Ich finde es nach wie vor höchst faszinierend, dass die Quelle der Möglichkeiten bei der Zubereitung von Speisen schier unerschöpflich ist. Man sollte meinen, nach dem Studium hunderter Kochbücher, -blogs und -zeitschriften würde sich alles immer nur noch wiederholen und beginnen, mich zu langweilen. Aber dem ist absolut nicht so. Wobei ich zugeben muss, dass es inzwischen schwieriger geworden ist, Neues zu entdecken. Am letzten Sonntagabend stolperten Herr H. und ich eher zufällig über den geräucherten Zander. Ich musste nicht lange überlegen, was es dazu geben könnte. Die Linsencreme mit Sojabutter drängte sich förmlich auf. Wir hatten noch nie im Wok geräuchert und ich war einigermaßen skeptisch, ob das wirklich so problemlos wie beschrieben funktionieren würde. Aber was hatten wir außer drei Zanderfilets schon groß zu verlieren?
Für die Sojabutter:
- 250 g Sahne
- 50 g Sojasauce
Ich habe vor Jahren schon einmal selbst Butter aus Rohmilch hergestellt. Die Milch wurde dazu in ein großes Schraubglas gegeben und anschließend ausdauernd geschüttelt. Nach geraumer Zeit, reichlich lahmen Armen und nahezu aufgegebener Hoffnung, begann sich Fett und Wasser tatsächlich voneinander zu trennen. Doch die Ausbeute an Butter aus 1 Liter Milch war so gering und der Geschmack der Butter so durchschnittlich, dass ich das Buttern schnell wieder aus meinen Gedanken verbannte. Nimmt man hingegen Sahne als Ausgangsprodukt, sieht die Sache natürlich schon ganz anders aus. Herr H. gab Sahne und Sojasauce in die Schüssel der Küchenmaschine und ließ sie auf kleinster Stufe so lange schlagen, bis sich Fett und Wasser zu trennen begannen. Das dauerte eine ganze Weile. Ich goss alles durch ein Sieb, knetete die Butter noch kurz von Hand und stellte sie anschließend kalt. Die Buttermilch benutzte ich am nächsten Tag zum Brotbacken.
Für zweierlei Linsen:
- 100 g Belugalinsen (ich: Puy), 1 Stunde in kaltem Wasser eingeweicht
- 1 kleine Schalotte, fein gehackt
- 20 g Rapsöl
- 1 Thymianzweig
- 200 g Geflügelfond
- 40 g Gemüsewürfel aus Lauch, Sellerie und Möhre, feinst gewürfelt
- 1 TL Balsamessig
- 30 g Sojabutter
- Salz
Herr H. schwitzte erst die Schalotte, dann die Gemüsewürfel in Rapsöl an, gab die abgetropften Linsen und den Thymian hinzu und goss den Fond an. Abgedeckt ließ er die Linsen ca. 30 – 40 Minuten köcheln. Er schmeckte mit Essig und wenig Salz ab, gab 2/3 der Linsen (Thymian entfernt!) mit der Sojabutter in einen hohen Becher und pürierte sie zu einer feinen Creme. Dann gab er das Püree in eine Schale und stellte es und die restlichen Linsen bis zum Anrichten warm.
Für den geräucherten Zander:
- 2 – 3 Zanderfilets mit Haut (ca. 225 g)
- 100 g Basmatireis
- 2 EL grünen Tee
- 2 TL Zucker
- 1 Pr. Fenchelsamen
Ich kleidete die Wokpfanne mit Alufolie aus (glänzende Seite nach unten, keine Ahnung warum), gab Reis, Tee, Zucker und Fenchel gründlich vermischt hinein und legte ein kleines Eisengitter darüber. Dann erhitzte ich den Wok mit Deckel ca. 7 Minuten bei mittlerer Hitze (bei meinem Herd Stufe 6/ 9), bis eine deutliche Rauchentwicklung erkennbar war. Herr H. öffnete den Deckel, legte die Zanderfilets mit der Hautseite nach unten ein und schloss den Deckel wieder. Ich hatte die Temperatur etwas reduziert (4/ 9) und ließ die Filets ca. 5 Minuten räuchern. Das ganze ging nahezu vollkommen geruchlos vor sich. Das geöffnete Küchenfenster hätte auch geschlossen bleiben können. Erstaunlich. Soweit, so gut. Hätte ich mich nun noch an den Tipp, Fischfilets auf Backpapier zu braten erinnert, wäre alles perfekt gewesen. Leider ging das in dem Moment völlig unter. Ich briet die Filets bei sanfter Hitze in Olivenöl auf der Hautseite an und leider stellte sich dabei heraus, dass der Mythos der beschichteten Pfannen leider wahr ist. Nach einem Jahr ist die Beschichtung in der Regel hin, auch wenn sie keine sichtbaren Macken aufweist. Die Eisenpfanne wird bald einziehen!. Fluchend wendete ich die Filets und briet sie auch auf der anderen Seite kurz an. Herr H. hatte inzwischen Linsencreme, Linsen und einige Kräuter angerichtet. Ich platzierte das unversehrteste Filet darauf und machte mich wie üblich an das Aufräumen.
Fazit: Der Zander schmeckte auf jeden Fall deutlich besser als er aussah. Er hatte eine feine Rauchnote, die mir sehr gefiel. Für Herrn H. s Geschmack hingegen hätte sie gern noch etwas ausgeprägter gewesen sein können. Linsen, Linsencreme und das dazu genossene Baguette passten perfekt. Die Linsencreme hatte durch die Zugabe der Sojabutter einen ebenfalls ganz leicht rauchigen Geschmack, eigentlich unerklärlich, aber sehr fein. Herr H. war begeistert und begann sogleich zu überlegen, was wir wohl noch alles räuchern könnten. Ich hielt ihn nicht davon ab.
Räuchern nach: Kochen à la Liberté Daniel Galmiche
Linsen mit Sojabutter aus: Fermentation Heiko Antoniewicz, Michael Podvinec und Thomas Ruhl
tatsächlich, gleich mehrere tolle Experimente gelungen! Und mit den unendlichen Möglichkeiten… grade lese ich immer wieder in “Aroma” und stoße auf Verblüffendes, was unbedingt getestet werden möchte…
Danke, Christine. “Aroma”? Sollte ich das auch besitzen? 😉
wenn du gerne wissenschaftlich unterwegs bist… ist ein rechtb besonderes Buch und ich könnte mir schon vorstellen dass es dich anspricht- Kochen nach Rezepten steht nicht im Vordergrund.
Ok, ist notiert. 🙂
klingt super lecker. ich liebe zander und werde das sicherlich ausprobieren.
aber was bringt es, die sojabutter selbst zu machen? nachdem die ja mit den linsen püriert wird, genügt es denn dann nicht, etwas butter und sojasauce zu den linsen zu geben? macht die selbst gefertigte sojabutter einen so großen geschmacksunterschied, der wirklich den aufwand und die bleibenden reste rechtfertigt?
liebe grüße su
Danke, Susan. Was es bringt? Ich weiß es, ehrlich gesagt nicht. Die selbst gemachte Sojabutter hatte schon einen sehr speziellen Geschmack, aber ob man den Unterschied im Linsenpüree schmecken würde? Die restliche Butter ließ sich auf jeden Fall bestens anderweitig einsetzen. 🙂
Liebe Grüße,
Eva
Klingt ja sehr lecker und sieht auch noch super aus 🙂
Liebe Grüße Nina
Danke, Nina.
Linsen mit Sojabutter! Da hast du ja wieder einen Volltreffer gelandet. Am Wochenende wollte ich eh Linsen kochen, daher danke für das Rezept!
Danke, Susi. Ich hoffe, es hat geschmeckt. 🙂
Wie würden Rauchmelder reagieren? Schon ausprobiert?
Die befinden sich meist nicht in der Küche, oder? 😉
Eva, ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Du fluchst – schimpfen vielleicht, ja … 😉
Aber trotz allem ein Hingucker Teller!
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Danke, Andy. Und was das Artikulieren großen Ärgers angeht, kann ich durchaus einem Rohrspatz Konkurrenz machen. 😉
Liebe Grüße aus Hamburg,
Eva
Super Rezept!! Gleich drei schöne Komponenten. Linsenpüree, Sojabutter, und räuchern. Da habt ihr euch aber echt viel Arbeit gemacht, aber wenn man den Teller nur sieht, weiss man dass es sich gelohnt hat. Vielen Dank für dieses Rezept LG Malou
Danke, Malou. Es ging, im Vergleich zu mach anderem Essen recht fix, der lange Text täuscht. 😉
Liebe Grüße,
Eva
Das ist ja alles toll! Ich habe mich wegen befürchteter Gestanksentwicklung noch nie ans Räuchern gewagt, aber Du hast mich ermutigt. Und diese Butter, die steht quasi schon hier auf dem Tisch.
Danke, Susanne. Ich bislang auch nicht. Aber es war wirklich völlig unkompliziert. Nur Mut!:-)
Wow, ich finde dein Teller sieht lecker UND spannend aus. Das ist ja mal ne coole Idee: Im Wok räucherln – das eröffnet grade ganz neue Möglichkeiten! Und das mit der Sojabutter finde ich auch sehr spannend! Sehr inspirierend hier!!! Hattest du einen bestimmten Einsatz für das Gitter hergenommen?
LG Eva
Danke, Eva. Ja, das eröffnet in der Tat neue Horizonte. 🙂 Als Einsatz habe ich ein “Dekogitter” (weiß leider nicht, woher es stammt, war ein Geschenk) genommen, das war das einzige, das in meinen Wok passt. Meine Abkühlgitter sind leider viel zu groß.