Als ich in der letzten Woche über ein wunderbares “Resteessen” stolperte, war es sogleich um mich geschehen. Es gibt sie noch, die Rezepte, die mich derart begeistern, dass ich sogleich in die Küche eilen möchte. Nicht mehr ganz so oft, aber zum Glück noch oft genug. Es gab nur ein winziges Problemchen. Ich hatte weder fertig gegarten Kalbstafelspitz, noch Grünen Spargel im Haus. Nachdem ich eine Weile mit mir gerungen hatte, beschloss ich, es darauf ankommen zu lassen. Vielleicht würden sich weißer Spargel und gekochter Schinken auch gut einfügen. Herr H. hatte ausnahmsweise kein Mitspracherecht, da er noch nicht anwesend war. Und wenn meine Rechnung nicht aufginge, so konnte ich ja immer noch den Mantel des Schweigens über den Versuch breiten.
Zutaten:
- 2 Scheiben gekochten Schinkens, aufgerollt, in dünne Ringe geschnitten
- 500 g weißer Spargel, geschält, in ca. 5 cm lange Stücke geschnitten, in wenig Olivenöl mit etwas Zucker und Salz in ca. 10 -15 Minuten im eigenen Saft gegart
- (ich: ca. 250 g kleine Kartoffeln, in der Schale gegart, gepellt)
Für die Thunfischsauce:
- 1,5 EL Mayonnaise (von dieser)
- 60 g Thunfisch aus der Dose (mindestens in Olivenöl)
- 1,5 TL Salzkapern, gewässert
- 1 Sardelle
- je 1,5 – 2 EL Weißwein und Kalbsfond
- Zitronensaft und etwas Essig zum Abschmecken
- Salz, schwarzer Pfeffer
Ich gab den abgetropften Thunfisch mit den restlichen Zutaten in den hohen Becher und pürierte alles mit dem Stabmixer zu einer feinen Creme. Je nachdem, wie “trocken” der Thunfisch ist, muss gegebenenfalls die Flüssigkeitsmenge angepasst werden. Die fertige Sauce schmeckte ich mit Zitronensaft, etwas Essig, Salz und Pfeffer ab und stellte sie kühl. Es kostete mich etwas Disziplin, sie nicht sogleich auf frisches Baguette gestrichen wegzufuttern.
Für die Salsa verde:
- 1 Ei, 6 Minuten in Essigwasser (?) gekocht, Eigelb ausgelöst (das Eiweiß kann vorab gegessen werden)
- 1 kleine Knoblauchzehe, geschält
- 3 Sardellenfilets
- 1 Scheibe Toastbrot ohne Rinde, trocken (ich: ca. 2 EL Panko)
- 1/2 grüne Chili, entkernt (ich: 1 Pr. Cayenne)
- ca. 35 g Kräuter, von den Stielen gezupft (viel Petersilie, wenig Salatspinat, wenig Schnittlauch und ein paar Blättchen Basilikum)
- 1 EL Salzkapern, gewässert
- ca. 70 g Zitonenöl (ich: ca. 35 g Orangenöl und etwas Zitronenabrieb)
- Salz, schwarzer Pfeffer
- 1 Pr. Zucker
Mir war zwar nicht klar, warum das Ei in der Schale in Essigwasser gekocht werden sollte, aber was tut man nicht alles. Ich gab das ausgelöste Eigelb mit den übrigen Zutaten in den Zerkleinerer und ließ ihn ca. 2 Minuten bei hoher Geschwindigkeit laufen, bis eine cremige Sauce entstanden war. Herr H., der inzwischen heimgekehrt war, zog beim Anblick der grünen Sauce fragend die Augenbrauen nach oben, ob es etwa schon wieder Pasta gäbe? Ich scheuchte ihn aus der Küche, richtete Spargel, Schinkenröllchen und die beiden Saucen auf zwei Tellern an und reichte ihm einen hinaus ins “Studio”. Begeistert ob des schönen Tellers erledigte er flink seine Arbeit und brachte den Teller mit zurück an den Tisch. Sehr gespannt kosteten wir den ersten Bissen.
Fazit: Zu meiner großen Freude (und Erleichterung), war die Rechnung aufgegangen. Auch ohne Tafelspitz war das Mahl überwältigend gut. Die kräftige Thunfischsauce passte auch zum weißen Spargel und die grüne Sauce verband alles mit ihrer Frische. Die Reste beider Saucen machten sich am nächsten Abend beim Grillen zudem sehr gut. Ein perfektes Spargelessen, das im Handumdrehen auf dem Tisch steht. Damit kann ich nun endlich die diesjährige Spargelsaison sehr zufrieden abschließen.
Sehr begeisternd- Spargel ist durchaus ein Gemüse für Improvisationskünstlerinnen- und improvisieren hab ich ja letztes Wochenende vertieft.
Danke, Christine! Darf man gespannt sein?
Das war ja singende Improvisation, leider ohne Aufnahme. Dennoch, die Grund-Idee, die ist dirchaus auch auf die Küche übertragbar. Und so wird aus Spargel, Avocado, Ei und Tomaten zweimal ein schnelles- und kaum reproduzierbares- Mittagspausenessen. Wobei die nicht-Reproduzierbarkeit ja auch zum Wesen der Improvisation gehört. Schönen Sonntag!
Dir auch! 🙂
Eine attraktive Umsetzung ! Gut gibt es nicht noch “z.B. rote” Spargeln. Sonst würde mir die Wahl zwischen Robert’s und deinem Rezept noch schwerer fallen. 😉
Danke, schön! Es gibt immerhin violetten, aber der verliert beim Kochen ja leider seine Farbe und wird zu schnödem Grünem. 😉
Herrliche Neuschöpfng!!! Möchte ich gleich mitessen. Das Ei wird übrigens vorab gekocht, damit mögliche Salmonellen, Campylobacter und andere Erreger nicht über den Teller spazieren. Rohe Eier sind heutzutage ungeniessbar. Auch Bio, gerade Bioeier.
Ich mache meine Mayonnaise seit ü30 Jahren immer mit einem rohen Ei – muss ich jetzt umdenken? 😉
Als erfahrener Koch weisst Du, wie man mit rohen Eiern umgehen muss. Dann passiert kaum was.
Mache ich auch, zwar erst seit ein paar Jahren, aber geschadet hat es uns bislang nie. 🙂
Danke, Robert. Das war bei so einer Vorlage auch nicht besonders schwer. 🙂
Warum es gekocht wird, war mir schon klar, mich irritierte nur das “Essigwasser”.
Oh wie hübsch! Das Arrangement erinnert mich an eine Fantastik Torte von C. Michalak ?
Liebe Grüße Maren
Danke, Maren. Eine Spargel-Torte? Warum nicht. 😉
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Eva
Das mit dem Mantel des Vergessens bzw. Schweigens kommt mir irgendwie bekannt vor… Besonders, weil ich vor ein paar Tagen versucht habe, Riso Venere mit Mango und Crevetten (nach dem Rezept eines italienischen Fernsehkochs) zu vermählen. Ich mag Reis, ich mag Mangos und ich mag Crevetten. Aber als Kombination? Nie wieder!
Ja, solche Erfahrungen kenne ich nur zu gut, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie in den letzten Monaten nicht mehr ganz so häufig auftreten. Es scheint Hoffnung zu bestehen. 😉
Farblich schön und auch geschmacklich kann ich es mir gut vorstellen (und schon läuft mir das Wasser … )
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Danke, Andy. Und es ist schnell gemacht!
Liebe Grüße aus Hamburg,
Eva
Das gefällt mir ausgesprochen gut, was du da gezaubert hast! Optisch sowieso eine Augenweide, aber auch kulinarisch stelle ich mir das als eine Bereicherung vor.
Danke, Susi. Es war aber auch zu köstlich, ich muss heute wohl doch noch einmal Spargel kaufen. 😉
man reiche mir bitte umgehend Messer, Gabel… ach am besten gleich einen grooossen Löffel, damit ich mich sofort diesem köstlichen Teller widmen kann
Danke Sabine! Und das von dir, die du derzeit in den erlesensten Lokalen speist. 🙂
Lecker! das ist das ist das einzige, was mir dazu einfällt. Dafür könnte ich mich auch begeistern.
Liebe Grüße
Gerd
Und ich bin sicher, dass es euch genauso gut schmecken würde, wie es uns geschmeckt hat. 🙂
Liebe Grüße,
Eva