Nun, in diesem Fall wohl eher die Henne. Da wir aufgrund der aktuellen Gesundheitssituation dringend Hühnerfond benötigten, fielen ein paar Maispoulardenkeulen an. Herr H., zu dem Zeitpunkt noch fit und frisch, wählte sogleich das Rezept. Als ich ihn darauf hinwies, dass eine Marinierzeit von mindestens zwei Tagen vorgesehen sei, hob er nur kurz betrübt die Schultern und begann, die Zutaten für die Marinade zusammen zu suchen. Ich schob derweil alternativ ein Kartoffel-Kohlrabi-Gratin in den Backofen, von irgendetwas mussten wie an dem Abend ja schließlich satt werden.
Für die Marinade (Poulardenkeulen müssen 2 Tage darin im Kühlschrank durchziehen):
- 175 g Möhre, grob gewürfelt
- 150 g Sellerie, grob gewürfelt
- 150 g Schalotte, klein gewürfelt
- neutrales Pflanzenöl
- 100 g Speck, gewürfelt
- 50 g Tomatenmark
- 300 g Rotwein (kräftig, unbedingt einer, den man auch mit Freude trinken würde)
- 2 Lorbeerblätter
- 2,5 g schwarze Pfefferkörner
- 2 Maispoulardenkeulen (ich: plus zwei Flügel)
- evtl. etwas Geflügelfond
- Salz
- (einige bissfest gegarte Möhren- und Selleriewürfel zum Servieren)
Herr H. schwitzte das Gemüse im Bräter leicht an, gab Speck und Tomatenmark hinzu und ließ sie kurz mit braten. Dann löschte er mit Rotwein ab, gab Lorbeer und Pfeffer hinzu und zog den Topf vom Herd. Nachdem alles abgekühlt war, gab er die Keulen und Schenkel gemeinsam mit der Marinade in ein passendes Gefäß und stellte es verschlossen für zwei Tage in den Kühlschrank. Als es endlich soweit war, gab ich das Huhn samt Marinade zurück in den Bräter und ließ es ca. 1,5 Stunden sanft köcheln. Gelegentlich goss ich dabei etwas Fond nach..
Anschließend nahm ich die Hühnerteile heraus und ließ sie unter dem Backofengrill kurz bräunen. Herr H. gab die Sauce durch das feine Sieb in eine Kasserole, kochte sie etwas ein und versuchte, sie mit eiskalter Butter zu binden. Leider klappte das überhaupt nicht, obwohl die Sauce beim Binden nicht mehr köchelte. Ich weiß nicht, woran es gelegen haben mochte. Ich band die Sauce mit wenig in Wasser gelöster Pfeilwurzstärke und schmeckte mit wenig Salz ab. Zum Niederknien köstlich!
Für den Feldsalat:
- 50 g Rapsöl
- 2,5 g Apfelessig (eher die doppelte Menge!)
- 2 g Senf
- 1 g weißer Muscovado-Zucker (ich: stinknormaler weißer)
- 10 g Limettensirup
- 1 g Salz
- etwas grüner Tabasco
- ca.100 g Feldsalat
Ich mixte alle Zutaten mit dem Pürierstab zu einem cremigen Dressing und stellte beim Abschmecken fest, dass es durchaus noch etwas mehr von allen Gewürzen vertragen konnte. Herr H. vermengte die Hälfte des Dressings kurz vor dem Servieren mit dem Feldsalat und richtete alles auf vorgewärmten Tellern an. Die knusprig ausgelassenen Speckstreifen, die es eigentlich dazu geben sollte, vergaßen wir schlicht im Eifer des Gefechts. Und statt goldgelb in Butter gerösteter Brioche-Würfel reichten wir schlicht frisch gebackenes Baguette.
Fazit: Unsere kleinen Modifikationen taten dem unglaublichen Genuss jedenfalls keinen Abbruch. Die Keulen waren zart und aromatisch und die Haut zudem herrlich knusprig. Herr H. und ich, zu dem Zeitpunkt noch im Vollbesitz unserer Geschmacksknospen schwelgten was das Zeug hielt. Nachdem auch der letzte Rest Sauce mit Baguette aufgetunkt war, lehnten wir uns hochzufrieden zurück. Diese Variante des Klassikers weicht zwar ein gutes Stück weit von den meisten anderen Rezepten ab (keine Champignons, kein Cognac zum Flambieren), aber sie ergab das beste Coq au vin, das wir je gekocht haben. Ich vermute, mit dem Buch werden wir noch die ein oder andere Köstlichkeit entdecken dürfen.
Aus: Deutscher Wein Deutsche Küche Paula Bosch, Tim Raue
Das klingt durchaus erfreulich.Ich kann mir gut vorstellen, wie das Huhn durch Marinieren gewinnt. Ich würde auch gerne sagen, dass ich es gelich übermorgen ausprobiere, aber es muss leider noch ein wenig warten. Zu tun ;-). Viel. Aber der Merkzettel sitzt.
Den Hindernissen zum Trotz gab es ein grossartiges Ergebnis! Das zeichnet wohl grosse Köche aus 🙂
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Danke, Andy. Wir dilettieren halt ambitioniert vor uns hin. 😉
Liebe Grüße aus Hamburg,
Eva
2,5 Gramm Apfelessig? Wie grosszügig… 😉
Nicht wahr? 😉 Ich tippe mal auf einen Fehler im Rezept.
Dies Huhn klingt gar köstlich- eine für mich zudem verträgliche Variante, gerade wegden der fehlenden Champignons. Das wird garantiert einmal nachgekocht!
Endlich einmal etwas, das perfekt für dich ist. *freu* 🙂
ja gell, nicht so einfach mit mir.
Eine wohlklingende Alternative zu meinem (langjährigen) bisherigen Rezept. Deine Umsetzung werde ich nach dem Urlaub bestimmt nachbasteln. Das bessere Rezept gewinnt, das Andere muss über die Klinge springen. C’est la vie – vive le mieux !
Einen schönen Resturlaub. Das Nachkochen läuft ja nicht davon. 😉
Danke ! Der Urlaub hat gestern erst begonnen. Ich lebe nun (wieder) einen Monat lang von “Reis mit Beilagen” 😉
Stimmt – Pouletschenkel sind zum Glück an keine Saison gebunden.
Das klingt nach Fernost. 🙂 Ich wünsche erneut einen herrlichen Urlaub und eine sichere Heimreise!
eine interessante Variante des Coq au von – das macht mich neugierig und ruft nach Nachkommen 😉
Dir flattern bestimmt häufiger Poularden ins Haus. 🙂
Huch, hier sieht es schon so herbstlich aus? Ich brauch noch ein bisschen, bis ich mental zum Schmoren wieder bereit bin, dann werde ich aber gerne die 2 Tage marinieren auf mich nehmen 😀
Herbstlich? Ich bin noch ganz und gar im Sommer-Modus. Aber ich mag Schmorgerichte eben auch bei 30°C im Schatten. So hat jede ihren Knall. 😉
Sehr fein klingt das Rezept! Und nun werdet bitte ganz schnell wieder gesund! 🙂
Danke, Susi. Wir sind auf dem besten Weg. Aber dieser Infekt ist echt verdammt hartnäckig. Vielleicht haben wir danach zumindest wieder für ein Jahr Ruhe…