Es gibt diese hartnäckigen Erinnerungen, die einen auch bis ins hohe Alter nicht loslassen. Wie viel Wahres sie beinhalten sei einmal dahin gestellt, das Hirn ist ein merkwürdiges Organ. Es neigt dazu, Erinnerungen im Laufe der Zeit zu modifizieren, Negatives auszublenden oder zu überschreiben und so kann man nie wirklich sicher sein, das das, an was man sich erinnert, auch wirklich so stattgefunden hat. Herr H. lag mir auf jeden Fall schon eine ganze Weile in den Ohren, dass wir unbedingt einmal das “Fisch-Curry” seiner Mutter kochen müssten. Das habe er als Kind sehr geliebt und er wisse auch noch genau, wie es zubereitet würde. Ich blieb skeptisch und weigerte mich bislang hartnäckig. Dosenchampignons und Co. muss ich nicht unbedingt auf meinem Teller haben. Als er jedoch gestern Abend im neuen Kochbuch* blätterte und einen Limetten-Kokos-Fisch-Rezept entdeckte, musste ich meinen Widerstand aufgeben. Das Bild des fertigen Gerichts sah einfach zu gut aus und so machten wir uns daran, mithilfe des Rezepts eine “moderne” Version des erinnerten Fisch-Currys zu entwickeln.
Für den Limetten-Kokos-Fisch:
- 3 frische Kaffir-Limettenblätter, mehrfach eingeschnitten (gibt es im Asia-Laden als TK-Ware und sie halten eine ganze Weile)
- 10 g frischer Galgant, sehr fein gerieben oder gehackt
- 10 g Ingwer, sehr fein gerieben oder gehackt
- 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
- 1 grüne Chili, entkernt, fein gehackt (ich: grüne Tabascosauce)
- 1/2 Bund Koriander (ca. 15 g), Blättchen gezupft, Stängel fein gehackt
- Kokosöl zum Anbraten
- 200 g stückige Tomaten (ich: Passata)
- 200 g Kokosmilch
- ca. 400 g festes weißes Fischfilet, mundgerecht gestückelt (ich: ca. 200 g Rotbarbenfilets, halbiert)
- (ich: eine halbe Stange Lauch, weißer Teil, in Ringe geschnitten)
- (ich: 125 g weiße Champignons, in Scheiben geschnitten)
- (ich: eine Handvoll Erbsen)
- etwas Limettensaft und -abrieb zum Abschmecken
- (ich: Fischsauce)
- Salz, Pfeffer (ich: Cayenne)
- Basmatireis nach Belieben
Die Gemüseeinlage ist Herrn H.s Erinnerung geschuldet, allerdings wichen wir lieber auf frisches Gemüse aus. Ich erhitzte wenig Kokosöl und dünstete nacheinander Lauch, Champignons und Erbsen darin an, bis sie gegart waren. Dann gab ich das Gemüse in eine Schüssel und stellte es beiseite. Herr H. erhitzte in der gleichen Pfanne erneut etwas Kokosöl, briet Ingwer, Knoblauch und fein gehackte Korianderstängel recht heiß an. Dann gab er Tomatenpassata und Kokosmilch hinzu und legte die Limettenblätter ein. Offen ließ er alles ca. 10 Minuten sanft köcheln. Ich gab anschließend die halbierten Fischfilets und das Gemüse in die Sauce und zog die Pfanne von der Platte, da im Buch stand, man solle den Fisch nur etwa 6 Minuten in der nicht mehr köchelnden Sauce ziehen lassen. Uns war er nach 6 Minuten noch etwas zu roh. Also kochte ich die Sauce mit dem Fisch noch einmal kurz auf und ließ alles ca. 2 Minuten sacht köcheln. Herr H. schmeckte mit Fischsauce, Limettenabrieb und -saft, grüner Tabasco und etwas Cayenne ab. Ich probierte, ergänzte einen TL Palmzucker und nickte zufrieden. Gar nicht übel.
Fazit: Das Aromenspiel dieses Gerichts war wunderbar ausgewogen und das von uns ergänzte Gemüse machte sich im Gesamtzusammenhang bestens. Wir waren uns nach dem Essen einig, dass die Fischmenge für uns ausreichend war, die doppelte Menge wäre zuviel gewesen. Herr H. betonte nach dem Essen, dass es ihm wirklich sehr, sehr gut geschmeckt habe, allerdings hätte das Gericht so gar nichts mit dem erinnerten Fischcurry gemein. Als er aufzählte, was sich neben Fisch und Gemüse noch darin befunden habe (Sahne, Currypulver, wobei er sich da nicht sicher war, aber irgendein Gewürz musste es ja zum “Curry” gemacht haben und ein abschließendes Kreuz aus Tomatenmark), musste ich herzlich lachen und gab zurück, dass ich sehr sicher sei, dass ein “Curry” dieser Art ihm heute sicher nicht mehr munden würde.
*frei nach: Workshop Würzen Bettina Matthaei
Oooh ja! Gerade das Geschmacksgedächtnis beliebt so oft zu scherzen! Was waren mir als Kind die seltenen Dosenravioli… ! Als ich es vor Jahren wieder damit versuchte, habe ich diesen ach-so-großartigen Geschmack eine Dose lang gesucht… vergeblich! Und von der nicht existenten Konsistenz fangen wir gar nicht erst an… manchmal sollte man es wohl beim bloßen Erinnern belassen… ;).
In Sachen Fisch-Curry hat uns unser hannöversche Lieblinsgvietnamese “verdorben” – im positivsten Sinne. Alle bisherigen Versuche kamen nicht auch nur in die Nähe dieses Aromen- und Garpunktwunders an. Ob Frau Matthaei diese Prägung zu übermalen weiß?
Wir werden’s versuchen!
Herzliche Grüße zum Sonntag!
Dosen-Ravioli scheinen sich in Deutschland großer Beliebtheit erfreut zu haben. Ich kenne (und liebte, Vergangenheit) sie auch. 🙂
Und was den Lieblings-Vietnamesen angeht, ich glaube kaum, dass ein Rezept wie dieses gegen ihn eine Chance hat. Einen Versuch ist’s natürlich trotzdem wert.
Schönen Abend!
Aber was Du über das hohe Alter und seine Erinnerungen weisst, ist wohl alles vom Hörensagen, gell 🙂
Ein feines Fischcurry mit frischem Gemüse würde ich demjenigen mit Dosengemüse auch jederzeit vorziehen.
Einen genussvollen Restsonntag,
Andy
Du weißt doch, dass ich zu Übertreibungen neige, Andy. Aber so weit her geholt war es auch wieder nicht. 😉
Liebe Grüße und einen guten Start in die Woche,
Eva
Habe ich da was von “hohem Alter” gelesen? Das muß wohl ein Irrtum sein. Hingegen das Fisch-Curry liest sich so dass ich das auch gerne mal testen werde.
Vielleicht hätte ich “Mittelalter” schreiben sollen?;-)
hihi
Hihi, ich musste schmunzeln. Solche Gerichte geistern mir auch heute noch im Kopf herum. Speisen, die ich früher innig geliebt habe und heute wohl kaum mehr anrühren würde. Allerdings sind das sehr schöne und wertvolle Erinnerungen und sie zeigen auf sehr unverblümte Art auf, wie sich unser Essverhalten und Geschmacksverständnis über Generationen entwickelt und verändert. Ok, ein paar von uns bleiben vielleicht stehen 😉
Dein letzter Satz brachte hingegen wieder mich zum Schmunzeln. Ich bin auf jeden Fall froh, dass ich die Chance bekam, mich kulinarisch weiterzuentwickeln. Da gab es schon so richtig schlimme Sachen, die ich jetzt auf keine Fall aufrollen werde…
Meinst Du etwa Dich mit hohem Alter?
Ach, wie das milchmädchen waren es bei mir die Dosenravioli….an denen kann ich heute auch nichts Tolles mehr finden….
Ah – und die “Pizza” meiner Mutter, Quark-Öl-Teig und ein Gitter aus Streifen von Scheibletten. Puh! Dein Fischcurry gefällt mir das wesentlich besser.
Danke, Susanne. Ok, OK. Einigen wir uns auf “Mittelalter”. Wenn ich mich allein an die Konsistenz der unsäglichen Dinger erinnere, von der undefinierbaren Füllung einmal ganz abgesehen, einfach nur scheußlich. Und Scheibletten gab es bei uns natürlich auch – auf “Toast Hawai”…
Ah….Toast Hawaii….Das war auch so ein Highlight ?.
Da sind die Erinnerungen von Herrn H. und meine ähnlich bezüglich Campingküche … 😉 Erbsen dürfen bis auf eine ganz kurze Zeit im Jahr immer noch tiefgekühlt sein.
Erbsen dürfen natürlich TK sein, genau wie Kidney-Bohnen und Co. bei mir auch ruhig aus der Dose kommen dürfen. Habe oft versucht, sie selbst zu kochen, aber sie wurden nie perfekt gar und geschmacklich konnte ich keinen Unterschied feststellen – Asche auf mein Haupt. 😉