Es gibt wohl kein bezeichnenderes Motto für meine frühe Adoleszenz als dieses, no risk – no fun. Ich begriff es inhaltlich keinesfalls als Aufforderung, meine Vorteile auf Kosten anderer durchzusetzen, sondern eher als Aufforderung vermeintliche Beschränkungen und Begrenzungen von Konventionen zu überwinden. Und derer gab es einige. Was hat man nicht alles gemacht …? Inzwischen kann ich zum Glück mild lächelnd auf diesen Lebensabschnitt zurückblicken. Ich möchte ihn keinesfalls missen, aber natürlich hätte ich aus jetziger Sicht einiges anders gemacht. Die hatte ich damals aber noch nicht und von daher ist es auch müßig, sich dem “hätte, täte, könnte”- Gedankenkarussell hinzugeben. Meine Risikobereitschaft heute erstreckt sich inzwischen auf einen recht überschaubaren Bereich, den kulinarischen. Finde ich irgendwo eine irgendwie abstrus anmutende Aromen- oder Zutatenkombination, kann ich nicht anders. Ich muss unbedingt wissen, ob es nur ein effektheischendes Gericht oder eine horizonterweiternde Erfahrung ist.
Für die gedämpften Auberginen:
- 1 große Aubergine (ca. 500 g)
- 1 TL Sonnenblumenöl
- 1 TL Sesamöl
- 2,5 cm Ingwer, fein gerieben (ca. 20 g)
- 2 kleine Knoblauchzehen, in feine Scheiben geschnitten
- 50 g helle Sojasauce
- 30 g Shaoxing-Reiswein
- 40 g Reisessig
- 25 g Mirin
- 50 g Wasser
- 1/2 TL Zucker
- grobes Meersalz
Das besondere an diesen Auberginen ist, dass sie zuerst gedämpft und anschließend geschmort werden. Ich schnitt die Aubergine in ca. 3 cm lange Stücke, vermengte sie mit 1/2 TL grobem Meersalz und ließ sie in einem Sieb 1 Stunde lang abtropfen. Herr H. hatte in der Zeit die übrigen Zutaten bereit gestellt. Ich dämpfte die abgetropften Auberginenwürfel ca. 12 Minuten. Herr H. erhitzte Sonnenblumen- und Sesamöl bei schwacher Hitze, briet Ingwer und Knoblauch ca. 2 Minuten darin an und gab alle restlichen Zutaten hinzu und ließ sie bei mittlerer Hitze etwa um die Hälfte einkochen. Ich gab die gedämpften Auberginen hinein. Nach ca. 10 Minuten waren sie herrlich glasiert und zerfielen nahezu. Ich stellte sie warm.
Für die Kardamompassata:
- 1 TL Sonnenblumenöl
- 1,5 Thai-Schalotten (oder gewöhnliche, fein gewürfelt (ca. 17 g)
- 2 Knoblauchzehen, zerstoßen
- 2 cm Ingwer, fein gerieben (ca. 15 g)
- 1 Stängel Zitronengras, harte Außenblätter entfernt, fein gehackt
- 1 rote Chili, entkernt, fein gehackt
- 1 TL Kardamom, gemahlen (falls frisch gemahlener verwendet wird eher 1/2 TL)
- 1 TL Tomatenmark
- 300 g passierte Tomaten
- 1 TL Zucker
Ich habe schon einiges mit Tomaten kombiniert, sei es Zimt, Vanille oder Thai-Basilikum, aber Kardamom? Ich habe das Kardamompulver aus Kapseln selbst frisch gemahlen und würde beim nächsten Mal etwas vorsichtiger damit umgehen, da die frisch gemahlenen Samen doch ein sehr kräftiges Aroma haben. Das ist vermutlich bei gekauftem gemahlenen Kardamom anders. Herr H. erhitzte das Öl, schwitze Schalotten, Ingwer und Knoblauch darin 3 Minuten farblos an. Nun gab er Zitronengras und Chili hinzu, nach weiteren 2 Minuten Tomatenmark und Kardamom und nach weiteren 2 Minuten schließlich die passierten Tomaten.. Nachdem er die Sauce unter Rühren aufgekocht hatte, ließ er sie abgedeckt ca. 12 Minuten bei schwacher Hitze köcheln. Er schmeckte mit Zucker und Salz ab und stellte sie in den Backofen zu den Auberginen.
Für den frittierten Tofu:
- 30 g Mehl
- 30 g Speisestärke
- je 1/2 TL gemahlener schwarzer und weißer Pfeffer
- 1 TL chinesisches Fünf-Gewürze-Pulver
- 1 TL grobes Meersalz
- 200 g Tofu, in 2 1/2 cm große Würfel geschnitten
- Öl zum Frittieren
Im Rezept steht, man mörsere das Salz, vermische es mit Mehl, Stärke, beiden Pfeffern, dem Fünfgewürz, wälze den Tofu darin und frittiere ihn bei 175°C portionsweise goldbraun. Da die Mehlmischung an meinen recht trockenen Tofuwürfeln nicht haften wollte, zog ich sie vor dem Wälzen durch (übrig gebliebenes) Eiweiß. Leider bildete sich dadurch eine recht dicke Panadeschicht, die auch nach 4 minütigem Frittieren nur schwach bräunte. Ich würde beim nächsten Mal statt Mehl und Stärke Reismehl verwenden und die Tofuwürfel vor dem Wälzen lediglich mit etwas Wasser besprühen. Vielleicht klappt es dann besser. Nachdem alle Würfel frittiert waren, richtete ich Tofu, Auberginen und Tomatenpassata auf brav vom Reiskocher gegarten Reis an und bestreute alles mit wenig schwarzem Sesam und Frühlingszwiebelröllchen.
Fazit: Wie von Ottolenghi nichts anders zu erwarten, war die wilde Mischung eine sehr gelungene Komposition. Herr H. war ebenfalls höchst angetan. Den Trick, die Auberginen vor dem Schmoren zu dämpfen habe ich ganz sicher “gespeichert”. Er bekommt durch diese Behandlung eine wunderbare, fast an weiches Schmorfleisch erinnernde Textur. Kardamom, vorausgesetzt, man verwendet ihn nicht allzu großzügig, macht sich in Begleitung von Tomaten ganz ausgezeichnet und irgendwann werde ich sicher noch den Weg zum perfekt knusprigen Tofu finden.
Aus: Nopi Yotam Ottolenghi, Ramael Scully
Ich kenne die “wilden Jahre” gut. Aber ein Risiko ging ich niemals ein. Das tragen die anderen, wenn sie mich kochen sehen. 😉
Ich hatte (habe) zum Glück einen dynamischen Schutzengel… 😉
Wilde Jahre sind bei mir umständehalber ziemlich ausgefallen, egoistische Phasen entwickeln sich jetzt auf dem Weg zu 60 mehr und mehr erkennbar.
Und den Trick Auberginen zwar nicht zu dämpfen aber zu blanchieren vor dem Braten, den hab ich auch schon gelesen- bei Herrn Klink. Ansonsten, na du weißt schon, ein Gericht das ich zwar mögen aber wohl kaum vertragen würde.
Umständehalber? Hasz du etwa Pharmazie studiert? Diese Studenten habe ich seinerzeit nie beneidet, umso besser, dass du jetzt noch Kraft zum “Wildsein” hast!
Das Studium war eher ein Nebenprodukt des jähen Endes der Kinderzeit…. und du hast natürlich recht, mit einer 40Std-Woche an der Uni und zusätzlicher Lern-Zeit, kein Spaziergang, dieses Studium.
Dafür genieße ich jetzt…. Freiheiten.
Wow, das klingt nach einer heftigen Zeit. Ich hatte Glück, etwas (nutzlos) Geisteswissenschaftliches zu studieren – damals Freiheit und heute auch. 😉
nun ja- diese Zeit und Erfahrung hat mich zu der gemacht die ich heute bin…
Auch wieder wahr…
Die Jahre hatte ich auch – das braucht man 🙂
Das Gericht hat mich auch angsprungen, besonders der Kardamom in der Tomatensauce….das kommt also auch noch dran.
Mhm, einges davon habe ich nicht unbedingt “gebraucht”, andererseits weiß man natürlich nie, wofür es gut war. Und in dem Buch sind noch einige Schätzchen versteckt. 🙂
Naja, das fällt in die Abteilung “hinterher ist man immer klüger”. Der Vorteil ist, dass man dann halt klüger ist. Oder das zumindest meint 😉
Und ja….da gibt es einiges…Ich hab noch Zettel kleben.
Und Jahre später, wenn man auf die “Jetztzeit” zurückblickt, sieht man, wie wenig klug man war… 😉
Ja, ja, die wilden Jahre. Die hatten wir wohl alle. Schön war’s und wichtig für’s Erwachsenwerden. wann soll man wild sein wenn nicht in den jungen Jahren?
Bist du dem Nopi-Buch auch schon verfallen? Ich koche hinter der Bühne dauernd draus. 🙂
Erwachsen werden? Darauf warte ich bis heute vergeblich. 😉
Ja, bin ich, aber ich habe zur Zeit leider noch einige “Nebenbaustellen”, deshalb kann ich mich ihm nicht mit ganzer Energie widmen…
Meine wilde Zeit ist noch lang nicht vorbei, ich bin mittendrin! 🙂
Danke für das Dämpfen eines meiner Lieblingsgemüse, die Idee nehme ich mir direkt mit. Anschließend werde ich die Aubergine räuchern; neulich habe ich in unserer Lieblings-Weinbar geräucherte Aubergine auf rotem Kartoffel-Linsen-Curry gegessen, das war outstanding!
Ich weiß. 😉
Das mit dem Räuchern klingt gut, habe nur leider keinen Grill (und keine Dunstabzugshaube…).
Ich liebe weichgeschmorte Auberginen. Diese Kombination weckt also mein Interesse, aber von wild und gefährlich sind wir dann doch noch ein Stück weg, oder? 😉
Liebe Grüsse aus Zürich.
Kommt darauf an, wie man es definiert. 😉 Geht sicher noch “wilder”…
Liebe Grüße aus Hamburg,
Eva
Alleine die Farben – herrlich! Aubergine mag der Italiener sehr, merke mir das Rezept mal vor. Wir werden dann aber auf Tofu verzichten, bekommt mir nicht so…
Danke, Sandra. Und ich könnte mir dazu auch sehr gut ein Stückchen Huhn mit knuspriger Haut vorstellen. 🙂
Was riskieren kann nie schaden. Das Dämpfen meines Lieblingsgemüses dazugehört, war mir bisher neu. Kardamom probier ich dann auch mal in der nächsten Tomatensauce. Und falls ich mal wirklich richtig wild drauf bin wag ich mich vielleicht auch nochmal an Tofu. Ich würd ihn so gern lieber essen, allein mit der geschmackvollen Zubereitung haperts bei mir weiterhin.
Das kommt ganz darauf ein, es gibt inzwishen Risiken, die ich nicht mehr eingehen muss. 😉
Tofu ist auch schwierig. Ich werde beim nächsten Mal Petras Methode testen und berichten!
Hihi, das hast du Recht, Erfahrung macht entspannter ;)) Ich freu mich auf Petras Tofu!
Wird noch was dauern, die “Pipe” ist noch recht gut gefüllt, aber er kommt!
Wenn du knusprigen Tofu möchtest, sieh dir doch diese Vorgehensweise mal an, wir waren begeistert http://peho.typepad.com/chili_und_ciabatta/2015/05/yum-yum-reissch%C3%BCssel-mit-tofu.html
Danke, bei deinem Rezept klingt nicht nur der frittierte Tofu gut und einen “Block” habe ich noch im Kühlschrank. 🙂
Anmerkung zu gekauftem, bereits gemahlenem Kardamom:
dazu werden in der Regel die ganzen Samenkapseln gemahlen, deshalb ist das Pulver bei weitem nicht so aromatisch, als wenn man die Samen selbst auslöst und im Mörser zerreibt!
Anmerkung zu Tofu:
Es kommt natürlich auf die Art des Tofus an, das Angebot ist vielfältig.
Zum Braten/Frittieren eignet sich eine feste Sorte (Konsistenz wie Halbhartkäse) am besten. Ich paniere nie, mariniere 1,5 cm dicke, dreieckige Scheiben mit wenig Sojasauce und brate sie beidseitig in wenig Öl.
FEL!X
Aha, das erklärt einiges.
Die Unterschiedlchen Tofuarten kannte ich, danke trotzdem. Mein “Problem” ist, dass die Außenseite der Tofuwürfel beim Braten (oder Frittieren) irgendwie nie knusprig genug wird. Aber ich werde am Wochenende Petras Rezept testen. Kann ja nur besser werden. 🙂
Liebe Grüße aus Hamburg,
Eva
Experimentierfreude in der Küche ist etwas vom allerbesten, was es gibt 🙂 Ich wünschte ich hätte noch viel, viel mehr Zeit, um ein bisschen verrückter Professor hinter dem Herd zu spielen! Die Kardamompassata ist bei mir gespeichert 🙂
Und es macht, mir zumindest, auch riesig Spaß, vor allem, wenn’s klappt. 🙂