 🙂
Für Fans von Lakritze kann ich mir das gut vorstellen. Da fiel ich bei meinen schwedischen Kollegen immer auf, ich mag nämlich keine (ja, ein Haken bei süddeutsch bitte, für Deine Theorie! ;-)).
Wir hatten mal Risotto mit Tintenfisch und kross angebratener Blutwurst und Lakritze in der Kochflüssigkeit bei einem der ersten Foodblogger-Treffen, das schmeckte mir trotzdem. Käme also doch vielleicht mal auf einen Versuch an…
Danke, Barbara. 🙂
Es kommt definitiv (fast) immer auf einen Versuch an!
[…] Süße testweise damit: Käsekuchen, Lassi, Labneh, und eben den guten alten Vanille-Pudding. Kochpoetin Eva hatte vor einer Weile den herzhaften Einsatz gewagt – auch daran werde ich mich irgendwann […]