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Um den Finger gewickelt

schupfnudeln 1

Seit einiger Zeit treiben mich verstärkt seltsame Gelüste um. Ich kann es mir partout nicht erklären. Im Kühlfach lagerten die erntefrischesten, aromatischsten Gemüse und entlockten mir nur ein leichtes Gähnen. Was also willst du?, fragte ich mich verzweifelt am Abend. Sauerkraut, kam die prompte Antwort. Ich versuchte es mit allen Tricks und Mitteln, allein es half nicht. Der Körper wollte das Kraut. Auch wenn er noch so schöne, saisonale Verlockungen angeboten bekam. Ich ergab mich und machte mich auf die Suche nach kompatiblen Begleitern. Und stolperte über die großen, deutschen Brüder der eleganten italienische Gnocchi. Finger- oder Schupfnudeln. Yippie, auch Herr H. war sogleich Feuer und Flamme. Es konnte losgehen!

Für die Schupf- oder Fingernudeln:

  • 250 g Kartoffeln, in der Schale gegart
  • 1 kleines Ei
  • ca. 35 g Mehl
  • 20 g Butter
  • Salz, schwarzer Pfeffer, Muskat
  • Hartweizengrieß für die Arbeitsfläche
  • Butterschmalz zum Ausbraten

schupfen serie

Ich pellte die die noch heißen Kartoffeln, gab sie durch die Presse in eine Schüssel und vermengte sie mit den übrigen Zutaten. Der Teig war recht weich und noch leicht klebrig, deshalb bestreute ich die Arbeitsfläche mit reichlich Hartweizengrieß. Ich rollte zwei ca. 2 cm dicke Stränge und schnitt davon ca. 4 cm lange Stückchen ab. Diese rollten Herr H. und ich gemeinsam zu Schupfnudeln, die zu den Enden hin dünner werden. Die fertigen Schupfnudeln lagerte ich auf einem begrießten Tuch. Ich kochte reichlich Wasser auf, salzte es, reduzierte die Hitze, so dass das Wasser nur noch leicht siedete und ließ eine Schupfnudel probehalber hineingleiten. Sie tat mir den Gefallen und stieg nach kurzer Zeit anmutig trudelnd auf. Also garte ich die restlichen Schupfnudeln portionsweise, schreckte sie anschließend kalt ab und lagerte sie auf einem Teller. Herr H. briet sie portionsweise in reichlich Butterschmalz knusprig aus.

Für das Apfel-Sauerkraut:

  • 1 kleine Zwiebel, fein gewürfelt
  • Butterschmalz zum Anbraten
  • 1 Apfel, fein gewürfelt
  • 200 g Sauerkraut
  • 1 EL Zucker
  • 125 g Fleischbrühe (oder Gemüsebrühe)
  • 1 TL Wacholderbeeren, angedrückt
  • 1/2 TL Kümmelsamen
  • 1 Lorbeeblatt
  • Salz, schwarzer Pfeffer

kraut serie

Es empfiehlt sich, mit dem Kochen des Sauerkrauts zu beginnen. Es sollte ca. 1 Stunde sanft köcheln. Ich schwitzte die Zwiebelwürfel glasig, fügte Apfelwürfel und Zucker hinzu und ließ alles leicht karamellisieren. Dann gab ich die restlichen Zutaten in den Topf, legte den Deckel auf und ließ das Kraut köcheln. So einfach, so gut. Als die Schupfnudeln fertig gebräunt waren, parkte ich sie kurz im Backrohr, bis Herr H. den Fototeller abgelichtet hatte. Der Geruch der gebratenen Schupfnudeln war kaum auszuhalten.
schupfnudeln 2

Fazit: Ein Klecks Crème Fraîche machte sich sehr gut zum Sauerkraut. Die Schupfnudeln waren unglaublich delikat! Die knusprige, dünne Hülle gab beim Anbeißen ein cremig-luftiges Innenleben preis. Viel zu schnell waren die Teller geleert. Herr H. merkte an, dass ihm das Kraut, auf diese Art zubereitet, noch viel besser geschmeckt hätte als das letzte. Mir waren beide Varianten gleichermaßen recht. Und ich fürchte, hiermit einem neuen Laster erlegen zu sein. Fortan werden wohl die meisten Kartoffeln als Schupfnudeln enden. Wer braucht schon Fritten oder Gnocchi, wenn er Fingerchen haben kann? Was für ein genial einfaches Festessen!

Frei nach einem Rezept aus dem handschriftlichen Kochbuch, Quelle leider unbekannt

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  1. Schwäbische Herrlichkeit…. hier vermählen sich Kraut und Schupfnudeln meistens in riesigen Pfannen. Und dein Rezeot für die Nudeln nehm ich mit, hab ich nämlich noch nie selber gemacht.

  2. Ich esse momentan auch total gerne Sauerkraut 😉 obwohl ich es sonst gar nicht soo mag… unser Metzger nebenan hat aber so leckeres, das er selbst macht, das könnte ich ja dann auch mal mit deinem Rezept hier versuchen 🙂

    • Auf jeden Fall! Und wie schön, dass ich mit meinen Gelüsten nicht allein da stehe. 🙂

  3. Schupfnudeln! Die habe ich schon ales Kind geliebt!! Muss ich auch unbedingt mal wieder machen, die gab es schon ewig nicht mehr. Sauerkraut ist nicht so ganz meins, aber er liebt es dafür um so mehr 😉

    • Echt? Ich habe sie erst vor ein paar Jahren kennengelernt. Kartoffeln gab’s höchstens mal als “Puffer”, die allerdings habe ich sehr geliebt. 9 – 10 Stück waren kein Problem. 🙂

  4. Ich. kann. keine. Schupfnudeln.
    🙁
    Wirklich nicht. Die Dinger sehen bei mir aus, wie etwas nach einem Autounfall. Dagegen sind Deine wie gemalt 🙂

    • Danke, Astrid. Wenn ich mir allerdings so deine letzten Nudelkunstwerke Revue passieren lassen, dann fällt es mir wirklich schwer, dir das zu glauben. 😉

  5. Eva Eva

    da kommen (schwäbische) Heimatgefühle auf! Ich liebe dieses Gericht!! – und – wie Arthurs Tochter sagt – PERFEKT, wie gemalt!!

    • Danke, Eva. Peinlich, peinlich, da muss ich wohl nochmal ein wenig zur Geschichte der Schupfnudel forschen… 😉

  6. turbohausfrau turbohausfrau

    Sauerkraut mit Schupfnudeln! So etwas Feines! Bitte das ist nicht nur deutsch, sondern das essen wir hier in Österreich auch. Gern sogar. Also ich zumindest. 🙂

    • Aha, nicht nur schwäbisch. Und sie heißen bei euch tatsächlich auch Schupfnudeln?

  7. Badische Herrlichkeit …… und hier heißen die Dinge “Buebespitzle”
    Liebe Grüße
    Gerd

    • Danke, Gerd. Schön, dass wenigstens einer gleich die erforderlichen Infos mitliefert! 😉
      Liebe Grüße,
      Eva

  8. Haha, das mit den unerklärlichen, plötzlich aufkommenden Gelüsten kenne ich nur all zu gut 🙂 Ich hatte kürzlich unbeschreibliches Verlangen nach Sardellen – und habe gleich eine ganze Dose voll verputzt. Pur, bloss mit etwas Brot, inkl. anschliessender Seehund-Fahne 😉
    Deine Schupfnudeln sehen jedenfalls klasse aus! Viel zu lange her, seit ich das das letzte Mal gemacht habe!

    • Danke, Marco. Puh, Sardellen? Nach denen hat es mich noch nie gelüstet – nicht, dass ich sie nicht mögen würde, aber eher so zum “Würzen”. Oder meist du Sardinen? Die mag ich partout nicht mehr, weil ich danach stundenlang aufstoßen muss *brrr*.

  9. Solche Gelüste kenne ich nur zu gut. Bei uns zu Hause stehen im Moment auch noch zwei Becher mit dem frischen jungen ersten Sauerkraut für diese Saison – das braucht man übrigens keine Stunde zu kochen 😉

    • Willkommen im Bunde. 🙂
      Mein Kraut hätte durchaus auch eine kürzere Garzeit vertragen, stand halt so im Rezept und ich habe festgestellt, dass es dadurch viel bekömmlicher wird.

  10. Voll das Winteressen. Liebe Frau Kochpoetin auch der Spätsommer hat poetische Gerichte.

    • Alles eine Frage der Interpretation und des Appetits. 😉

  11. Schupfnudeln! Muss ich auch endlich mal wieder machen! Eigentlich gibt es die hier oft, bloß in letzter Zeit sind sie in Vergessenheit geraten.
    Sauerkraut muss ich noch nicht haben……das dauert noch ein wenig, bis ich darauf Lust habe.

    • Zu Schupfnudeln gibt es ja durchaus auch andere Begleitung. So ein paar Pfifferling in Rahm… 😉
      Für Sauerkraut gibt’s doch irgendwie keine Saison. Das gibt’s das ganze Jahr über, so wie Gewürzgurken.

      • Ja schon; ich mag es bloß nicht das ganze Jahr über essen 🙂

        • Ich ja auch nicht, ist halt nur so eine komische Phase. 🙂

  12. Feines Herbstessen, bei 15°C Höchsttemperatur würde ich da auch Gelüste bekommen. Ich genieße im Moment noch den Sommer im Süden, da gelüstet es nach den vollreifen Tomaten vom Bauernstand.

    • Danke, Richensa.
      Ich in verwirrt. Dachte, dass seien “nachträgliche” Reiseberichte. Du bist also noch unterwegs? Wie herrlich! Ich wünsche dir noch hoffentlich viele wunderschöne Tage!

  13. Sieht ganz toll aus. Inzwischen kann ich auch ganz deutlich mit “ja, will ich sofort essen” zustimmen. Aber …
    Ein Gericht aus meiner Jugend und fast das erste, das ich damals als 12jährige ganz ohne Mama oder Oma kochen konnte. Bei uns Zuhause (ich bin in einem Ingolstädter Dorf aufgewachsen) hieß das immer Fingernudeln. Und mich erstaunt auch heute noch, dass die Fingernudeln wie Gnocchi erst mal ins kochende Wasser geworfen werden. Bei uns wurden und werden sie nur in der Pfanne ausgebacken, schließlich sind die Kartoffeln ja bereits gekocht. Wunderbar knusprig wurden sie dann mit Apfelmus bei uns serviert (kein Wunder, die “Reiberdatschi” essen wir ja dann mit “Blaukraut : )
    Verkehrte Welt.
    Und komischerweise habe ich die Schupfnudeln das erste Mal gesehen, da war ich weit über 30, habe sie damals das erste Mal auf Märkten in Hessen gesehen.
    Und nein, ich habe keine Ahnung, warum es die Fingernudeln bei uns mit Apfelbrei gab und nie mit Sauerkraut.
    Ganz liebe Grüße 🙂
    Sabine

    • Danke, Sabine. Warum die Schupfnudeln (wie die Gnocchi) noch einmal gekocht werden? Ich könnte mir vorstellen, dass das zugegebene Mehl sich durch das Kochen verändert (genießbar wird). Ob das auch passieren würde, wenn man sie nur brät?
      Und zum Apfelbrei, ja, das ist eben regional unterschiedlich. Als Kind bereitete mir meine Urgroßmutter stets Kartoffelkuchen (“Plinsen”) aus rohen, durch den Fleischwolf gedrehten Kartoffeln. Die gab es auch mit Apfelmus und natürlich reichlich Zucker – Sauerkraut hätte ich damals wohl nicht eines einzigen Blickes gewürdigt. 😉
      Liebe Grüße,
      Eva

  14. Der Hesse in mir versteht diesen Drang nach Sauerkraut sehr gut! Neulich hab ich mich auch dabei erwischt, wie ich bei schönstem Altweibersommerwetter an Grünkohl dachte… Dafür muss es ja nur richtig frostig sein. Sauerkraut geht schon im Herbst 😉

    • Danke, Julia. Schon fühle ich mich nicht mehr gar so absonderlich. Ich finde eh, dass immer alles erlaubt ist, wonach einem gelüstet! 🙂

  15. Schupfnudeln kannte ich bis jetzt auch noch nicht und habe bisher immer nur Gnocchis gemacht. Werde ich unbedingt mal ausprobieren, weil sie auf den Bildern schon total köstlich aussehen. Wirklich ein tolles Gericht, das meiner Meinung nach überhaupt kein Fleisch benötigt. Ich teste schon länger das vegetarische Essen und habe Fleisch durch die diversen tollen Rezepte bisher überhaupt nicht vermisst.

    • Danke, Andreas. Schupfnudeln und Gnocchi unterscheiden sich tatsächlich nur in der Form, schmecken aber durch das knusprig braten schon anders. Zum vegetarischen Essen, ähm, ich muss gestehen, dass wir zu diesem Essen noch zwei klitzekleine angebratene Kohlwürstchen hatten. 😉 Es wäre natürlich auch ohne gegangen…

  16. […] auch ein Sauerkrautschaum. Für den war an diesem Abend leider keine Zeit mehr, ebenso wie für die Schupfnudeln. Stattdessen servierte ich das Kraut mit Pommes. Dieses Mal mit ca. 1 TL gemahlenem Kümmel und […]

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