Hach, war es herrlich an der Küste! Die ansonsten eher fade Ostsee, ich darf das sagen, habe ich doch treu über 15 Jahre an ihrer Seite geharrt, präsentiert sich im äußersten Osten des Landes herrlich wild und abwechslungsreich, wenn auch im Vergleich zur Nordsee recht salzarm. Herr H. und ich genossen den Urlaub sogar so sehr, dass wir erwägen, noch in diesem Jahr dorthin zurück zu kehren. Wir werden sehen. Nun hat uns die Elbe erstmal wieder. Und der heimische Herd natürlich. Herr H. brachte von seinem ersten Bücherhallen-Fischzug nach dem Urlaub ein recht spannendes Buch mit ins Haus. “Deutscher Wein – Deutsche Küche“. Ich betrachtete es zunächst sehr skeptisch, da unsere Vorlieben bezüglich traditioneller deutsche Küche sehr stark auseinander gehen. Während Herr H. alles von Rouladen über Grünkohl bis hin zum Sauerbraten liebt, sind mir die meisten Gerichte zu mächtig und arm an Gemüse. Man denke nur an den “tot” gekochten Rotkohl. Brr. Ein etwas genaueres Studium des Buches belehrte mich jedoch eines Besseren. Herrn Raue schien es wie mir ergangen zu sein, mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass er sich die Klassiker der deutschen Küche vorknöpfte und sie kräftig auslüftete. Allein deshalb gab ich Herrn H.s dringlichem Wunsch nach falschem Hasen statt.
Für den falschen Hasen:
- 300 g gemischtes Hackfleisch
- 1 Ei Gr. S
- 10 g Senf (mittel scharf)
- 7,5 g Ketchup
- 12,5 g Panko
- 15 g Röstzwiebeln
- 1,5 EL frischer Marjoran, fein gehackt
- Salz, schwarzer Pfeffer
- Butter für die Form (hier: Kastenform 12 x 6 x 5 cm)
Wer wie wir keine gekauften Röstzwiebeln im Haus hat, frittiert 2 mittelgroße Zwiebeln in ca. 120 – 130°C heißem Öl, bis sie leicht goldbraun werden und lässt sie anschließend auf Küchenpapier abtropfen. Das dauert ca. 10 -15 Minuten. Es ist dabei wichtig, Temperatur und Zwiebeln stets im Blick zu behalten, direkt nach goldbraun kommt schwarz und das geht verdammt schnell, wie ich beim ersten Versuch feststellen durfte. Zum Glück waren genug Zwiebeln im Haus. Herr H. vermengte dann alle Zutaten von Hand zu einer homogenen Masse, füllte sie in die gefettete Form und buk den Hasen zunächst 15 Minuten bei 220°C und dann weitere 30 Minuten bei 140°C. Es roch unverschämt gut.
Für den Pilzrahm:
- 10 g Schalotte, sehr fein gewürfelt
- 12,5 g Butter
- 10 g dunkler Sherry
- 250 g Sahne
- 7,5 g getrocknete Steinpilze
- 7,5 g getrocknete Pfifferlinge (ich: weg gelassen, keine da)
- (ich: 125 g braune Champignons, blättrig geschnitten)
- 1 TL Fischsauce
- 1 Pr. Salz
Ich schwitzte die Schalotte in Butter farblos an, gab die Champignons hinzu und briet sie ebenfalls an. Dann löschte ich mit Sherry ab, ließ alles einmal aufkochen und gab Steinpilze und Sahne hinzu. Nun ließ ich die Flüssigkeit auf ca. 150 ml leicht köchelnd reduzieren. Abschließend schmeckte ich mit Fischsauce und Salz ab und stellte die Sauce warm.
Für das Gemüse:
- 100 g Möhren, geschält, in dünne Scheiben geschnitten
- 100 g Erbsen
- 30 g Gemüsefond
- 13 g Orangenöl
- 13 g Rapsöl
- 1 g Zucker
- etwas Zitronenabrieb, fein gehackt
- 1 Spitzer Tabasco
- 1 Pr. Cayenne
- Salz
Im Original-Rezept werden Erbsen und Möhren separat zubereitet. Ich sparte mir einen Topf, schwitzte die Möhren in Orangen- und Rapsöl an, löschte mit Fond ab und ließ sie abgedeckt mit Zucker und Salz gewürzt ca. 10 Minuten köcheln. Dann gab ich die Erbsen hinzu, ließ sie einige Minuten mit köcheln und schmeckte schließlich mit Zitronenabrieb, Tabasco und wenig Salz ab. Auch das Gemüse durfte warm gestellt auf seinen Einsatz warten. Da wir das Gericht als Vollmahlzeit zu uns nehmen wollten, ersetzten wir kurzerhand das vorgeschlagene Möhrenpüree durch ein ähnlich gewürztes Süßkartoffelpüree aus ca. 400 g Süßkartoffel, in Salzwasser gegart und anschließend mit 20 g Orangenöl, 1 Prise Salz, Zucker und Cayenne püriert. Nun konnte endlich serviert werden.
Fazit: Ich konnte es kaum glauben, aber der falsche Hase haute mich tatsächlich von den Socken. Locker, saftig und herrlich gewürzt. Dazu die cremige Pilzsauce und das Gemüse mit leichter Orangennote – ein Gedicht. Auch das dazu erdachte Süßkartoffelpüree war äußerst stimmig. Herr H. konnte sich kaum halten vor Freude, war ich doch nun bereit, auch den übrigen Rezepten des Buchs eine Chance zu geben. Derart durchgelüftet kann die deutsche Küche sogar bei mir punkten. Zwei weitere Gerichte wurden bereits getestet und für sehr gut befunden. Stay tuned!
Aus: Deutscher Wein – Deutsche Küche Paula Bosch, Tim Raue
So zubereitet, wäre mir auch egal, ob der Hase nun falsch oder echt ist 😉
Willkommen zurück in der Küche!
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Danke, Andy. Das war es mir auch. 🙂
Liebe Grüße aus Hamburg,
Eva
Meine Eltern sind vor ein paar Wochen von einem Ostseeurlaub zurückgekommen und waren auch begeistert. Ich bin ja eigentlich eher der Berg-Urlauber, aber vielleicht sollte ich doch mal…
Davon abgesehen ist das ein richtiges Essen für mich. Hackbraten gehört zu den wenigen Fleischgerichten, die ich wirklich gerne esse und Erbsen und Möhrchen gehen sowieso immer. Das Rezept ist gespeichert 🙂
Liebe Grüße, Tring
Danke, Tring. Ich kann dir die See wirklich nur empfehlen (und ich gehe auch gern Bergwandern). Ist natürlich etwas anderes, aber auch sehr reizvoll!
Liebe Grüße,
Eva
Immer wieder spannend, was kleinste Nuancen im Rezept für eine Wirkung haben können! Dein Bericht klingt jedenfalls spannend – an dem Rezept wäre ich, das muss ich zugeben, von selbst vermutlich nicht hängen geblieben.
Dafür schwenke ich noch mal kräftig die Fahne für die Ostsee: Noch weiter östlich (Kurische Nehrung, Litauen, Lettland, Estland) ist sie teilweise noch viel wilder und beeindruckender (wenn auch graduell immer salzärmer). Wir haben uns davon auch kürzlich mal wieder überzeugt.
Das finde ich auch, Sabine. Und das ist es für mich letztlich, was das Kochen und Backen nach wie vor so attraktiv macht.
Weiter gen Osten werden wir uns sicher auch noch einmal “wagen”, dann allerdings radwandernd und dazu haben wir dieses Jahr leider nicht genug Urlaub am Stück. Vielleicht nächstes Jahr? 🙂
Da bleibe ich gerne “tuned”, das Gericht hätte mir auch gefallen. .. Liebe Grüße!
Danke schön! Das nächste wird dir sicher auch gefallen. 🙂
Liebe Grüße,
Eva
Schön, dass du wieder da bist, Eva! Ich habe deine regelmässigen Beiträge bereits vermisst. Der Hase sieht lecker und locker aus, genau wie ich das mag. Das Rezept trägt durchaus auch die Handschrift von Herrn Raue. Allerdings hätte ich jetzt bei dem Titel irgendwie Wein im Rezept erwartet 😉
Danke, Marco. So richtig bin ich leider noch nicht wieder da. Mir geht zur Zeit irgendwie die Motivation zum Schreiben ab, aber das gibt sich sicher.
Der Wein im Titel bezieht sich auf die sehr fachkundige Vorstellung deutscher Weine von Paula Bosch. Habe schon einige ins Auge gefasst. 🙂
Ich bin da merkwürdig veranlagt….komischerweise mag ich Frikadellen, Hackbraten aber nicht. Aber das hier klingt so, als ob ich der Sache mal wieder eine Chance geben sollte.
Ging mir bislang ganz genau so, aber dieser hat mich überzeugt. Ausprobieren! 🙂
Ein Teller, der mir ausgezeichnet gefällt!
Danke, Robert. 🙂
Ich mag die Ostsee sehr gern. Sie ist etwas lieblicher als die Nordsee, die ich aber gleichermaßen liebe.
Mit dem falschen Hasen habt ihr bei mir einen Volltreffer gelandet. Sehr , sehr lecker!
Liebe Grüße Maren
Danke, Maren.
Ich mag die Ostsee ja auch, aber genau wie das Mittelmeer empfinde ich sie nicht als “richtiges” Meer. Keine Ahnung, warum. Am liebsten ist mir die südfranzösische Atlantikküste, nur leider ist ist von uns aus soo weit…
Liebe Grüße,
Eva
Ich liebe Hackbraten bzw. falscher Hase (P.S. für mich auch ohne ganzes Ei) und der ganze Rest der “Hackfleischkugelfamilie”. Ein köstliches Wohlfühl-Essen zum Experimentieren mit Zutaten, Gewürzen und Saucebeilagen. Deine Combi gefällt mir sehr !
Danke schön. 🙂 Ja, das mit dem Ei geht für mich gar nicht. Ich esse ja nahezu alles, aber hart gekochte Eier, gegen die komme ich nicht gegen an.
Hallo liebe Namensvetterin,
hach, du sprichst mir aus der Seele. Hausmannskost (böses Wort, ich weiß…) kann saugut sein, aber wenn es sich um, wie du sagst, totgekochtes Gemüse handelt oder es dann auch noch mit fiesem Instantpulver gemixt wird, dann ists bei mir eh rum… viel zu oft hab ich als Beilage doch tatsächlich im Restaurant Fertigspätzle erlebt.. Aber diese Klassiker mal aufzumotzen, find ich ne prima Idee. Schönes Rezept! Und wie schön du das immer illustrierst und erklärst, da will man direkt loslegen!
Liebe Grüße 🙂
Vielen Dank für das schöne Kompliment, Eva! 🙂 In dem Buch befinden sich noch viele schöne Rezepte, zu schade nur, dass ich nicht von selbst auf all die guten Ideen komme. Aber was nicht ist… 😉
Liebe Grüße,
Eva