Zugegeben, der Gersten-Graupe mag ein etwas antiquiertes Image anhaften, war sie doch in Krisenzeiten meist Platzhalter für “hochwertigere” Kohlenhydrat-Lieferanten und preisgünstiger Magenfüller. Ihr Verzehr durch den Menschen ist indes bis ins 7. Jahrhundert belegt. Das ist schon eine ganze Weile her und vieles ist seither vergangen, aber die Graupe blieb. Seltsam eigentlich. Aber es spricht eindeutig für das schlichte Korn. Und sie muss durchaus nicht in Suppen aller Art versteckt werden, wie es hierzulande so üblich ist. Die Italiener, speziell die aus dem Friaul, so las ich, tun sich mit ihrer Verwertung weniger schwer und rühren daraus einfach ein cremiges Gericht, das analog zum Risotto auf den Namen Orzotto hört. Das tat ich ihnen am gestrigen Abend, als es mich nach etwas sehr, sehr Tröstendem verlangte, einfach nach. Außer gutem Essen bleibt zur Zeit recht wenig, was das Herz zu erfreuen vermag.
Für das Orzotto:
- Butterschmalz zum Anbraten
- 1 rote Zwiebel, fein gehackt
- ca. 200 g Steckrübe, geschält, in kleine Würfel geschnitten
- 1 – 2 Möhren, ebenfalls klein gewürfelt
- ca. 120 – 150 g Gersten-Graupen
- ca. 750 g Gemüsefond
- eine Handvoll Steinpilze (hier TK), gestückelt
- Salz, schwarzer Pfeffer
- ca. 100 g Provola affumicata (oder Scamorza), gewürfelt
- einige Salbeiblätter
- 1 – 2 TL hellen Honig
- 2 kleine Rote Bete, gegart, gepellt, in Spaten geschnitten
Die Zubereitung ist der eines Risottos gleich, nimmt jedoch etwas mehr Zeit in Anspruch, da die Graupen etwa 40 Minuten zum Garen brauchen. Man könnte sie natürlich in Salzwasser vorkochen. Dazu fehlte mir schlicht die Zeit. Nachdem ich alle Zutaten bereit gestellt hatte, schwitzte ich erst die Zwiebel, dann Steckrübe, Möhre und Graupen in Butterschmalz farblos an. Dann gab ich die erste Kelle Brühe hinzu, rührte einmal um und ließ die Flüssigkeit verköcheln. Diesen Vorgang wiederholte ich so lange, bis alles gegart war. In den letzten Minuten ließ ich die aufgetauten Steinpilze mitschmoren. Abschließend würzte ich mit Pfeffer und Salz und hob die Käsewürfel unter. Während das Orzotto garte, briet ich die Bete in wenig Butter an, gab die Salbeiblätter hinzu und würzte mit Honig, Salz und einem Spitzer Essig. Als Herr H. recht verfroren zur Tür herein kam, war das Essen nahezu fertig. Das kommt in letzter Zeit häufiger vor und ich bin ein bisschen Stolz darauf. Ich drückte ihm einen gefüllten Teller in die Hand und schon Minuten später konnten wir essen.
Fazit: Wie nicht anders zu erwarten, wurde unsere Geduld wieder einmal sehr belohnt. Wurzelwerk, Getreide, Salbei und Raucharoma verbanden sich zu einem echten Seelenschmeichler, genau zu dem, den ich so dringend brauchte. Nach dem Essen lehnten wir uns beide zurück und schwiegen einträchtig, da es einfach nichts mehr zu sagen gab.
Ja…könnte ich es mir gut vorstellen!
Danke…lieben Gruß <3 Lis
Schön wenn man sich mit so einem guten Essen trösten kann.Ich mag dieses Getreide sehr. Da hattest du aber eine tolle Idee daraus ein Orzotto zu machen. Das hat ganz sicher die Seele getröstet. LG Malou
Danke, Malou. Nun, “meine” Idee war das sicher nicht. Orzotto ist quasi ein alter Hut. Aber trösten tat es dennoch. 😉
Liebe Grüße,
Eva
Ausser gutem Essen wären da aber noch … Menschen die Dich/Euch gerne haben, die Sonne die auch morgen wieder aufgehen wird, die Aussicht auf den nächsten Urlaub, ein Adventspaket aus Zürich … usw. Du siehst also, das Glas ist doch eher halb voll, als halb leer … oder nicht? 🙂
Liebe Grüsse aus … 😉 ,
Andy
Danke, Andy. Mein Glas ist tendenziell auch immer eher halb voll und zur Zeit scheint sogar einmal die Sonne. 🙂
Liebe Grüße aus Hamburg,
Eva
Sehr gut! Ich könnte mich gestern Abend anderweitig trösten (Jamie Oliver die Hand zu schütteln macht echt Spaß, da kann man die Weltpolitik mal kurz vergessen), aber Graupen sind toll.
Vor langer Zeit hab ich mal für (damals noch) und zwei Bündner Gerstensuppe gekocht in der Hoffnung auf Reste. Keine Reste…..
Das war mit Sicherheit ein wunderschöner Abend! Schickes Selfie. 🙂 Hier geht es derzeit (zum Glück) wieder etwas ruhiger zu und Graupen gibt es ja überall. 😉
Freut mich, dass es besser wird :-).
So schick finde ich das Foto nicht; ich war dann doch mal beim Friseur… 🙂
Gerstenrisotto ist toll, koche ich auch öfters.
Damit liegt man im Winter nie falsch.
Für mich war der Trost ein anderer, so ein hübsches Tellerchen täte ich aber doch versuchen. Trotz schlechter Erinnerung an Gräupchen…
Schlechte Erinnerungen?
Nun, es gibt in der Tat noch vieles anderes, was trösten kann – vegetarische Kohlrouladen z. B. 🙂
Ich schiebe euch zum Nachtisch noch ein grosses Stück Kuchen rüber.
(Hilft immer, wenn wieder mal alles nicht so ist, wie es eigentlich sein sollte).
Ganz liebe Grüsse
Kuchen wäre nicht schlecht gewesen, zumal das neue Torten-Projekt immer noch im Eis schlummert. Man kommt zu nix. Aber bald….
Liebe Grüße zurück!
Ich wünsch dir, dass sich sehr, sehr viel findet, das dein Herz so erfreut wie dieses Orzotto, denn das schaut wirklich sehr gut aus.
Danke, Susi. Das nächste Frühjahr kommt bestimmt. 😉
Graupen gab es bei uns ab und zu, aber wurde von meinem Vater abgelehnt, da es seiner Meinung nach das “Nachkriegsessen” sei, das er nicht mehr essen wollte… aber so sieht es sehr, sehr lecker und nachkochenswert aus!
Danke, Richensa. Das sieht meine Mutter ganz genau so. Deshalb habe ich sie erst sehr spät entdeckt. 🙂
Verflixt. Wenn ich das Rezept doch schon früher gesehen hätte! Gerade gestern Abend nämlich habe ich ein Bier aus dem Frial getrunken, dass mit Orzo hergestellt wird. Da hätte das Gericht wohl genial gepasst 🙂 Auf den ersten Blick dachte ich übrigens, es handle sich bei der Bete um Blutwurst. Hhm… die hätte auch gerade Saison und würde bestimmt auch gut passen 😉
Genau so geht es mir auch oft, Marco. Zum Glück gibt es ja noch viele weitere Gelegenheiten, das Orzotto zu genießen. Und ja, der Gedanke kam mir auch. Leider hatten wir keine da…