Nach der ein oder anderen Kochkapriole, die Herr H. und ich geschlagen hatten, stand ihm, ganz im Gegensatz zu mir, der Sinn nach etwas Bodenständigem. Ein schlichtes Steak mit Kartoffelpüree und notfalls ein paar Möhrchen, bitte. Der Blick auf die Uhr ergab sehr zu seinem Leidwesen, dass es bereits viel zu spät war, das delikate Fleisch von einem gefrorenen in einem raum temperierten Zustand zu überführen. Nur Hackfleisch verzeiht die rabiate Heißwasserbehandlung. Aber hey, sagte ich ihm, eine Frikadelle ist doch auch so eine Art Steak, nur eben für weniger Betuchte! Gnädigerweise nickte er zustimmend und statt Möhrchen zauberte ich gelbe Rübchen aus dem Gemüsefach. Eine Premiere.
Für die Frikadellen:
- 300 g Kalbshack
- 1 Scheibe Speck, gewürfelt, ausgelassen
- 1 Schalotte, fein gehackt, in Butter glasiert
- 1 kleines Ei
- 1 Handvoll Panko
- Meersalz, schwarzer Pfeffer
- 1 Handvoll Estragon, grob zerkleinert
Die Fertigung delikater Frikadellen ist im Hause H. fest in männlicher Hand. Alles, was zu Pflanzerln oder Bällchen geformt und anschließend gebraten oder frittiert wird, unterliegt seiner strengen Kontrolle. Gut für mich, weniger Arbeit, mehr Zeit. Herr H. gab alle Zutaten für die Frikadellen in eine Schüssel, verknetete sie von Hand ausgiebig zu einer bindigen Masse und ließ diese ca. eine halbe Stunde kühl stehen. Dann formte er daraus etwa golfballgroße Bällchen, drückte sie leicht flach und briet sie bei mittlerer Hitze goldbraun. Die fertigen Frikadellen stellte er warm.
Für die glacierten gelben Rübchen:
- 4 gelbe Rübchen , geschält, in dünne Spalten geschnitten
- 50 g Butter
- 1 Schalotte, fein gehackt
- 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
- 1 Thymianzweig
- 1/2 TL Rohrzucker
- 1 Schluck Weißwein oder Noilly Prat
- 100 g Geflügelfond
- 50 g Möhrensaft
- Meersalz
Ich zerließ die Hälfte der Butter in einem Topf, schwitze Schalotte und Knoblauch darin farblos an und gab Rübchen, Zucker, etwas Salz und den Thymian hinzu und ließ alles kurz schmurgeln. Dann löschte ich mit wenig Noilly Prat ab, ließ ihn fast vollständig einkochen und gab Fond und Saft hinzu. Abgedeckt durften die Rübchen bei schwacher Hitze garen. Anschließend reduzierte ich die Flüssigkeit fast vollständig, gab die restliche Butter hinzu und schmeckte mit etwas Salz ab. Herr H. hatte währenddessen ein Kartoffelpüree mit Schnittlauch auf seine Art aus geschält gegarten Kartoffeln bereitet und erfreulich früh stand das Essen auf dem Tisch.
Fazit: Solide Hausmannskost, bemerkte ich während des Essens. Die gelben Rübchen hatten ein sehr interessantes Aroma, leicht scharf und irgendwie exotisch. Besser kann ich es nicht beschreiben. Auf jeden Fall eine gute Alternative zu den ewigen Winterwurzeln. Nach dem Essen lehnte Herr H. sich hochzufrieden zurück und bekundete, dass auch die Herstellung einer perfekten Frikadelle hohe Kochkunst sei. Essentiell sei die Zugabe von ausgelassenen Speckwürfeln und dass die Zwiebeln in gegartem Zustand seien, bevor sie in die Masse wanderten. Es müsse wahrlich nicht immer unbedingt Steak sein. Ich nickte, dachte mir meinen Teil und schwieg.
Bei Frikadellen stehe ich sofort bei dir auf der Matte, Eva! 😀 Ich liebe sie einfach! So feine wie eure habe ich allerdings noch nicht zubereitet und gelbe Rübchen kenne ich auch mal wieder nicht. Die hören sich aber an, als wären sie ganz nach meinem Geschmack.
Bei diesem Gericht bin ich gern ein ‘armer Mann’ 😉
Liebe Grüße Maren
Danke, Maren! Ich bin auch ein großer Fan von ihnen, egal ob solo serviert wie hier oder als Bällchen in einer köstlichen Tomatensauce. De Rübchen sind klasse. Gab’s auch im “Paradies”. Das ist sowieso immer einen Besuch wert!
Liebe Grüße,
Eva
Muss ich mich unbedingt mal nach umschauen. Vielleicht finde ich sie ja auch hier in der Provinz. Ins ‘Paradies’ komme ich so selten ??
Vielleicht uaf dem Wochenmarkt? Drücke dir die Daumen!
Bei ersten Blick überlegte ich, ob das Pfirsiche liegen, aber gelbe Rübchen passend da dann doch besser 😉
Wir mögen Frikadellen sehr gerne und bitte wirklich mit gegarten Zwiebeln!
Ja, eine gewisse Ähnlichkeit ist schon vorhanden. 🙂
Und, ja. Nichts ist schlimmer als halb rohe (womöglich noch große) Zwiebelstückchen in einer Frikadelle…
Weniger Arbeit, mehr Zeit – sounds good to me 😉
Und das Resultat davon gefiele mir auch!
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Danke, Andy. Nicht, dass ich Kochen oder Backen als Arbeit empfände… 😉
Liebe Grüße aus Hamburg,
Eva
Mit “hoher Kochkunst” hat er ja sowas von recht, dein Herr H. Bin ganz seiner Meinung, und Du darfst Dir deinen Teil denken 😉
Herr H. freut sich stets über Zustimmung, und, ja, ich denke mir das meiste und sage eher selten was. 😉
Fleischlaberl ganz nobel aus Kalbfleisch! Das nennen wir in Wien dann gleich Butterschnitzerl.
Gelbe Rübchen sind im Sinne von so wie Rote Bete nur in gelb oder sind das wieder andere Rüben?
Das Kalb kommt kiloweise in Bio-Qualität über meine Mutter is Haus. Schon eine feine Sache. 🙂
Und, nein, keine gelben Roten Bete, sondern gelbe Rübchen, Navets oder wie auch immer sie heißen. Bete wären wohl aber auch möglich. 🙂
Wieder was gelernt bei dir, liebe Eva … Das mit den vorgegarten Zwiebeln und dem Speck, meine ich. Habe ich bis jetzt immer anders gemacht, werde ich aber definitiv probieren! Liebe Grüße!
Oh, ich dachte, dass sei ein alter Hut. Unbedingt probieren, die Frikadellen werden so um Welten besser! 🙂
Liebe Grüße,
Eva
Gelbe Rübchen hatte ich auch nie. Ich halte mal Ausschau….
Und ich Stimme Herrn H. zu….Zwiebeln unbedingt vorhanden.
Ich habe sie auch nur das eine Mal gesehen und sofort zugeschlagen. Kommen wohl im Frühjahr wieder vermehrt.
Herr H. dankt. 🙂
Ich mag das auch viel lieber mit vorgedünsteten Zwiebeln – rumort weniger… Und sonst, ja, ich denke mir meinen Teil und bleibe bei meiner Aussage, dass man Männer immer mit irgendeiner Art von Fleischbällchen (Frikadellen, Köttbullar, Hamburger, usw.) glücklich machen kann. 🙂
Das ist ein zusätzliches Argument für’s Garen. 😉
Und zu dem anderen stimme ich dir 100%ig zu. Wobei ich schon gern wüsste, warum es so ist…
Frikadellen oder Fleischküchle, wie wir sagen, sind Leibgerichte- aber nur aus Mamas Pfanne und gehören zu meiner ersten Erfolgserlebnissen in der Küche… allerdings muß ich hier weit laufen für Kalbshack, oder den eigen Wolf in Betrieb nehmen.
Und die Kombi- ganz sehr fein!
Danke, Christine. Das Kalb kommt, wie schon erwähnt, quasi frei HAus, von daher ist es nicht unbedingt etwas Besonderes für uns. Ist aber kein ganz junges Kalb… eher so ein Zwischending zwischen Kalb und Rind.
ich mag Kalbfleisch sehr gerne und habs bisher versäumt beim Rinderzüchter nachzufragen ob dort auch gelegentlich Jungrinder oder Kälber geschlachtet werden. Sollte ich mal drandenken. Frei Haus, das ist dann tatsächlich extra Luxus-Klasse, finde ich.
Ja, das finde ich auch, hat sich halt so ergeben. 🙂
Ich ziehe solch gut gemachten Frikadellen meistens einem Steak vor, natürlich mit vorgedünsteten Zwiebeln. Mit Speck habe ich es noch nicht probiert, höchstens mal mit klitzekleinen Würfeln von Scamorza.
Ah, das ist eine interessante Idee, das mit dem Scamorza. Wird getestet! 🙂
Die perfekte Kombination. Ob mit Frikadellen oder Hackbraten. Seelenfutter pur – Aufwand minimal – Ergebniss zum sich “dumm (fr)essen”. I love it !
Danke schön. 🙂 Seelenfutter kann ich zur Zeit aber auch wirklich dringend gebrauchen…