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Rather British

meatballs 12

Das Kalbshack war aufgetaut. Herrn H. gelüstete es nach Fleischbällchen, über eine genaue Zubereitungsart war noch nicht entschieden. Während ich innerlich seufzte und mich auf ein sehr spätes Abendessen einstellte, blätterte er, hielt inne und rief begeistert aus, dass er nun das passende Rezept gefunden hätte. Ich sah es mir an, las den Titel des Rezepts, “Lammbällchen mit Rosmarin” und wies ihn darauf hin, dass wir doch gar kein Lammhack hätten. Quatschkram, entgegnete er, mit entsprechender Anpassung der Würzung sei das überhaupt kein Problem und er sei ganz besonders wild auf den Yorkshire Pudding. Im Gegensatz zu mir hatte er nicht als Austauschschüler zum Sunday Roast bei der Großmutter gemusst. Meine Erinnerung an diese Begebenheit ließ mein Herz beim Wort Yorkshire Pudding nicht zwangsläufig höher schlagen, milde ausgedrückt. Aber was tut man nicht alles.

Für die Lammbällchen mit Rosmarin:

  • 1 EL Olivenöl
  • 1 kleine Zwiebel, fein gewürfelt
  • 2 Knoblauchzehen, zerdrückt (ich: 1, fein gehackt)
  • 1 Ei Gr. S (ich: ich Scheibe Weißbrot, gewürfelt, für 10 Minuten in ca. 50 g Joghurt eingeweicht)
  • 250 g Lammschulter, durchgedreht (ich: 250 g Kalbshack)
  • 50 g Semmelbrösel (ich: weg gelassen)
  • 1 EL fein gehackte Rosmarinnadeln
  • 1 EL frische, gehackte Petersilie
  • 1 TL körniger Senf (ich: Dijonsenf)
  • abgeriebene Schale 1/2 Zitrone
  • 1 TL Zitronensaft
  • 1/2 TL Salz, schwarzer Pfeffer

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Während ich alle Zutaten bereit stellte, dünstete Herr H. die Zwiebeln glasig, fügte zuletzt den mit groben Meersalz gemörserten Knoblauch hinzu und ließ die Zwiebel-Mischung anschließend abkühlen. Ich hatte bereits geahnt, dass er kein Jota vom Rezept abweichen würde, konnte aber immerhin die Joghurt-Brot-Variante statt des Eis durchsetzen. Irgendwie bekommen Fleischbällchen dadurch eine herrlich saftige Konsistenz. Herr H. knetete den Teig hingebungsvoll und stellte ihn für eine halbe Stunde kalt. Dann formte er flache Klopse, die er in Butterschmalz knusprig braun briet. Dabei fluchte er ununterbrochen, da unsere beschichtete Green pan anscheinend einen unsichtbaren Belag hatte, der dafür sorgte, dass die Bällchen ständig wieder ansetzten. Da half auch kein zusätzliches Fett.

Für das Ofengemüse:

  • einige kleine neue Kartoffeln, halbiert
  • 1 rote Spitzpaprika, grob gewürfelt
  • 1 Zucchino, grob gewürfelt
  • 1 Stange Staudensellerie, in dünne Scheibchen geschnitten
  • 2 kleine Möhren, in feine Scheiben geschnitten
  • 3 kleine Tomaten, geachtelt
  • 1 rote Zwiebel, in Spalten geschnitten
  • 1 EL frisches Bergbohnenkraut, abgestrippelt, gehackt
  • 2 EL Olivenöl
  • 2 EL flüssiger Honig
  • 1 TL Zitronensaft
  • Meersalz, schwarzer Pfeffer
  • 4 EL geröstete Pinienkerne (ich: weg gelassen)

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Man kann für das Ofengemüse alles aus dem Kühlschrank zusammensammeln und muss nur darauf achten, die Größe der Stückchen der unterschiedlichen Garzeiten anzupassen. Ich heizte den Backofen auf 220°C vor, während Herr H. sich um das Zerkleinern kümmerte. Dann verrührte ich Honig, Olivenöl und Gewürze in einer großen Schüssel (zu der es einen Deckel gibt), gab die Gemüsewürfel hinein und schüttelte alles (mit geschlossenem Deckel) kräftig durch. Wirklich jeder Würfel wird so gleichmäßig mit der Würzsauce überzogen. Nun gab ich das Gemüse in eine flache Auflaufform und stellte es in den Backofen. Alle 10 Minuten rührte ich es gut durch. Nach einer guten halben Stunde war es fertig.

Für den Bowler (Yorkshire) Pudding (5 10 cm Formen):

  • 1 Ei
  • 100 g Milch
  • 50 g eiskaltes Wasser
  • 60 g Mehl
  • 1 Prise Salz
  • Pflanzenöl oder Rindertalg (ich: Butter)

bowlerpudding serie

Den Teig hatte ich bereits parallel zu der Hackmasse bereitet, da er mindestens eine Stunde (besser über Nacht) kalt ruhen soll, damit das Mehl quillt. Ich hatte Ei, Milch und Eiswasser in einer Schüssel gründlich verschlagen, das Mehl darüber gesiebt und dabei immer weiter gerührt, damit sich keine Klümpchen bildeten. Da ich keine Pastetenbackform besitze, hatte ich 5 Tarteletteförmchen mit jeweils etwas Butter bepinselt und für 10 Minuten in den heißen Backofen gestellt. Die Form sollte sehr heiß sein, bevor man den Teig einfüllt, da er ansonsten nicht aufgeht. Nun befüllte ich alle Förmchen zu 2/3 und stellte sie in den 220°C heißen Backofen. Nach 20 Minuten waren sie goldbraun und herrlichen aufgegangen. Ich liebe solche Erstversuchserfolge!

Für die Rotweinsauce:

  • 1 EL Olivenöl
  • 2 Schalotten, in feine Ringe geschnitten
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 kleine Knoblauchzehe, zerdrückt
  • 1 kleiner Zweig Rosmarin
  • 15 g Rotweinessig
  • 1 TL rotes Johannisbeergelee
  • 200 g Rotwein
  • 200 g Geflügel- oder Lammfond
  • 10 g kalte Butter

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Während ich die Schalottenringe weich dünstete, knurrte mein Magen laut vernehmlich. Kein Wunder, es war schließlich schon 21 h. Ich fügte Knoblauch und Rosmarin hinzu, dünstete unter Rühren weiter und gab Essig und Gelee in den Topf. Nach kurzer Zeit hatte sich eine sirupartige Konsistenz entwickelt. Ich goß den Rotwein an, ließ ihn um die Hälfte reduzieren und endlich den Fond. Alles sollte nun um ca. 2/3 reduziert werden. Der gute Geruch entschädigte uns für die gefühlte Ewigkeit, die das dauerte. Ich passierte die fertige Sauce, gab sie zurück in den abgespülten Topf, schmeckte mit Salz und Pfeffer ab und rührte die kalte Butter in Stückchen mit dem Schneebesen unter. Fertig!
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Fazit: Während des Fotografierens strahlte Herr H. mit der glänzenden Sauce um die Wette. Wir verzichteten darauf, die Bilder sofort zu sichten, darauf vertrauend, dass sie schon gut genug wären. Ich richtete an und wir probierten. Hammer! Selten habe ich so spät und so köstlich gegessen. Der Pudding war fluffig und zart, die Rotweinsauce kräftig und vielschichtig, die Fleischbällchen perfekt und das Ofengemüse genau richtig gar. Nachdem wir alles wirklich bis zum letzten Saucenrest verputzt hatten, lehnten wir uns beide satt zufrieden zurück. Herr H. merkte am nächsten Tag beim Bearbeiten der Bilder an, das wir dieses umwerfende Gericht möglichst zeitnah noch einmal kochen müssten. Ich hatte nichts dagegen einzuwenden.

Aus: Fleischbällchen – Ein Kult erobert die Welt Jez Felwick

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  1. Gut Ding will Weile haben, noch ein Spruch meiner Frau Mutter. Und Gutes ist heraus gekommen. Sofort setze ich mich an den Tisch.Hmmm.

    • Da hat deine Mutter wahr gesprochen. 😉 An unserem Tisch ist (fast) immer ein Platz frei.

      • Sei vorsichtig, liebe Eva, was nicht einmal die Musicals schafften, dir und deinen Torten könnte es gelingen.

        • Musicals habe ich mir auch noch nicht angesehen. Ich wohne hier halt nur und Torte kannst du jederzeit bekommen. 😉

  2. Oh, das merk’ ich mir für in drei Wochen, wenn ich zum Kerl fahre und dort ebenfalls drei Wochen vermutlich nichts besseres zu tun haben werde, als das Hausfräulein zu spielen (oder die Gegend unsicher zu machen). Das wird ein Fest!

    • Das klingt nach einem herrlichen Urlaub. 🙂
      Unserer ist zum Glück eine Woche weniger weit entfernt, währt aber dafür leider auch nicht so lange. Dafür gibt es dort einen Gasherd und viiieell frischen Fisch.

      • Soeben verzehrt und für hervorragend befunden. Mal schauen, wenn die Bilder einigermaßen sind, gibt’s den Blogbeweis ;). Schöne Grüße aus Österreich!, vom Gipsfuß-Kerl und mir

        • Oh, das freut mich! Also natürlich nicht das mit dem Gipsfuß (wie konnte das denn passieren???). 😉 Ich wünsche gute Besserung und trotzdem eine gute Zeit in Österreich!

      • Mein Kerl ist im Rahmen eines freundschaftlichen Fußballturniers zwischen örtlichen Laser-Firmen zu einem gloriosen Angriff gestartet und wurde verteidigt: umknicken & Außenbandriss. So schnell kann’s gehen. Nur gut, dass ich gerade hier bin!

        • Ach du meine S*. So etwas ist wirklich zu und zu ärgerlich. Ganz liebe Grüße und Genesungswünsche noch einmal. Ich hoffe, der Kerl besitzt eine gutes “Heilfleisch”!

  3. den Yorkshire Pudding könnte ich mal probieren – den ersten und einzigen hatten wir in London, (gemeinsam mit Eline vom Küchentanz und ihrem H) und der (der Pudding, nicht H) war offensichtlich aufgewärmt und nicht mehr sehr gut …

    • Wieder aufgewärmt kann ich mir den Pudding so gar nicht vorstellen, aber frisch ist er wirklich ein Genuss. Hat was von einer österreichischen Mehlspeise, wobei ich mich bei denen nicht besonders gut auskenne… 😉

  4. Ganz und gar wunderbar, da würd ich mich auch sofort mit an den Tisch setzen.

    • Danke, Ninive. Wie gesagt, es ist (fast) immer ein Platz frei. 🙂

  5. Für dieses Gericht hätte ich auch bis 21h ausgeharrt. Ganz im Gegensatz zu Herrn C., der spätestens fünf Minuten nach der Heimkehr gefüttert werden muss, bevor er unleidig wird.

    • Es war sogar 21h30. 😉 Aber ich habe gern gewartet. Unleidig wird Herr H. nur, wenn ich mich zu nichts entscheiden kann und ewig abwäge, was wohl “am besten” wäre. In der “Schaffensphase” hingegen gehen wir irgendwie beide so auf, dass der Hunger vergessen wird. 😉

  6. Interessant für mich ist der Honig am Ofengemüse, machte ich so noch nie. Ich hätte vermutlich das Ei genommen, es bindet gut. Die Fleischbällchen sind sicher Klassen schmackhafter als die Bällchen hier, genannt Luuk Chin.

    • Den fand ich auch interessant und das Gemüse war sehr köstlich, vor allem durch das gelegentlich Umrühren. Die Joghurt-Mischung bindet auch sehr gut. Ich benutze sie fast nur noch. Und dass Luuk Chin nicht schmackhaft sind, kann ich fast nicht glauben. 😉

  7. Klasse! Ich ab zwar grade gefrühstückt, aber ich könnte davon jetzt etwas vertragen.
    Ofengemüse mache ich auch gerne – und beim nächsten Mal probiere ich da den Dreh mit der Schüssel.
    Yorkshire Pudding steht schon recht lange auf meiner imaginären Liste….ich überlege grade…bestimmt kann man die doch auch in einem Muffinblech backen.

    • Danke, Susanne. Direkt nach dem Frühstück bin ich meist schwer zu begeistern – so wie jetzt gerade. Mhmmm, die Brötchen waren wirklich lecker!
      Das Schüssel-Schütteln ist wirklich praktisch, vorausgesetzt, man hat einen Geschirrspüler. 😉 Und Yorkshire-Pudding wird dir ganz bestimmt schmecken. Ist wirklich einfach und ersatzweise steht auch die Muffinform im Rezept.

  8. Ich liebe Yorkshire Pudding! Davon hätte ich gerade nur zu gerne, sieht richtig lecker aus dein Teller 🙂 Besitze selber auch keine Pastetenbackform, backe die Bowlers aber immer in feuerfesten Cocotten, das funktioniert fantastisch! Und das Ofengemüse mit Honig werde ich demnächst mal testen!

    • Danke, Marco. Das ist eine gute Idee. Ich habe leider nur 2, sonst hätte ich sie auch benutzt. 🙂

  9. turbohausfrau turbohausfrau

    Das klingt wirklich verdammt aufwändig, aber ist offenbar den Aufwand wert. Ausschauen tut es genial!
    Ich bin ja auch ein Fan von dem Fleischbällchen-Buch. Mir war vorher wirklich nicht klar, wie vielfältig die Wohlfühlkugerln sein können.

    • Danke, Susi. Ja, ein Express-Gericht ist es nicht, aber der Aufwand lohnt sich (wie fast immer).
      In dem Buch gibt es noch das ein oder andere schöne Rezept, nur die Fischbällchen gefallen mir nicht sonderlich.

  10. Sieht köstlich aus, nur den Pudding müsste ich weg lassen… Den habe ich gerade die Tage bei Nigella gesehen und sie sagte, dass er nicht wirklich über Nacht ruhen muss – scheint wohl zu stimmen 😀
    Manchmal ist es doch gut, dass wir nachgeben, die Belohnung folgt öfters 😉

    • Danke, Sandra. Stimmt. Die lange Ruhezeit gehört scheinbar in die Rubrik “Ammenmärchen”.
      Und ja, das sehe ich auch so. 🙂

  11. I like rather British. Das sind ja ganz tolle Rezepte, ganz nach meinem Geschmack. Mein letzter Yorkshire Pudding ist daneben gegangen, Deine sieht richtig gut aus.
    Liebe Grüße
    Toettchen

    • Ich habe beim Schreiben auch an dich gedacht. 🙂 Das Pudding-Rezept scheint gelingsicher zu sein – es war mein erster.
      Liebe Grüße,
      Eva

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