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Mit Schwein allein

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Ich glaube, ich muss Herrn H. auf Kochbuch-Entzug setzten. Am letzten Wochenende, so entschloss er, müsse es am Sonntag endlich wieder einmal einen schönen Sonntagsbraten geben. Da sei doch noch der Duroc-Rücken mit Schwarte im Eis, den könnten wir doch endlich einmal verbrauchen. Kurzes Blättern später, aha. Er klebte mit wichtiger Miene einen Marker an das Rezept, reichte mir das Buch und merkte an, dass er ja am Sonntag den ganzen Tag unterwegs sei. Ich könne doch schon einmal mit dem Kochen anfangen, damit es mit dem Essen nicht zu spät würde. Als ich am nächsten Morgen einen gründlicheren Blick auf das Rezept warf, kam ich schwer ins Grübeln. Zum einen ist das dort verwendete Fleischstück Bauchfleisch. Und zum anderen wird es mit einer Masse* gefüllt, bei der ich mir beim besten Wissen nicht vorstellen konnte, wie man sie in einen Braten füllen könnte. Ich beschloss kurzerhand, Füllung Füllung sein zu lassen und lediglich der Garanleitung zu folgen.

Für den Schweinsbraten:

  • gut 700 g Schweinerücken (mit Fettdeckel)
  • Salz
  • Kümmel
  • Wasser

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Ich heizte den Backofen auf 140°C vor, legte den zuvor gesalzenen Rücken mit der Fettseite nach unten in den Bräter und goss Wasser an, bis es ca. 1 cm hoch stand. Dann schob ich den Bräter für 50 Minuten in den Backofen (ohne Deckel). Anschließend, die Kerntemperatur betrug zu diesem Zeitpunkt ca. 54°C, drehte ich den Rücken um, schnitt die Fettseite über Kreuz ein und streute etwas Kümmel darüber. Nach weiteren 60 Minuten hatte der Rücken bereits eine Kerntemperatur von 68°C. Ich legte ihn ein eine saubere Edelstahlpfanne, heizte den Grill auf 250°C vor und schob die Pfanne darunter. Erst passierte herzlich wenig. Herr H., der inzwischen eingetrudelt war, hockte gebannt vor den Backofenscheibe. Nach gut 10 Minuten begann das Fett zu schmelzen und zu bräunen. Nach weiteren 5 Minuten nahm ich den Rücken heraus, obwohl das Fett noch nicht gänzlich geschmolzen war, da ich befürchtete, dass die Kerntemperatur ansonsten zu sehr steigen könnte, was sie leider auch getan hatte. Knapp 80°C. Nun ja. So lernt man. Vor dem Anschnitt durfte der Rücken noch 10 Minuten ruhen.

Für die Schupf- oder Fingernudeln:

  • 250 g Kartoffeln, in der Schale gegart
  • 1 kleines Ei
  • ca. 35 – 50 g Mehl
  • 20 g Butter
  • Salz, schwarzer Pfeffer, Muskat
  • Hartweizengrieß für die Arbeitsfläche
  • Butterschmalz zum Ausbraten

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Entgegen der allgemeinen Empfehlung bereite ich Schupfnudeln nicht mit am Vortag gekochten Kartoffeln zu. Ein Versuch nach dieser Methode scheiterte kläglich. Also bleibe ich lieber bei der bewährten Methode. Ich pellte die noch heißen Kartoffeln, gab sie durch die Presse in eine Schüssel und vermengte sie mit den übrigen Zutaten. Ist der Teig noch zu feucht, kann etwas mehr Mehl hinzugefügt werden. Ich bestreute ich die Arbeitsfläche mit etwas Hartweizengrieß und rollte zwei ca. 2 cm dicke Stränge und schnitt davon ca. 4 cm lange Stückchen ab. Diese rollten Herr H. und ich gemeinsam zu Schupfnudeln, die zu den Enden hin dünner werden. Die fertigen Schupfnudeln lagerte ich auf einem begrießten Tuch. Ich kochte reichlich Wasser auf, salzte es, reduzierte die Hitze, so dass das Wasser nur noch leicht siedete und ließ eine Schupfnudel probehalber hineingleiten. Sie tat mir den Gefallen und stieg nach kurzer Zeit anmutig trudelnd auf. Also garte ich die restlichen Schupfnudeln portionsweise, schreckte sie anschließend kalt ab und lagerte sie auf einem Teller. Herr H. briet sie portionsweise in reichlich Butterschmalz knusprig aus.

Für das Apfel-Sauerkraut:

  • Butterschmalz zum Braten
  • 1 Schalotte, fein gewürfelt
  • 1/2 Apfel, fein gewürfelt
  • 1 TL Zucker
  • ca. 400 g rohes Sauerkraut
  • 1 kleiner Schuss Noilly Prat
  • ca. 150 g Fond
  • 1 Gewürzsäckchen mit 1 Lorbeerblatt, einigen Wacholderbeeren und einigen weißen Pfefferkörnern, grob zerstoßen
  • 1 kleine Kartoffel, geschält, gerieben

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Ich schwitzte die Zwiebel in Butterschmalz farblos an, streute den Zucker darüber und ließ ihn karamellisieren. Dann ließ ich die Apfelwürfel kurz mit schwitzen und mischte das Sauerkraut unter. Herr H. löschte mit Noilly Prat ab, gab den Fond hinzu und legte das Gewürzsäckchen mittig ein. Nun durfte das Kraut abgedeckt ca. 30 Minuten sanft köcheln. In das fertig gegarte  Kraut rieb ich die Kartoffel, um die Restflüssigkeit zu binden. Das ist jedoch nicht zwingend nötig, man kann den Topf auch mit leicht geöffnetem Deckel eine Weile warm stellen. So reduziert sich die Flüssigkeit von ganz allein.

Für die Schwarzbier-Sauce:

  • ca. 200 g Schwarzbier
  • ca. 40 g Zucker
  • 1/2 TL Kümmel
  • 1 frisches Lorbeerblatt, entlang der Rippen eingeschnitten
  • 2 EL Chinkiang-Essig
  • ca. 50 g eiskalte Butter, gestückelt
  • Salz

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Herr H. gab Kümmel, Lorbeer und Zucker mit dem Schwarzbier in eine kleine Kasserole und reduzierte die Flüssigkeit, bis sirupartige Blasen aufstiegen. Das dauerte mindestens 20 Minuten, wenn ich mich recht entsinne. Ich war derweil mit den Schupfnudeln beschäftigt. Dann gab er die Restflüssigkeit durch ein feines Sieb zurück in den gesäuberten Topf, rührte den Essig ein und erhitzte alles bis auf ca. 70 – 80°C. Nun rührte er mit dem Schneebesen nacheinander die eiskalten Butterflöckchen ein und band die Sauce damit. Kocht man sie aus Versehen auf, geht die Butterbindung verloren. Er schmeckte die fertige Sauce mit wenig Salz ab und gab mir auch eine Probe – himmlisch! Mir hätten glatt auch Schupfnudeln, Kraut und Sauce gereicht.

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Fazit: Bis auf das Schwein, dass mir leider nicht rosa genug war, war es ein absolut perfektes Sonntagsessen, das bestens in diese eisigen Zeiten passt. Auch Herr H. war hochzufrieden und fragte nicht einmal nach der fehlenden Füllung. Wunderbar. Ich bestand jedoch darauf, die nächste größere Kocherei nur mit seiner vollständigen Anwesenheit auszuführen.

*Die Jahreszeiten Kochschule Winter Richard Rauch, Katharina Seiser

Falls jemand sich trauen möchte, hier das Rezept für die Füllung für einen 1 kg Schweinebauch ohne Knochen mit Schwarte

  • 2 altbackene Semmeln (1 – 2) Tage alt, ersatzweise 100 g Knödelbrot
  • 125 g Milch, erwärmt
  • 2 EL Butter
  • 2 Schalotten, gewürfelt
  • 1 Zweig Petersilie, fein gehackt
  • 1 Zweig Liebstöckel, fein gehackt
  • 4 Eier
  • Salz, schwarzer Pfeffer, Muskat

Die Semmeln in dünne Scheiben schneiden, mit der warmen Milch übergießen. Schalotten in Butter dünsten. 3 Eier unter das eingeweichte Brot mischen, mit Salz, Pfeffer, Muskat und Kräutern abschmecken. Aus 1 Ei in einer beschichteten Pfanne ohne Fett ein nur ganz leicht gestocktes Rührei zubereiten und dieses locker unter die Masse ziehen (sorgt für besonders flaumige Fülle). Die Masse in einen Einweg-Spritzbeutel füllen, in die Bauchtasche spitzen und diesen mit Holzspießen verschließen.

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  1. Bubaspitzle, klasse! Hast du mehlig-kochende Kartoffeln verwendet?

  2. achja, uns gings am Sonntag geradeso, das Fleisch auf dem Teller wäre durchaus verzichtbar gewesen. Nur, die Sauce die es geliefert hat war essentiell.

    • Eva Eva

      Das ist oft so, wobei bei uns die Sauce ja von ganz allein entstand. 😉

  3. Turtle Turtle

    Bei meiner Oma gab es Mecklenburger Rippenbraten. Das war geschmorter Schweinebauch, ohne Knochen, gefüllt mit Apfeln, Zwiebel und Backpflaumen. Zum Reinlegen. Insofern ist gefüllter Bauch schon vorstellbar. 😀

    • Eva Eva

      Ja, vorstellbar definitiv. Mir kam die Flüssigkeitsmenge in der vorgeschlagenen Füllung halt etwas hoch vor.

  4. Ich hab schon mal Kalbsbrust mit so einer Semmelmasse gefüllt, das ist ganz klassisch. Sozusagen die Beilage direkt mit im Braten 🙂

    • Eva Eva

      Ja, das habe ih auch so verstanden. Aber vier Eier und 125 g Milch auf 100 g Knödelbrot???

  5. Mit Semmelfüllung habe ich bei Wörndls Thanksgiving-Vogel allerbeste Erfahrungen gemacht – der leckerste Knödel ever! Euer Schweinderl liest sich aber auch SEHR fein! Hach, was freu’ ich mich auf den nächsten, allerhöchstvermutlich wochenendefahrtfreien Winter… XD
    Lasst’s Euch gut gehen!

    • Eva Eva

      Danke schön. Sicher stelle ich mir eine Knödelfüllung auch fein vor. Wenn… s. u.

  6. turbohausfrau turbohausfrau

    Du hast mich schon einmal mit einer Biersauce angefixt. Nun ist es wieder gelungen!

    Erdäpfelteig mache ich immer gleich nach dem Überkühlen der gekochten Erdäpfeln, so klappt das – zumindest bei mir – am besten.

    • Eva Eva

      Das wurde aber auch einmal Zeit. 😉

  7. Mir geht das auch immer so, oder jedenfalls sehr oft…Knödel und Sauce würden reichen. Aber nun, ohne Braten keine Sauce.
    Schupfnudeln sind hier übrigens die klassische Resteverwertung – ich mache die gern, wenn ich zu viele Kartoffeln gekocht habe.

    • Eva Eva

      In diesem Fall wäre das sogar ohne Braten möglich gewesen. Wie gut, so eine “unabhängige” Sauce im Repertoire zu haben. 🙂

  8. Wunderbar sehen sie aus, deine Schupfnudeln. Ich hatte mich kürzlich auch zum ersten Mal (!) daran probiert. Das Rezept war übrigens von dir (psst… ich verrate niemandem, dass mir da punkto Bilder von damals/heute etwas aufgefallen ist 😉 hihi). Nur sahen meine leider nicht so schön aus. Und von dem Duroc-Schwein lese ich letzter Zeit echt oft, ich muss mich da wohl bald mal auf die Suche machen 🙂

    • Eva Eva

      Danke, Marco. Tja, manchmal muss man eben auch ökonomisch “arbeiten”. 😉 Schade, dass es nicht so gut geklappt hat.War der Teig zu weich?

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