Wohl jeder Deutsche, der sich vor gut 25 Jahren einmal in ein griechisches Lokal (in Deutschland) gewagt hat, kennt sie. Calamari, frittierte Tintenfischringe in labberigem Teigmantel, zäh wie Autoreifen. Der erste Biss in einen solchen Ring zog das zäh-gummiartige Innenleben heraus. Zurück blieb der fettige Teigmantel. Selbst als Pommes- und süßverrücktes Kind schüttelte es mich nach einmaligem Probieren. Verständlich also mein Widerwille, als Herr H. mir am letzten Samstag begeistert ein Rezept unter die Nase hielt, das mit “Calamaretti” überschrieben war. Es half nichts, er wollte es unbedingt probieren. Seiner Erinnerung nach, erworben bei einem Aufenthalt auf Samos, waren Calamari köstlich zarte, intensiv nach Meer schmeckende Delikatessen. Zum seinem Glück lachten sie uns direkt an der Fischtheke des Feinkostgeschäfts an. Der freundliche Verkäufer klärte uns zudem noch über die Handhabe auf. Die Probe schien unter einem guten Stern zu stehen.
Für die Zimt-Tomaten:
- 4 kleine Tomaten, blanchiert, geschält (ich: mit Haut)
- 5 EL Olivenöl
- Fleur de Sel
- 1/2 TL Zimt
- 1/2 Zitrone, Saft
Ich verzichtete darauf, die Tomaten zu häuten, da ich befürchtete, sie könnten ansonsten im Backofen auseinander fallen. Im Foto aus dem Buch sind sie nicht sichtbar. Ich heizte den Backofen auf 100°C vor, schnitt das obere Drittel der Tomaten ab und höhlte sie aus. Dann legte ich Tomaten und -deckel auf ein mit Backpapier belegtes Blech, träufelte etwas Olivenöl in jeden Tomatenbauch und würzte mit Zimt und Salz. Nach einer Stunde holte ich das Blech aus dem Backofen, goß das Öl aus ihren Bäuchen in ein Schälchen, hackte die Deckel fein und vermischte sie mit Öl und Zitronensaft. Diese Mischung füllte ich zurück in die Bäuche und stellte die Tomaten warm.
Für die Ricottacreme:
- 2 EL Ricotta (ich: Fromage blanc)
- 1 EL Frischkäse
- 1/2 TL Tomatenmark
- 1 Spritzer Zitronensaft
- 1 Pr. Piment d’Espelette
- 1 Pr. Zimt
Ich gab alle Zutaten für die Creme in ein Schälchen, verrührte sie und kostete. Hui, die Creme war absolut köstlich, das hatte ich nicht erwartet. Herr H. hatte der weil die Calamaretti abgespült und den Kopf samt Innenleben heraus gezogen. Nun entfernte er das Schwert und wunderte sich darüber, wir spartanisch dieses Meereswesen aufgebaut war. Ein langer Muskel, ein kleiner Kopf und ein kurzes Rückgrat, reduced to the max, sozusagen. Ich hatte derweil beschlossen, die kleinen Tintenfische nicht kurz zu braten, sondern durch etwas übrig gebliebenen Ausbackteig zu ziehen und zu frittieren.
Für die Calamaretti:
- 6 kleine Calamaretti, gesäubert, in Ringe geschnitten
- Salz
- 1 Pr. Piment d’Espelette
- 1,5 EL Mehl
- 1 TL Speisestärke
- 1/4 TL Backpulver
- 30 g Wasser
- 1 kleines Eiweiß, steif geschlagen
Für den Teig hatte ich Mehl, Backpulver und Stärke in eine Schüssel gesiebt und nach und nach das Wasser mit dem Schneebesen untergerührt. Zuletzt hob ich den Eischnee unter den Teig, wendete die Calamaretti-Ringe erst in Mehl und dann im Teig, Herr H. hatte sie zuvor gewürzt, und frittierte sie bei ca. 175°C ca 1 – 2 Minuten. Dieses Mal konnte ich nicht bis nach dem Fotografieren warten. Ich stibitzte einen Ring und stecke ihn in den Mund. Himmlisch. Der Teig war dünn und knusprig, der Muskel zart und der Meer-Geschmack kräftig.
Fazit: Herr H. hatte Mühe sich angesichts des köstlichen Dufts aufs Fotografieren zu konzentrieren. Endlich konnten wir die kleinen Brüder der großen Kalmare in Ruhe probieren. Alles passte perfekt zusammen, die Creme zu den Tomaten und alles zu den Ringen. Einfach perfekt. Die wird es sicher in Zukunft häufiger bei uns geben, bis auch die letzte Erinnerung an das zähe Zeug aus meiner Jugend getilgt ist.
Aus: Gewürze Tanja Grandits
Oh, das gefällt mir. Nicht nur die Calamaretti, auch die Tomaten mit Zimt.
Meine Kinder übrigens, die lieben diese frittieren Gummireifen, die es in griechischen Lokalen oft gibt. Womöglich habe ich ja was falsch gemacht…..
Danke, Susanne. Nein, ich glaube nicht, dass du etwas falsch gemacht hast. Sabine hat doch kürzlich geschrieben, dass Kinder manchmal auch seltsame Sachen liebend gern essen, um die Eltern zu provozieren. 😉
Ihr grabt hier in schöner Kontinuität Dinge aus, die ich schlicht und ergreifend liebe! Zuletzt der Rhabarber (es fehlen noch Biskuit und Schoko-Sahne-Mousse, der Rest ist fertig :D), jetzt die Calamari… . Die Gummireifen lernte ich gleichfalls in Kindertagen kennen und hassen, den Geschmack zarten Tintenfischfleischs aber bald danach außerordentlich schätzen. Darum: Morgen ist Markt. Ich bin dann mal am Fischstand… 😉
Das Kompliment gebe ich dir gern zurück. 🙂
Freut mich, dass du schon fast am “Tortenziel” bist. Ich drücke dir die Daumen für den Rest!
Hat einwandfrei geklappt – und den Guss/die Güsse habe ich mir dann einfach geschenkt. Geschmacklich fanden wir’s auch gar nicht schlecht… tatsächlich hab’ ich aber schon spannendere Kombis probiert, v.a. mit Rhabarber. Anis passt z. B. ganz hervorragend dazu.
Oh, schade. Ich fand die Kombination sensatinell, aber ich habe ja auch noch nicht viel Rhabarber verarbeitet…
Ich ziehe alles zurück und behaupte das Gegenteil – nach einem weiteren Tag im Kühlschrank war sie gestern perfekt – fand auch der Kerl! Mal sehen, ob ich das allerletzte Stück gleich shcnell noch in Szene setze…
🙂
Unser Grieche vor Ort macht fantastische Calamari- Ringe…. genauso wie mein Lieblings-Sizilianer. Offensichtlich hatte ich immer Glück und mochte diese Teile schon von allem Anfang an- und bereite sie auch gelegentlich selber zu. Dringend in Bälde! Wenn ich dies so sehe…. köstlich.
Danke, Ninive. Ja, da hast du scheinbar echt Glück gehabt 🙂
oh, heute muss ich dich schnell wieder verlassen – Tintenfisch, nichts für mich (und ich gestehe: ich habe sie noch nie probiert, aber das bekomme ich einfach nicht über mich ;-))
Oh, schade. Naja, ich kann’s irgendwo verstehen, obwohl ich meist solche Sachen zumindest einmal probiere…
Vielen Dank fürs (mit)teilen, liebe Eva. Das lesen hat wieder Spaß gemacht.
Vor 25 Jahren standen bei mir noch andere Dinge auf dem Speiseplan 😉 Vielleicht sollte ich darüber bloggen? Aber ich glaube kaum, dass Kindermenüs großen Anklang finden. 😀
Danke, Mayumi. 🙂
Warum nicht? Vielleicht hattest du ja schon als Kind einen besonderen Geschmack. 😉
Ich habe auch beides: Horrorerinnerungen aus jungen Jahren, traumhafte von einem Urlaub mit Ferienwohnung auf Mallorca, wo wir die Calamaretti selbst zubereiteten.
Tomaten mit Zimt – ich glaube, die sind heute noch fällig, auch ohne Meeresgetier…
Liebe Grüße
Cheriechen
Ich hoffe, sie haben geschmeckt. Ich war erst skeptisch, fand die Kombination dann aber so köstlich, dass ich sie für die Socca genauso gemacht habe.
Liebe Grüße,
Eva
Eine schöne Kombination. Fisch darf ich ja nicht mehr, aber der Italiener würde sich sicherlich über ein paar Calamaretti freuen. Vielleicht ja jetzt im Urlaub, ansonsten werde ich nach dem Urlaub mal danach schauen.
Danke, Sandra. Der Italiener wird auf Ibizza sicher fündig werden. Und für dich gibt es sicher auch etwas fischloses. 🙂 Ich wünsche euch einen herrlichen Urlaub!
Das klingt sehr gut. Ich hab auch schon mal Tomaten mit Zimt gemacht und festgestellt, dass das ausgezeichnet zusammenpasst. Von diesem Kochbuch hab ich schon des öfteren nur Gutes gehört – vielleicht heb ich das Kochbuchverbot für mich noch mal auf 😉
Ich finde das Buch ziemlich inspirierend und bislang haben (mit winzigen Abstrichen) auch alle vier daraus nachgekochten Gerichte gut geklappt. Allein die Fotos im Buch bilden nicht die “Realität” ab…
Du Glückliche – echte Calamaretti! Das gibt es wirklich nur daheim oder an den südlichen Gestaden.
Liebe Grüße
Gerd
Ich weiß es zu schätzen. 🙂
Liebe Grüße,
Eva
Sieht lecker aus. Beim Besuch auf Hamburgs Isestrassen-Markt letzte Woche habe ich solche kleinen Calamari auch gesehen (aber natürlich keinerlei Gelegenheit zum Kochen in unserem Airbnb).
In Maine gibt es derlei nicht. Also kann ich mich nur über deine schönen Fotos freuen.
Danke, Karin. Du warst also kürzlich hier auf Heimatbesuch sozusagen. Hättest du was gesagt…
Naja, in Maine gibt’s dafür, wenn ich mich recht entsinne, Scallops und Lobster satt, auch nicht schlecht. 😉
Ich liebe Calamaretti in den unterschiedlichsten Variationen – fritiert habe ich sie aber noch nie selbst (dafür so immer begeistert in Griechenland gegessen ;-)) Tanja Grandits Buch muss ich unbedingt mal wieder zur Hand nehmen! Die Zimttomaten klingen super! Liebe Grüße Melanie
Falls du es mal probieren willst, kann ich den Tempurateig wärmsten empfehlen, mein bester bislang. Ja und auf das Buch bin ich tatsächlich durch dich aufmerksam gewoden, danke!
Liebe Grüße,
Eva
Das klingt herrlich nach Sommer, liebe Eva! Und der ist ja jetzt unverkennbar da.
Manchmal wünschte ich ja, es gäbe sie noch, die in all ihrer kulinarischen Schrecklichkeit letztlich auch wunderbar unprätentiösen Restaurant-Besuche vergangener Jahrzehnte… An die Gummireifen-Calamaris erinnere ich mich auch noch ;-).
Ja, er ist da, der Sommer, auch wenn er heute (zum Glück) ein kleines Päuschen macht. Die unpretentiösen Restaurants gibt es schon noch, ich mag nur nicht mehr hinein gehen. In die pretentiösen allerdings auch nicht, bleibt nur das Selber-Kochen. 🙂
Mmmh, vielleicht sollte ich das doch noch mal irgendwo probieren. Eingangs von dir beschriebene Tintenfischringe sind mir nämlich als Kind häufiger unter gekommen – was dazu geführt hat, dass ich sie seit ich selber koche tunlichst gemieden habe. Aber offensichtlich müssen die Dinger nicht zäh wie Gummi sein 😉 Und die Kombi mit dem Zimt finde ich auch spannend. Gerade mit der Tomate geht das bestimmt gut!
LIebe Grüße, Tring
Auf jeden Fall probieren. Die waren wirklich sehr zart und lecker! Der Fischverkäufer meinte nur, es sei wichtig, sie nur ganz kurz bei starker Hitze zu garen.
Liebe Grüße,
Eva
Fromage blanc … Braucht man wohl, nachdem ich das nun schon mehrmals bei dir gelesen habe.
Die Calamari wären jetzt genau das, was ich gern hätte! Ich liebe sie.
Ich weiß nicht, ob man den “braucht”. Schmeckt schon fein, aber eine Mischung aus Frischkäse und Joghurt tut’s auch. 😉
Oh! Danke. Dann erspar ich mir das Suchen.