Als ich den Schlüssel in der Haustür hörte, hatte ich der “Geburtstagstorte” für Herrn H. gerade den letzten Schliff verpasst. Ich trug sie hinüber ins Wohnzimmer, wo er bereits sehnsüchtig auf die Päckchen schaute. Ich stellte sie auf den Tisch. Er inspizierte sie, drehte sich zu mir um und ich sah leichte Enttäuschung in seinen Zügen. Nur eine Tarte?, fragte er leise. Ich bat ihn, mit einem vorschnellen Urteil abzuwarten bis zum Anschnitt. Gemeinsam deckten wir den Tisch für die Gäste.
Für den Mürbeteig (2 Tartes à 10 cm, 2,5 cm hoch, 3 à 7 cm, 4 cm hoch):
- 56 g weiche Butter
- 34 g Puderzucker
- 13 g gemahlene Haselnüsse
- 13 g gemahlene Mandeln
- 0,5 g Salz
- 19 g Ei
- 81 g Weizenmehl 405er
Ich rührte Butter, Zucker, Salz, Haselnuss- und Mandelmehl schaumig, arbeitete nach und nach das Ei ein und siebte schließlich das Mehl darüber. Dann verknetete ich alles rasch zu einem glatten Teig und stellte ihn für 2 Stunden kalt. Anschließend rollte ich ihn portionsweise zwischen Folie ca. 3-4 mm dünn aus. Ich entfernte die Folie auf einer Seite, legte den Teigkreis mit Folie über den gebutterten Tartering und passte ihn ein. Das ging mit diesem Teig relativ schwierig, da er unglaublich schnell weich wurde und riss. Obwohl ich den ausgerollten Teig zwischendurch immer wieder kühlte, bekam ich ihn nicht so ordentlich wie sonst in die Formen. Für einen neuen Teig reichte die Zeit leider nicht. Ich schnitt die überstehenden Ränder mit einem scharfen Messer ab und stippte den Boden mit der Gabel. Nun durften die fertig geformten Tarteletts für eine halbe Stunde ins Eis. Nach der Gefrierzeit buk ich die Tarteletts ca. 20 Minuten bei 170°C bis sie appetitlich goldbraun aussahen.
Für den Heidelbeer-Dacquoise (ergibt etwas ein 2/3 Backblech):
- 31 g gemahlene Mandeln
- 15 g Puderzucker
- 7,5 g Weizenmehl 405er
- 40 g Eiweiß (1 großes)
- 31 g Zucker
- 31 g gefrorene Heidelbeeren, grob gehackt
Ich vermischte Mandeln, Mehl und Puderzucker in einer Schüssel, schlug das Eiweiß mit dem Zucker (in drei Schritten zugegeben) zu festem Schnee und hob Mehlmischung und gehackte Beeren behutsam unter. Dann strich ich den Teig ca. 5 mm dick auf das Backpapier und buk ihn ca. 25 Minuten bei 160°C. Der fertig gebackene Teig bleib leicht feucht durch die Beeren. Ich entfernte das Backpapier und stach 2 Kreise à 7 cm und 3 Kreise à 5 cm Durchmesser aus. Die Reste schmecken auch solo vorzüglich.
Für die Edelbitter-Ganache:
- 75 g Sahne
- 37,5 g Milch
- 22,5 g Eigelb
- 12,5 g Zucker
- 80 g Kuvertüre 66%, grob gehackt
- 7,5 g weiche Butter
Ich kochte Milch und Sahne kurz auf, schlug das Eigelb mit dem Zucker schaumig und rührte die Hälfte der heißen Milch-Sahne ein. Dann gab ich alles zurück in den Topf und zog es zur Rose ab (unter Rühren erhitzen, bis die Creme anzudicken beginnt und ca. 83°C warm ist). Ich gab sie durch ein Sieb über die gehackte Kuvertüre, ließ sie einige Minuten stehen und rührte sie anschließend zu cremigen Ganache. Als letztes rührte ich die Butter ein. Nachdem sie vollständig abgekühlt war (dauert mindestens eine Stunde bei Raumtemperatur), schlug ich sie mit dem Handrührgerät luftig auf und füllte sie in den Spritzbeutel mit 1 cm Lochtülle.
Für das Heidelbeerkompott:
- 4 g Pektin NH (oder 1,5 Blatt Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht)
- 20 g Zucker
- 150 g Heidelbeeren, aufgetaut, püriert
- Saft und Schale 1/2 Limette
Ich vermischte Zucker und Pektin, erhitzte die pürierten Beeren mit Limettensaft und -schale auf ca. 60°C, rührte das Pektin-Zucker-Gemisch mit dem Schneebesen ein und ließ alles ca. 3 Minuten köcheln. Dann füllte ich das Kompott zum Abkühlen in eine Schüssel und stellte sie beiseite.
Für das Salzkaramell:
- 46 g Sahne, heiß
- 93 g Zucker
- 15 g Glucose
- 75 g Butter
- 2 g Fleur de Sel
So langsam geriet ich ins Schwitzen, es war bereits 17 h. Ich schmolz Zucker und Glucose und kochte beides zu einem honigfarbenen Karamell. Dann rührte ich die in der Restwärme des Backofens erhitzte Sahne und das Salz ein und zog den Topf vom Herd. Die Butter soll teelöffelweise eingerührt werden. Das dauerte eine gefühlte Ewigkeit, aber irgendwann hatte ich auch das letzte Stückchen Butter eingerührt. Ich füllte das Karamell zum Abkühlen in eine Schüssel und anschließend in einen selbst gebastelten Spritzbeutel mit 4 mm Lochtülle.
Füllen, endlich! Ich verstrich etwas Karamell auf dem Boden der Tartes, gab eine Schicht Kompott darauf und legte den Dacquoise ein. Um die Ränder spritze ich Karamell. Im Buch wird nun noch ein Schokoladenkreis aufgelegt. Dafür fehlte mir die Zeit. Ich dressierte die Ganache spiralförmig auf den Dacquoise und stellte die Törtchen für eine Stunde in den Kühlschrank. Auf weitere Dekorationen musste ich zugunsten des Abendessen verzichten.
Fazit: Nach dem Essen servierte ich die Tartes/ Törtchen. Als Herr H. sah, dass sich in ihrem Inneren ungeahnte Genüsse verbargen, biss er versöhnt das erste Stückchen ab, kaute mit geschlossenen Augen und seufzte. Der widerspenstige Mürbeteig war dank der Nüsse sehr knusprig, die Ganache herrlich cremig und über das Salzkaramell muss ich wohl nichts sagen. Das Kompott setzte den entscheidenden interessanten Akzent. Auch die beste Nachbarin und die Schwester waren höchst angetan und erstaunt, dass sich in einem so schlicht aussehenden Tartelette ein solch komplexes Innenleben befinden kann.
Aus (leicht abgeändert): Schokolade William Curley
Oah, Eva, das sieht GROSSARTIG aus! Nächstens gondele ich am Geburtstag mit dem Kelrl nicht durch den Süden, sondern dirigiere ihn direkt vor Eure Haustür :D! Bis dahin muss ich wohl selber wieder ran…
Schönen & sonnigen Sonntag Euch!
Danke schön! 🙂 Das kannst du (mit Voranmeldung) gern tun, so haben wir zumindest einen Anlass zum Backen. 😉
Liebe Grüße,
Eva
Das ist eine feine Leckerei.
Aufgeschnitten sieht es wie ein Sofa aus und wer würde sich nicht gern in solche Köstlichkeit setzen?
Liebe Grüße
Danke, Ute. 🙂 Ich war schon gespannt, wer zuerst auf die “Sofa-Assoziation” käme…
Liebe Grüße,
Eva
Großartig, dieses Innenleben! Und ich speichere mir mal das Rezept ab 🙂
Danke, Susanne. 🙂 Nachbacken lohnt!
Eva, da hast du dich wieder einmal selbst übertroffen.
Du magst nicht zufällig an meinem Geburtstag vorbeikommen? 😉
Lieben Danke, Susi. 🙂
Wann wäre das denn ungefähr? Unsere Urlaubspläne sind noch nicht fix. 😉
Also unter so einer wunderschönen Schokospirale kann sich ja nur was leckeres verstecken! Hätte ich nicht jede Menge Geburtstagskuchen von meiner Mutter, würde ich sonst fast über den Bildschirm lecken 😉 Habt noch einen schönen sonnigen Sonntag! Und alles Gute nachträglich an Herrn H.
Danke schön. 🙂
Dein Bildschirm scheint auf jeden Fall besser geputzt zu sein als meiner. 😉
Gut, dass du kuchenmäßig versorgt warst…
Ich bin bin immer gespannt was sich hinter der Titel deine Article verbirgt!!! Ist es heute süß oder salzig? Es ist immer eine überraschung! Einfach net!!! Die letzten zeiten war es oft salzig und da schaue ich immer schnell und bin wieder weg. Die Patisserie ist was mich anzieht immer überall.Und heute war es eine super Überraschung: es sieht einfach unglaublich lecker aus. Und ich hatte richtig Freude alle Details zu lesen. Ich kann mich richtig vorstellen wie es schmeck!!!!
Bestimmt himmlich!
Schöne Woche und viele Grüße
Danke, Mataton. Ich bemühe mich, süß und salzig in ausgewogenem Verhältnis zu halten. 😉 Das Moelleux-Experiment gestern ging leider schief, aber die nächste Tarte ist schon in Arbeit. 🙂
Liebe Grüße und dir auch eine schöne Woche,
Eva
Äh, “nur” eine Tarte?? Eva, das ist ja mal wieder ein absoluter Traum und so ein Understatement, das erst beim Anschnitt sichtbar wird, finde ich einfach toll <3
Danke, Britta. Ein bisschen Understatement finde ich manchmal ganz reizvoll. 😉
Mit ,nur’ einer Tarte könntest du mich verdammt glücklich machen 😉 . Und dieses raffinierte Schätzchen stelle ich mir ganz vorzüglich vor. Bei Karamell schmelze ich sowieso weg.
Wie hast du denn die fast fünf Zentimeter hohen Tartes gemacht?
Liebe Grüße Maren
Jederzeit gern, Maren. 🙂
Die 5cm hohen habe ich in Förmchen gemacht, die ich aus Portugal für Natas mitgebracht habe. Eine Muffinform geht sicher auch, wobei es immer schwierig mit den Rändern ist, da sie beim Backen gern absacken, vor allem mit diesem Mürbeteig. Da würde ich beim nächsten Mal einen anderen, bewährten nehmen.
Liebe Grüße,
Eva
Ja, da hast du Recht. Trotz Einfrieren sackt mancher Teig ab. Bei diesem Rezept ist ein höherer Rand sicher nicht schlecht, da ja viele Schichten reinmüssen.
Stimmt. Obwohl mit dem Mandel-Mürbeteig von Hermé klappt es meist sehr gut. 🙂
Der ist auch mein Lieblingsmürbeteig ?
Wobei der “normale” von Curley auch nicht übel ist…
wow…. so ein Prachtstück!
Danke schön, Alexia. 🙂
Happy Birthday an Herrn H.
Was für ein wunderschönes Törtchen! Die Kombination aus Karamell, Frucht und Schokolade stelle ich mir großartig vor. Ich glaube, ich sabber gleich am Bildschirm rum…
Herr H. dankt für die Glückwünsche. 🙂 Und ich für das Kompliment. Das Karamell an sich ist ein Traum, auch gut, um einen Pralinenkern daraus herzustellen. 🙂
Hammer ! Ohne “Dritte” würde bestimmt ein Biss von meinem Bildschirm fehlen … 😉
Danke! Ich sehe schon, ich muss irgendwann einen Möglichkeit zum Versand finden. 😉
Das sieht für mich nachbackbar aus! Bei deinen sonstigen Tortenkreationen erstarre ich ja immer in Ehrfurcht 😉 Und Glückwunsch an deinen Herrn H.!
Liebe Grüße, Tring
Das ist es auf jeden Fall. Bloß würde ich einen anderen Mürbeteig nehmen, vielleicht hast du ja einen bewährten. Und danke für die Glückwünsche. 🙂
Liebe Grüße,
Eva
Mit einem Tag Verspätung noch alles Gute aus Zürich 🙂
Das letzte Bild ist grossartig! Und so war die Tarte vermutlich auch.
Liebe Grüsse,
Andy
Danke, Andy. Die Verspätung ist eigentlich noch verspäteter. 😉 Aber das macht überhaupt nichts. 🙂
Liebe Grüße aus Hamburg,
Eva
Grade heute morgen dachte ich wieder mal darüber nach wann denn nun der Austritt aus dem Arbeitsleben kommt… damit ich mich endlich auch mal mit Muße solchen Kreationen widmen kann. Einfach superb! Heidelbeeren, die sind doch was ganz Besonderes.
Danke, Christine! Ich hoffe, du musst nicht mehr so lange warten. Vielleicht kommen ja auch mal ruhigere Zeiten im Arbeitsleben. 🙂
die Hoffnung stirbt zuletzt….
Auf jeden. 😉
Erstmal alles Gute nachträglich für deinen Liebsten! 🙂
Und die Tarte klingt extrem lecker. Allein das Salzkaramell lässt mich völlig unkontrolliert nach ihr gieren. ;))
Liebe Grüße zu dir,
Sarah
Vielen Dank, Sarah!
Das Salzkaramell an sich ist recht fix gemacht. Das bekommst du sicher leicht hin. 🙂
Liebe Grüße,
Eva
Da dachte ich beim ersten Blick schon, das könnte ja vielleicht sogar nachbackbar sein…aber ich hatte ja schon befürchtet, dass es so einfach bei dir dann doch nicht sein kann 😉 Aber es klingt äußerst köstlich! Liebe Grüße
Melanie
Nun, ich bin ziemlich sicher, dass du sie nachbacken könntest. Bleibt nur die Frage nach der Geduld. 😉
Liebe Grüße,
Eva