Etwas Fleischloses mal wieder, dachte ich mir. Irgendwie hatte die elendige Kälte in den letzten Wochen meinen Fokus drastisch Richtung Fleisch verschoben. Da Herr H. noch abwesend war, hatte er an diesem Abend kein Mitspracherecht. Pech gehabt! Bereits nach kurzem Suchen wurde ich ausgerechnet in einem sehr, sehr fleischlastigen Buch fündig. Wer hätte das gedacht? Ich blieb am Titel des Rezepts hängen. “Bologneser Art”. War das nicht eine Art geschützter Begriff, der sich nur auf eine bestimmte Sauce mit streng festgelegten Zutaten erstreckte? Das Rezept beinhaltete zudem einige Seltsamkeiten. Genau das richtige, um meine Neugier zu wecken. Und ich beschloss resolut, alle Bedenken beiseite zu schieben und zu dürfen, was ich wolle. Basta! Der Abend war zum Glück noch jung. Beschwingt legte ich los.
Für die Roten Linsen vegetarisch Bologneser Art:
- 3 kleine Zwiebeln, fein gewürfelt
- 1 Scheibe Knollensellerie, fein gewürfett
- 1 Möhre, fein gewürfelt
- 1/2 rote Spitzpaprika, fein gewürfelt
- Olivenöl zum Anbraten
- 1 EL Tomatenmark
- 250 g trockener Rotwein
- 200 g rote Linsen
- je 1 Zweig Thymian und Rosmarin, Blättchen gezupft, mit 1/2 TL Kümmel fein gehackt
- 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
- 1/2 TL Cayenne
- 1 Pr. Zimt
- Salz, schwarzer Pfeffer
- 20 g Sojasauce
- 4 Tomaten, gehäutet, grob gehackt oder grobe Passata
- 1/2 Bund Petersilie, fein gehackt (ich: weg gelassen, war nicht im Haus)
- etwas Butter und Sahne
- Taglierini all’uovo no.105 nach Belieben, gegart (ich: Cappelini no. 3)
Nachdem ich alle Zutaten bereit gestellt und fotografiert hatte, was eine ganze Weile dauerte, da Herr H. normalerweise diese Aufgabe übernimmt, schwitzte ich die Zwiebelwürfel in Olivenöl bei milder Hitze leicht glasig, gab Knoblauch, Sellerie, Möhre und Paprika hinzu und ließ alles eine Weile mitschmurgeln. Dann gab ich Tomatenmark und fein gehackte Kräuter hinzu, röstete beides kurz mit bei etwas stärkerer Hitze und löschte dann mit Rotwein ab. Nun kamen noch die Linsen und die restlichen Gewürze hinzu und alles durfte offen bei schwacher Hitze 25 Minuten unter gelegentlichem Rühren köcheln. Ja, richtig gelesen, die roten Linsen durften eine knappe halbe Stunde köcheln und waren nach der langen Zeit ganz entgegen meiner Befürchtung nicht zu Brei zerfallen. Sehr seltsam. Vielleicht lag es an der Säure des Weins? Egal. Ich hob nun die Passata unter, ließ sie einige Minuten mitköcheln, schmeckte noch einmal mit Salz und Pfeffer ab. Sehr viel versprechend! Zum Schluss schmolz ich etwas Butter und Sahne in einer Pfanne, hob behutsam die wirklich sehr, sehr dünnen Nudeln unter und richtete sie auf der Sauce an. Herr H., inzwischen eingetrudelt, schoss ein paar schnelle Bilder und merkte dabei an, dass der Fototeller extrem verlockend röche.
Fazit: Ich erlaubte mir noch, da es darauf nun eh nicht mehr ankam, die rezeptwidrige Zugabe von Parmesan und Basilikum und dann konnten wir endlich schmausen. Die Linsen Bologneser Art hatten einen unerwartet komplexen Geschmack. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich möglicherweise Fleisch in irgendeiner Form darin vermutet, sei es als Fond oder Hackfleisch. Die Linsen waren gar und noch erstaunlich bissfest. Ich war geradezu hingerissen. Wie gut es doch manchmal ist, seine Bedenken über Bord zu schmeißen. Auch Herr H. war nach dem Essen voll und ganz zufrieden. Glück gehabt.
Aus: Die Geheimnisse meiner Brasserie Küche Robert Hülsmann
Beim Durchlesen der Zutatenliste staunte ich, denn da sind wirklich viele gute Lebensmittel drinnen. Da kann ich mir schon denken, dass deine Bolognese komplex schmeckt. Linsen mit Nudeln sind generell keine schlechte Kombination, was ich mir lange nicht vorstellen konnte.
Ich war vor allem erstaunt, ein solches Rezept in einem Buch zu finden, in dem “from-nose-to-tail” reichlch Fleisch verarbeitet wird. Wie auch immer, das Nachkochen lohnt in diesem Fall! 🙂
Eine wunderbare Variante der “Linsen- Bolo”… werd ich mal nachbasteln. Unter Weglassung gewisser Zutaten, du weißt schon…
Danke, Christine. Statt Sojasauce geht sicher auch etwas Marmite, wobei du das wahrscheinlich auch nicht verträgst… *seufz* …
stimmt auffallend. Speck, auch wenn das dann nicht mehr vegetarisch genannt werden darf, der geht in Maßen.
Speck ist kein Fleisch. 😉
Linsen-Bolognese liebe ich, lieben wir alle. Die steht hier öfter auf dem Tisch als das Original, allerdings mit anderen Linsen.
Mich wundert, dass die roten Linsen nicht verkocht sind. Ich muss das wohl ausprobieren, sonst erfahre ich es ja nie……
Ja, die mit den grünen Linsen gibt es hier auch öfter. Aber diese ist eine schöne Abwechslung – probieren! 😉
hi, also gibt es Linsen-Bolognese, also ich bin ja wohl eher das Gegenteil das du bzw. ihr der elendige Kälte zuschreiben könnt, also bei uns gibt es so ungefähr einmal in der Woche was mit Fleisch, daher kann ich nur sagen diese Bolognese – her damit,
ich mag Linsen total gerne und sie können auch gut wärmen von innen und werden nur langsamer verdaut dank der komplexen Kohlehydrate weil der Blutzuckerspiegel so über längere Zeit stabil. Noch dazu gibt es wie beim Fleisch viel Eisen, sowie Mineral und Spurenelemente.
tolles Gericht, sorry, bin a bissal abgekommen aber ich mag Linsen total gerne.
lg netzchen
Kälte macht mich generell nicht nur übellaunig, sondern auch sehr, sehr fleischhungrig. Ist schlimm, ich weiß, aber zum Glück ist es hier morgen vorbei mit dem Dauerfrost. Kann’s kaum erwarten und dann gibt es endlich die ganzen anderen vegetarischen Leckerlis, die auf der Liste stehen!
Liebe Grüße,
Eva
Ich hoffe, der Herr H. ist nicht beleidigt, wenn ich sage, dass mir die Fotos gelungen wie immer erscheinen 🙂
Und wieder mal ein Gericht, welches man anscheinend dringend mal ins Auge fassen müsste!
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Nein, warum sollte er? Die Kamera ist ja bereits voreingestellt, so kann ich wenig falsch machen. Und ein Nachkochen lohnt in diesem Fall wirklich, Andy!
Liebe Grüße aus Hamburg,
Eva
Linsen-Bolo ist ein sehr, sehr gesehener Gast bei uns – einer, bei dem niemand das Fleisch vermisst. Das letzte Mal eigentlich schon wieder viel zu lange her. Deine Variante wird also demnächst gegen die bisher bewährte Fassung antreten!
Bei uns ist es zugegebenerweise auch schon etwas her. Werde sie wohl nächste Woche mal wieder auf den Plan setzen, Linsen sind schon besorgt. 🙂
Mir geht es da wie Susanne und ich wundere mich, warum die Linsen nicht zu Brei verkocht sind. Muss ich wohl auch mal testen….
Versuch macht klug, in jedem Fall. 😉
Übermorgen ist hier Pasta-Party. Bin schwer am Überlegen, dass als die vegetarische Variante anzubieten.
Das kann ich, wie gesagt, nur empfehlen.
Mal was ganz anderes, habe “Die Stunde zwischen Frau und Gitarre” jetzt durch und hadere ein wenig mit dem Ende. Wie fandest du es?
Linsen-Bolognese gab es schon ewig nicht mehr und vor allem nicht in solche einer leckeren Art. Ist vorgemerkt! Rote Linsen müssten auch noch im Vorrat sein – ich bin gespannt!
Und ich bin gespannt, was du dazu sagen wirst. 😉
Das darf man! 😉
Klingt wirklich wie eine richtig klassische Bolognese (bis auf die Sojasauce) nur eben ohne Fleisch. Würde ich total gern mal probieren, weiß nur nicht, ob sich mein ‘italienischer’ Mann davon überzeugen lässt 😉 .
Ganz liebe Grüße Maren
Danke, Maren. Das dachte ich mir auch. Also dürfen. Man darf sogar prinzipiell alles, was man will, solange es niemand anderen verletzt (weisst schon, Kant und so). Und ich bin sicher, dass sie deinem Mann schmecken wird!
Liebe Grüße,
Eva
Als absoluter Linsenfan mußte ich es sofort ausprobieren! Köstlich – und keine Linse verkocht, nicht einmal beim Aufwärmen!!!
Das freut mich zu hören, Gabriele. Danke für das Feedback! 🙂
Gestern nachgekocht- sehr gut geschmeckt! Kann es sein, dass die Linsen nicht verkochen, weil die Flüssigkeitsmenge mit 250g auf 200g Linsen nicht so hoch ist? Bei mir haben die Linsen den Wein rasch einmal ziemlich aufgesaugt und dann mehr vor sich hin geschmort.
Liebe Grüsse
Claudia
Das kann natürlich auch dazu beitragen! Danke für das Feedback, Claudia!
Liebe Grüße,
Eva
Neben mir sitzt jemand, der (fast) immer nur eine Antwort parat hat, wenn ich frage «was soll ich kochen?» – «Pasta!», und damit sind ganz klar meine selbst gemachten Nudeln gemeint. Also bin ich um jede Saucen-Variante froh! Und mit roten Linsen rennst du bei mir offene Türen ein.
Danke und Grüsse aus Fernost,
FEL!X
Immer gern, Felix! Und wie, ich sitze neben dir? 😉 Das ist auf jeden Fall auch meine Standardantwort, wenn allgemeine Rezeptratlosigkeit herrscht. Pasta geht immer.
Liebe Grüße aus Hamburg,
Eva
Ich finde ja, dass rote Linsen allerhand können. Ich habe damit schon Kroketten paniert und neulich in Reisbällchen versenkt. Als vegetarischer Bolo-Verschnitt stelle ich sie mir auch fein vor. Ich hätte nicht gedacht, dass sie nach 30+ min noch Biss haben. Muss echt am Wein liegen …
Das mit den Kroketten klingt spannend! Die “Bolognese” scheint empfehlenswert zu sein bei der Nachkochrate. 😉
Hi Eva!
Super klasse Rezept! Ich hab damit eine Lasagne mit Buchweizennudeln und Ricottafüllung gemacht, ein Traum!!
Liebe Grüße,
Larissa
Danke für das Feedback, Larissa. Freut mich, dass ich dich inspirieren konnte!
Liebe Grüße,
Eva
Hi Eva!
Genial lecker! Wir haben deine Linsen Bolognese als Füllung für eine Lasagne benutzt… Richtig, richtig gut! Wird es bestimmt demnächst auch einfach mal zur Pasta geben!
Liebe Grüße,
Larissa
Upps, doppelt gemoppelt! Entschuldige!
Doppelt gemoppelt hält besser. 😉
Hallo Larissa. Dake für das feedback. Freut mich, dass sie so gut ankam. 🙂
Liebe Grüße,
Eva
Du hast das FLEISCH(!!!) und den Speck vergessen.Linsen, Paprika ind Zimt kannst du weglassen.
Jeder wie er mag. 😉
21 Zutaten auf der Zutatenliste … das ist viel zu viel für solch ein bodenständiges Gericht! Das meiste davon ist Chichi.
Wer ein Gespür für Gewürze und natürliche Aromen und deren Zusammenspiel hat, kann da großzügig reduzieren. Ich will nicht sagen, dass die Zusammenstellung in diesem Rezept nicht schmeckt. Sie ist nur zu umfangreich.
Ich habe das Wagnis auf mich genommen, ein Rezept nach zu kochen. 😉
Deine Kritik wäre beim Autoren des Rezepts, Robert Hülsmann, sicher besser aufgehoben…