Eine Frage, die sich mir immer wieder stellt, ist, was unterscheidet ein gutes Essen von einem überdurchschnittlich gutem Essen? In der Regel reicht ein winziger Dreh, ein ungeahntes Kraut oder Gewürz, etwas Süße oder Säure, etwas Knuspriges im Cremigen oder umgekehrt. Ob ein Clou ein Gericht raffiniert macht oder es einfach nur zerstört, weil er unpassend, zuviel, zu wenig, was auch immer ist, hängt von großem, nahezu magischem Fingerspitzengefühl ab, das ich mir seit Jahren mühsam zu erarbeiten versuche – in die Wiege wurde es mir leider nicht gelegt. Dieses Fingerspitzengefühl ist unglaublich schwer zu erlernen, basiert auf zahllosen Versuchen und Fehlschlägen, derer es im Laufe der Zeit viele gibt, und Speicherungen von Erfolgen. Deshalb bin ich immer wieder dankbar, wenn ich ein Rezept finde, das mir die Suche nach dem Clou abnimmt, wie es am Sonntag Abend geschah. Ein Kartoffel-Kohlrabi-Gratin mit dem gewissen Etwas.
Für das Kürbiskern-Pesto:
- je 15 g Basilikum und Petersilie, ggf. gesäubert
- 25 g Kürbiskerne, trocken geröstet
- je 1 EL Oliven- und Kürbiskernöl
- 1 EL Parmesan, fein gerieben
- Zitronensaft zum Abschmecken
- Salz, schwarzer Pfeffer
Fairerweise muss ich gestehen, dass Herr H. das Rezept ausgewählt hatte, da es ihn an ein früheres erinnerte, das eine zeitlang häufiger bei uns auf dem Tisch stand und dann, weil unnotiert, in der Versenkung verschwand. Ich gab alle Zutaten für das Pesto in den Zerkleinerer und ließ ihn laufen, bis eine cremige Paste entstanden war. Diese schmeckte ich mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft ab. Natürlich hätte ich das Pesto auch im Mörser zubereiten können, dadurch würde der Geschmack deutlich verbessert werden. So wird es zumindest behauptet. Aber dazu war ich schlicht zu bequem. Auch die “faul” zerkleinerte Paste schmeckte schon einmal köstlich.
Für das Kartoffel-Kohlrabi-Gratin:
- 400 g Kartoffeln, idealerweise mehlig kochend, geschält, in 2 mm dünne Scheiben geschnitten oder gehobelt
- 300 g Kohlrabi, geschält, in 3 mm dünne Scheiben geschnitten oder gehobelt
- (ich: ca. 150 g Hühnerbrust, geräuchert, ungeräucherte geht natürlich auch, beim Räuchertofu wäre ich nicht so sicher, in dünne Scheiben geschnitten)
- 100 g Sahne
- 50 g Milch
- Salz
- Butter für die Form
- Parmesan zum Bestreuen
Ähnlich einer Lasagne werden die einzelnen Zutaten überlappend in die gebutterte Form geschichtet. Zuerst eine Lage Kartoffelscheiben, etwas Salz, eine Lage Kohlrabi, eine Lage Huhn, wieder Kohlrabi, etwas Sahne-Milch-Mischung, Pesto, eine letzte Schicht Kartoffeln, die restliche Milch-Sahne-Mischung, Parmesan. Herr H. hatte zuvor den Backofen auf 200°C vorgeheizt. Ich schob das fertig geschichtete Gratin hinein und stellte den Timer auf 50 Minuten. Nach 30 Minuten musste ich die Form abdecken, da der Parmesan schon recht stark gebräunt war. Nach 60 Minuten waren Kartoffeln und Kohlrabi butterweich und hatten die Flüssigkeit fast vollständig aufgenommen. Ich nahm die Form aus dem Backofen, ließ sie noch 10 Minuten ruhen und füllte dann unsere vorgewärmten Teller. Der betörende Geruch machte das Fotografieren einmal mehr zur Willensprobe.
Fazit: Das zweckentfremdete Pesto und die geräucherte Hühnerbrust machten aus dem schlichten Gratin eine Delikatesse. Was würde ich darum geben, mir so etwas einfach ausdenken zu können. Aber ich fürchte, der Weg dorthin, wenn ich überhaupt jemals ankommen werde, wird noch lang und steinig sein. Als die Form bis zum letzten Krümelchen geleert war, lehnte Herr H. sich seufzend zurück und bedauerte stark, dass wir keine größere Portion zubereitet hatten. Zum Glück wartete noch ein Stückchen Walnuss-Karamell-Tarte auf uns.
Frei aus: Kartoffel & Knolle Margit Proebst
Da würde ich auch gerne zugreifen, vorallem weil kein Ei drin ist 😀
Kartoffeln gibt es hier garnicht so oft, sollte ich ändern und zwar mit diesem Gratin. Ich dachte anfangs, dass da Brokkoli raus schaut, aber es ist das Pesto 🙂 Ich liebe Kürbiskerne – das kann nur gut werden!
Jederzeit gern. 🙂
Als ich die Bilder zum ersten Mal sah, dachte ich auch an Brokkoli…
Ich bin selbst auch immer auf der Suche und immer wieder überrascht, mit was für Kleinigkeiten aus Gutem Grossartiges wird. Wirklich schade habt ihr nicht mehr gemacht, da hätte ich auch gerne zugelangt (natürlich nach Sandra 😉 ).
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Ich neige dazu, zu viele Kleinigkeiten in ein Gericht packen zu wollen, aber so war es gut und es ist ja schnell gemacht. 🙂
Liebe Grüße aus Hamburg,
Eva
Eva, Schwester im Geister – wieder mal :). Zumal: wie schnell man sich an diese “Clous” gewöhnt, süchtig wird und jedes Gericht, das nur grundsolide oder “gut gemacht” ist, naserümpfend zu den Akten legt… . Luxusprobleme, klar. Trotzdem.
Kohlrabi zählte bisher zu den Gemüsen, die ich definitiv im rohen Zustand bevorzuge. Aber da der Rest ziemlich gut zur übrigen Vorratslage passt, sollte ich da wohl mal zum Schattensprung ansetzen!
🙂 Nicht wahr? Ich doktore sogar noch an meinen Standards herum und versuche, sie zu verbessern, manchmal mit eher zweifelhaften Ergebnissen… Berufskrankheit. 😉
Und der Kohlrabi macht sich gegart im Gratin wirklich gut, nur Mut!
Haben wir gestern feststellen können – ich war sehr, sehr angetan und habe beschlossen, dass es Gratin, wenn ich es mache, zukünftig nur noch so gibt (vielleicht mit der leichten Abwandlung zu Kochschinken statt Hühnerbrust. Die, die wir hatten war nämlich eher geschmacksneutral…)! Monsieur schwört zwar nach wie vor auf seine ganz klassische Variante, die keinesfalls zu verachten ist – aber meistens schwinge ja ich den Löffel ;D!
Danke für die Rückmeldung. Das freut mich sehr. Ja, vielleicht ist schiere Hühnerbrust etwas zu flach. Kochschinken macht sich sicher auch gut. 🙂
Ach, Kartoffel-Kohlrabi-Gratin stand hier früher oft auf dem Tisch….zugegebenermaßen, weil mir zu Kohlrabi nicht viel anderes einfiel. Entsprechend haben wir uns daran sattgegessen. Aber mit so einem Clou, da könnte ich das mal wieder wagen 🙂
Das kann ich nur empfehlen. War auch mein erster Kohlrabi seit langem, warum eigentlich? 😉
Es liest sich köstlich. 🙂
Und es schmeckt auch so. 🙂
Oh, das ist ein Rezept für mich!! Das hätte ich heute gern zum Mittag serviert. Tja, leider muss ich arbeiten … Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.
Habt noch eine schöne Woche, Eva!
Liebe Grüße Maren
Das freut mich, Maren. Ich bin ja riesiger Fan von Gerichten, die im Ofen vor sich hin garen, während man in der Küche schon wieder Klarschiff gemacht hat. Vielleicht backe ich deshalb auch so gern. 😉
Dir auch eine gute Woche!
Liebe Grüße,
Eva
Ja stimmt, Eva! So geht’s mir auch. Das könnte der Grund sein.
Und schon grüble ich, wo ich geräucherte Hühnchenbrust herbekomme, das liest sich wirklich äußerst lecker…
Liebe Grüße
Cheriechen
Ich hatte sie aus der Eiffel mitgebracht. Wenn du keine findest, kannst du auch selbst räuchern: http://diekuechenschabe.blogspot.de/2011/10/tagliatelle-de-luxe.html
Liebe Grüße,
Eva
Das Pesto klingt ganz hervorragend und auch das Gratin- ich würde sogar mit Kohlrabi versuchen obwohl der nicht grade zu meinen Favoriten zählt.
Und die Sache mit dem Clou? Da fehlt es mir an Ehrgeiz, glaube ich. Zumindest beim Kochen bin ich viel zu pragmatisch. Bei Kuchen sieht das schon wieder ganz anders aus…..
Danke, Ninive. Gerade der Kohlrabi macht sich im Gratin wunderbar! 🙂
Wow, der Teller schaut richtig einladend aus! Und was das gewisse Etwas angeht: da muss ich dir recht geben. Dazu gehört tatsächlich jahrelanges Training, Ausprobieren und Experimentieren. Gestandene Köche scheitern ja sogar an dieser Herausforderung. Aber ohne Mut zur Kreativität kommt eben auch nichts 😉 Kürbiskern-Pesto habe ich kürzlich auch zum ersten Mal zubereitet und war hellauf begeistert. Meine Variante hatte noch ein klitzeklein wenig frischen Meerettich drin (von wegen das gewisse Etwas hehe) und wurde zu gebratenem Zander serviert. Auch sehr fein!
Danke, Marco. Wenn es nur nicht soo viel Rückschläge gäbe. *seufz*. Manchmal habe ich das Gefühl, dass meine Frustrationstoleranz niedriger ist als die anderer…
Meerrettich, ja, den kann ich mir gut darin vorstellen. 🙂
Sieht guut aus 🙂
Manchmal hab ich ganz viele tolle Einfälle, da sprudelt es nur so und die sind dann manchmal auch so gelungen, dass ich danach total stolz bin… dann eben wieder eine gute Weile nichts und das ist dann auch okay so.
Gemeinsam sind den gute Ideen aber immer eine schöne Ausgewogenheit…. und hier ist mir gerade eine Idee gekommen, wie ich mein für Freitag geplantes Dessert noch etwas komplettieren kann 😀 danke!
Danke, Britta.
So ähnlich geht’s mir auch. Leider habe ich gerade eine wenig kreative Phase zu packen. Naja, es gibt zum Glück Bewährtes, das gut funktionert. Halte ich mich eben so lange daran. Irgendwann sprudelt’s schon wieder.
Und ich bin schon gespannt auf dein Dessert, das du hoffentlich verbloggen wirst? 🙂
Wie gut Kohlrabi-Gratin sein kann, weiß ich auch erst seit relativ kurzer Zeit. Mit dem Pesto und der Hühnerbrust kann ich mir gut vorstellen, wie fein das schmeckt! Wieder einmal ein Rezept von dir, das auf meine Nachkochliste wandert.
Und sie wird länger und länger – so wie meine. 😉 Das Gratin hat es auf jeden Fall sofort bei mir ins Standard-Repertoire geschafft…
Ja, ja… der Clou ist ein scheues kleines Tierchen 😉 Dein Gratin sieht jedenfalls zum anbeißen aus! Kohlrabigratin habe ich tatsächlich noch nie gegessen/gemacht. Gratin oder Auflauf klappt bei mir freestyle nie, also lieben dank für das Rezept 😀
Ganz dickes Kompliment an Herr H.! Die Pesto Zutaten Bilder machen sich bestimmt auch gut als Küchenposter.
Ein scheues kleines Tierchen? 😉
Gern geschehen und vielen Dank von Herrn. H. für das liebe Kompliment, wir werden über das Poster nachdenken. 🙂
🙂 sehr gerne… Kleines scheues tierchen, weil es sich nicht immer in meine Küche locken lässt. Und weil wenn ich mit der Gewürzschrotflinte drauf schieße treff ich nix oder ich hab überwürzte Pampe 😉
Gewürzschrotflinte. 😀 Das trifft es auch bei mir manchmal recht gut.
Die Kombination von Kohlrabi und Kürbiskern kann ich mir sehr gut vorstellen. Bei der derzeitigen steifen Brise allerorten sorgt dieses noch etwas winterlich anmutende Gericht bestimmt für Wohlgefühle. Und die Walnuss-Karamell-Tarte sicherlich auch ;-). Lieben Gruß!
Winterlich mutet nicht nur das Gericht an. Herrje, wir haben Anfang April und die Temperatur steigt nicht mal auf 10°C. Bibber… ich hoffe ganz dringend auf mehr Wärme (nach diesem unglaublichen Sturm). Liebe Grüße,
Eva
Das glaube ich, dass das wunderbar war. Und die Anleitung ein Traum von Geometrie.
Danke, Ilse. Die Bilder luden einfach dazu ein. 😉
Liebe Eva,
der bedauernde Seufzer von Herrn H. wegen der Portionsgröße wurde von mir beherzigt (der eigentliche Grund: es stand keine Walnuss-Karamell-Tarte zum Dessert bereit). Unsere Lieblingskartoffel Linda flirtete erfolgreich mit dem Pesto, statt geräucherter Hühnerbrust kamen Krustenbraten-Scheiben zum Einsatz. Ein herrliches Sonntagsessen ohne großes Küchentamtam!
Dank und liebe Grüße,
Salzkorn
Danke Sandkorn. Du weißt ja, dass es mich immer sehr freut, wenn meine Rezepte tatsächlich auch erfolgreich genutzt werden. Krustenbraten klingt sehr stimmig!
Liebe Grüße,
Eva
Mein Dank kommt jedes Mal von Herzen, denn ich/wir haben das Vergnügen Deiner Inspirationen und Rezepte, Deiner wunderbaren Bilder und Texte. Ich kann mir nur annähernd vorstellen, wie viel Arbeit und Zeit in Deinem Blog steckt. Sicher hast Du Freude daran, sonst würdest Du es nicht tun. Doch es bleibt: DU beschenkst Deine Leser.
Sandkorn
Nochmals lieben Dank, Sandkorn. Das Blog ist für uns keine “Arbeit”, sondern eine Freude und ein Hobby, das wir mit großer Leidenschaft betreiben. Sollte es einmal keine Freude mehr machen, würden wir wohl damit aufhören. Aber noch ist kein Ende in Sicht. 😉
Das sieht echt lecker und herzhaft aus 🙂
Danke, Melanie.