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Auf der Zunge zergangen

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Es ist schon fast drei Jahre her, dass ich bei Petra das Rezept für eine Rinderzunge auf indonesische Art bewunderte. Damals kommentierte ich, dass mich die kompliziert erscheinende Zubereitung der Zunge abschreckte, nicht die Vorstellung, Zunge zu essen an sich. Damit geht es mir wohl anders als vielen anderen Menschen. Es ist irgendwie ja auch nachvollziehbar. Eine Zunge ist schließlich im Gegensatz zu Steak & Co. ein Körperteil des Tieres, das man auch im lebenden Zustand wahrnehmen kann. Bei unserer letzten Heckrind-Lieferung war tatsächlich eine Zunge enthalten und ich erinnerte mich an das Rezept. Zuvor garten wir die Zunge in der Ochsenschwanzbrühe ca. 2,5 – 3 Stunden leicht siedend. Man sagt, sie sei gar, wenn sich die Zungenspitze mühelos durchstechen lasse.

zunge

Ja, ich gebe gern zu, dass mich der Anblick der rohen Zunge nach dem Auftauen schon ein wenig befremdete. Herr H. war da deutlich unsentimentaler. Als die Zunge fertig gegart war, fischte er sie aus der Brühe und zog ihr die Haut ab. Das ging viel leichter als erwartet. Wir halbierte die noch ca. 700 g wiegende Zunge, froren die eine Hälfte nach dem Erkalten ein und schnitten die andere Hälfte in ca. 1 – 2 cm große Stücke. Das Fleisch war sehr schier und zart. Für das Gericht werden nur 300 g der Brühe benötigt. Den Rest habe ich ca. auf die Hälfte reduziert und portioniert eingefroren.

Für die Rinderzunge indonesisch – Semur Lidah:

  • Öl zum Braten
  • 1,5 Zwiebeln, in Ringe geschnitten (ich: nur eine, da fertige Röstzwiebeln gerade zur Hand waren)
  • 2 Knoblauchzehen, fein gehackt
  • 40 g grüne Chilis (Jalapeños), entkernt und gehackt (ich: grüner Tabasco nach Geschmack)
  • 300 g Zungenbrühe
  • 300 g Schmortomatenpüree oder gehackte Tomaten (ich: Passata)
  • 2 EL süße Sojasauce (Ketjap manis)
  • 1 EL salzige Sojasauce (Ketjap asin)
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 2 Nelken
  • gemahlener Ingwer (ich: frisch geriebener)
  • 2 Kaffirlimettenblätter (ich: mehrfach eingeritzt)
  • 300 g gekochte Rinderzunge, in 1 – 2 cm Stücke geschnitten
  • 1/4 TL Muskat
  • (ich: ca. 200 g grüne Bohnen, gegart)

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Ich schmorte zunächst die Zwiebeln in Öl an, gab Knoblauch und Ingwer hinzu und ließ sie einige Minuten mitschmoren. Dann fügte ich Würzzutaten, Brühe und Passata hinzu und ließ alles 15 Minuten köcheln, bis die Sauce anzudicken begann. Herr H. legte die Zungenstücke ein und ließ alles ca. 30 Minuten bei schwacher Hitze abgedeckt köcheln. Ich schmeckte mit Salz, Pfeffer, Muskat und grünem Tabasco ab und gab die gegarten grünen Bohnen hinzu. Jalapeños waren zu dem Zeitpunkt in unserem näheren Umfeld leider nicht aufzutreiben gewesen. Die Sauce mundete schon einmal viel versprechend. Herr H. richtete die Zunge mit Basmatireis auf vorgewärmten Tellern an, streute Röstzwiebeln darüber und entschwand wie üblich.

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Fazit: Etwas zaghaft gabelte ich das erste Stückchen Zunge auf. Doch gleich danach schwanden Skepsis und Unbehagen. Das Fleisch war sagenhaft zart und aromatisch und erinnerte mich vom Geschmack und Konsistenz her stark an Herz. Auch Herr H. leerte seinen Teller mit großer Begeisterung. Die Aromenkombination war sehr stimmig. Sollten mir demnächst Jalapeños über den Weg laufen, werde ich es wohl glatt noch einmal kochen. Das kommt hier, außer mit Klassikern wie Pizza und Co. recht selten vor und das war ganz gewiss nicht die letzte Zunge, die ihren Weg in unsere Küche gefunden hat.

23 Kommentare

  1. Lis Lis

    …das Rezept hört sich gut an…nur Zunge…nein, mag ich nicht. Kann man das auch mit normalen Rindfleisch machen? Das würde mir dann schon gefalle 🙂 !
    Lieben Freitaggruß und ein entspanntes Wochenende

    • Eva Eva

      Danke, Lis. Ich bin sicher, dass das Gericht auch mit andrem Schmorfleisch funktioniert, wobei Zunge eben schon einen speziellen Geschmack hat. Einfach ausprobieren! Und ich wünsche dir ebenfalls ein herrliches Wochenende. 🙂

      • Lis Lis

        Für Deine Rückmeldung danke ich Dir liebe Eva.
        Zunge mag ich überhaupt nicht 🙂 !
        Auch Dir wünsche ich ein tolles und erholsames Wochenende.
        <3 lichst Lis

  2. Turtle Turtle

    Das sieht sooooooo lecker aus. Ich liebe Zunge. Bei uns zu Hause gab es früher ab und zu Zunge weil meine Mutter sie sehr gern isst. Leider ist so ein Schleck zu groß für zwei und ich hab auch keine Möglichkeit Dinge einzufrieren. So esse ich Zunge halt bei Familienfeiern, denn da kocht Muttern meist eine.

    • Eva Eva

      Danke, Tina! Der Schleck hält sich gegart im Kühlschrank sicher auch ein, zwei Tage. Aber bekocht zu werden ist natürlich auch nicht schlecht. 😉

  3. Meine Mutter kochte früher, als ich noch ein Kind war, ab und zu Rinder- oder Kalbsszunge. Lustigerweise habe ich es immer gerne gegessen, obwohl ich sonst in Sachen Fleisch sehr mäkelig war. Eine ganze Zunge habe ich allerdings auch noch nicht zubereitet, und werde mich in nächster Zeit, mangels Mitesser, wohl auch nicht dazu aufraffen können. Dafür ergötze ich mich an deinen Fotos. 🙂

    • Eva Eva

      Ja, es ist schon erstaunlich, was Kinder so essen, wenn man es ihnen vor isst. Die Nichte (knapp 2) vertilgt mit großer Begeisterung 70%ige Schokolade, hätte ich als Kind im Leben nicht gegessen. Und wer weiß, vielleicht läuft dir ja irgendwo mal eine Zunge “über den Weg”. 🙂

  4. Zunge- das gabs bei uns früher auch öfter, ich meine in Madeirasauce. Ich hab das gerne gegessen. Allerdings erst einmal selber gekocht, als Bestandteil eines Bollito Misto und war erstaunt, das Fleisch war als erstes weg. An deiner Variante müßte ich ziemlich schrauben um die für mich verträglich zu gestalten…

    • Eva Eva

      Madeirasauce klingt auch sehr verlockend. Eine halbe Zunge ist ja noch im TK. 🙂

      • tatsächlich durfte ich am Wochenende Zunge in Madeirasauce genießen, was für ein zeitgerechter Zufall. Und sie war gar köstlich…

        • Eva Eva

          Zeitgerechter Zufall in der Tat. 🙂

  5. Nose to Tail vom Feinsten. Wer Zunge nie probiert, verpasst etwas Grossartiges. Wir lieben Zunge 🙂
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

    • Eva Eva

      Eher tongue to tail. 😉
      Liebe Grüße aus Hamburg,
      Eva

    • Eva Eva

      Das freut mich. 🙂

  6. Ich liebe Zunge – und habe schon so lange vor, endlich selber eine zu machen. Was fehlt: Ein Metzger des Vertrauens, sowie: ZEIT. An letzterer arbeite ich, ersteres findet sich vielleicht von selbst. Und mit welchem Rezept ich starte, weiß ich jetzt auch :).
    Habt eine tolle Woche!

    • Eva Eva

      Unsere Fleischquellen haben sich meist scheinbar “magisch” ergeben. Wird bei euch garantiert auch klappen und ich wünsche euch ein wunderschönes Wochenende!
      (Zumindest die zweiten Wochenhälfte war großartig!)

  7. turbohausfrau turbohausfrau

    Und der Turbohausmann isst so etwas nicht. Himmelherrschaftszeiten! Dabei hat mich dieses Rezept schon einmal so angelacht und nun wieder. Ich würde so gern Zunge essen und Nierchen und alles, was Viecher so an Innereien haben.

    • Eva Eva

      Dann musst du einfach mal Freunde einladen, die so etwas essen und den Turbohausmann so lange woanders hin schicken. 😉

  8. Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Zunge. Die gab es damals als kleiner Knirps öfters bei Oma, zusammen mit Sauce Madeira. Leider kocht sie dieses Gericht in Anbetracht des fortgeschrittenen Alters heute nicht mehr und ich selber habe tatsächlich auch noch nie Zunge zubereitet. Allerdings ist die Jalapeño-Ernte im Garten in vollem Gang… das Rezept hier würde sich also durchaus anbieten 😉

    • Eva Eva

      Madeirasauce schient zu Zunge klassisch zu sein. Wird nachgeholt! Und vielleicht kannst du ja nun für deine Oma kochen?

      • So, liebe Eva. Mittlerweile weilt eine 350 g schwere Rinderzunge bei mir Kühlschrank und wartet auf sinnvolle Weiterverarbeitung. Kommende Woche sind bei mir zwecks Bier-Degustation ein paar Jungs zu Gast – dann geht’s der Zunge an den Kragen 🙂 Meine ist allerdings geräuchert, ich bin daher nicht sicher, ob ich sie bloss mit einer schönen Vinaigrette anmachen soll oder eventuell doch auf dein cooles Curry hier ausweiche…

        • Eva Eva

          Ich hoffe mal, du wirst vom weiteren Schicksal “deiner” Zunge berichten. Räuchernoten passen wahrscheinlich eher nicht so ins Curry…

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