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Rien ne va plus

Nichts geht mehr. So präsentierte sich mir die Verkehrslage in den letzten Wochen beim nachhause radeln. Das Lebenstempo meiner Mitmenschen hat sich scheinbar so sehr gesteigert, dass sie zu keinem klaren Gedanken mehr fähig sind. Was ist bloß los? Das Jahr neigt sich wie jedes vorhergegangene und jedes noch zukünftige dem Ende entgegen und man sollte meinen, nun sei der richtige Zeitpunkt, um für einmal inne zu halten, Dinge zu ordnen, abzuschließen und auszusortieren. Es sich gut gehen zu lassen, sich Zeit zu nehmen, all diese altmodischen Dinge. Doch weit gefehlt. Es wird gehetzt, gerast und jede Sekunde des Tages strikt durchgetaktet. So kann das doch nichts werden mit der viel besungenen Besinnlichkeit. Da nützen auch die ausgefeilteste Deko oder das perfekteste Menü nichts. Herr H. und ich sind deshalb seit einigen Jahren raus aus der Nummer. Wir verkriechen uns in den eigenen vier Wänden und lassen uns gut bevorratet einfach so treiben, wie auch immer es uns in den Sinn kommt. Lust auf ein kompliziertes Backwerk? Na dann los. Oder doch lieber ein Stündchen länger auf der Couch lesen, durch den Wald streunen oder was auch immer. Alles kann, nichts muss. Dieses Gefühl gehört für uns zum Jahresende wie nichts anderes. Aber das kann natürlich jede/r halten wie sie/er mag. Haben wir keine große Lust auf Kochtüfteleien, so können wir zum Glück auf ein gut erprobtes Repertoire an Lieblingsessen zurückgreifen, die im Laufe der Zeit zur Perfektion gereift sind. Gestern war so ein Abend.

Für das Kartoffelpüree:

  • 450 g Kartoffeln
  • grobes Meersalz, Kümmel
  • ca. 100 g Vollmilch
  • ca. 30 g Butter
  • Salz, Pfeffer, Muskat

Ich habe in den letzten Jahren festgestellt, dass sich eher das Alter der Kartoffeln als die Sorte sich auf die Qualität des Pürees auswirkt. Handelt es sich nicht um eine knackfrische, just geerntete Kartoffel, ist die Sorte (fest, halbfest oder mehlig kochend) völlig schnuppe. Ich gare die Kartoffeln für Püree stets in der Schale mit etwas Meersalz, Kümmel und reichlich Wasser. Sind es nicht gerade Riesenknollen, sind sie nach gut 30 Minute gar. Ich ließ sie ca. 5 Minuten ausdampfen, pellte sie und gab sie durch die Kartoffelpresse auf die Arbeitsfläche. Herr H. hatte inzwischen die Milch mit etwas Salz erhitzt und eine Schüssel für das Püree bereit gestellt. Dort hinein gab ich die Kartoffeln erneut durch die Presse. Ganz besonders beflissene Köchinnen können sie zusätzlich noch durch ein Sieb streichen. Dazu bin ich zu faul. Herr H. gab jeweils einen ordentlichen Stich Butter dazu und rieb zuletzt etwas Muskat und Pfeffer darüber. Ich vermengte Kartoffeln und Butter gründlich mit dem Löffel. Irgendwo las ich einst, dass sich das positiv auf das Püree auswirke. Wo und warum habe ich leider vergessen. Man möge mir verzeihen. Als nächstes goss ich die warme Milch an und rührte sie behutsam unter. Obacht, das kann anfangs bös schwappen. Zum Schluss schlug ich das Püree mit dem Löffel luftig auf. Fertig.

Für das Sauerkraut und das Finish:

  • 1 Stich Butter
  • 1 mittlere Zwiebeln, fein gewürfelt
  • 1 Pr. Zucker
  • 1 halber kleiner Apfel, fein gewürfelt
  • ca. 450 g Sauerkraut (eine halbe große Dose vom Milden)
  • ca. 100 g Kalbsfond
  • 1 im Idealfall frisches Lorbeerblatt, 3 Wacholderbeeren, angequetscht, 3 Pimentkörner, zerstoßen
  • 100 g Kohlwurst (1 Drittel für das Sauerkraut klein gewürfelt, der Rest für die Deko)
  • Fontina zum Gratinieren (anderer Hartkäse geht sicher auch)

Es empfiehlt sich, das Kraut während die Kartoffeln garen zuzubereiten. Herr H. zerließ die Butter, schwitzte die Zwiebel darin geduldig bei schwacher Hitze glasig und streute eine winzige Prise Zucker darüber. Es folgten die Apfelwürfeln. Er erhöhte die Temperatur, ließ sie kurz mitschmurgeln und gab dann Kraut (ungewaschen!), Fond und die Gewürze in einem Teefilter verstaut dazu. Abgedeckt bei schwacher Hitze köchelte das Sauerkraut nun vor sich hin, bis das Püree fertig war. In den letzten Minuten durfte nun auch die gewürfelte Kohlwurst mit köcheln. Gibt man sie gleich zu Beginn dazu, kann das Kraut zu rauchig werden. Falls der Fond noch nicht verkocht sein sollte, kann man es noch ein Weilchen ohne Deckel köcheln. Es sollte möglichst wenig Flüssigkeit im Kraut verbleiben. Ich fischte das Gewürzsäckchen heraus, verteilte das Kraut auf zwei Portionsformen, eine große geht natürlich auch, und strich das Püree darauf glatt. Herr H. steckte die verbliebenen Wurstscheiben ins Püree und rieb den Fontina darüber. Ab in den Ofen mit den Formen! Nach 20 Minuten bei 200°C schaltete ich den Grill hinzu. Bei mir reichen vier Minuten. Und was dann folgt, ist die reinste Quälerei. Der fertige Auflauf muss leider noch mindestens 10 Minuten abkühlen. Ist man zu ungeduldig oder hungrig, besteht akute Verbrennungsgefahr!

Fazit:  Zum Glück verkürzte uns gestern die Fotosession die elendige Wartezeit. Danach hatte der Sauerkrautauflauf nahezu die perfekte Schlingtemperatur. So sagt Herr H. jedenfalls. Einträchtig löffelten wir uns durch den himmlisch delikaten Auflauf. Und das ist wahrlich keine Übertreibung. Er ist für uns ein all time favorite, ein Seelentröster in der kalten, dunklen Jahreszeit und ein Retter an einfallslosen Abenden. Es wurde wirklich Zeit, dass diese aktuelle Variante in den Blog einziehen durfte. Eine Version aus grauer Vorzeit befindet sich hier.

Und damit wünsche ich allen Leserinnen und Lesern ein wenig Ruhe, Muße, Genuss oder was auch immer sie sich wünschen! Herr H. und ich werden nun endlich das Menü für die kommenden Tage austüfteln – oder eben auch nicht. Wir werden sehen.

Entspannte Feiertage wünschen Herr H. und die Kochpoetin!

12 Kommentare

  1. Alles kann – nichts muss: so halte auch ich das seit Jahren, zumal sich die Advents- und Weihnachtszeit in den Tropen ja ziemlich anders gestaltet, als in Europa. Im Radio erzählt die Adventsmusik von Schnee und Pferdeschlitten (wer besitzt denn überhaupt einen?!), derweil hier das Thermometer bei der 30-Grad-Marke festsitzt.
    Da muss man eben etwas umdenken: geliebte Traditionen nicht ganz vergessen, sich aber an die Gegebenheiten anpassen, die hier herrschen.
    Hektik gibt es keine, in den Geschäften kauft man gemächlich ein, ohne Gerangel um die letzte Weihnachts-Gans, denn die wenigsten Touristen kochen ja selbst, freuen sich vielmehr auf ein festliches Menü in ihren Resorts.
    Festtags-Menüs gibt es bei mir meistens unter dem Jahr und nicht am Ende konzentriert! Die Anregungen auf meinem Blog im Dezember wurden denn auch alle bereits in den Sommermonaten gekocht und umgesetzt (ich gestehe es hier!).
    Weiterhin geruhsame Tage,
    FEL!X

    • Eva Eva

      Danke, Felix.
      Geruhsam hatten wir es, fast schon zu. 😉 Und auch wir kochen das ganze Jahr über immer wieder einmal etwas Feines. Das ein oder andere war allerdings am Ende des Jahres dabei. Ich werde berichten.
      Der kurze Kälteeinbruch ist zum Glück vorbei. Stattdessen haben wir mild-feuchtes Grau – das ich eindeutig bevorzuge. Klimawandel hin oder her. Etwas seltsam ist es allerdings, dass wir seit einer Woche große Wacholderdrossel-Schwärme vor der Haustür haben… nun denn. Es ist, wie es ist.
      Liebe Grüße,
      Eva

  2. Euch auch entspannte Tage! Ich habe mich auch herausgenommen aus dieser Hetzerei. Ich staune jedes Jahr wieder, was für eine Aggression sich breit macht in diesen Tagen und meide die Innenstadt, so gut es geht.
    Laßt es Euch gut gehen und habt einen schönen Start ins neue Jahr!

    • Eva Eva

      Danke, Susanne. Da ich mitten in der City arbeite, kann ich den Aggressionen leider nicht gänzlich ausweichen. Atmen hilft meistens. 😉
      Ich hoffe, du hattest einen guten Start ins neue Jahr. Ich habe leider etwas gekränkelt. Aber es geht schon wieder. 🙂

  3. Alles kann, nichts muss. In dem Sinne frohe Festtage

    • Eva Eva

      Eben, eben. Danke Ulrike. Und ein frohes neues Jahr dir!!!

  4. Basler Dybli Basler Dybli

    Auch meine Wenigkeit hat sich seit Langem dem Festtagsstress entsagt. Wie Felix geniesse ich die inzwischen sonnigwarmen Tage ohne Weihnachtsgedudel, Geschenkemarathon, x-Gänge-Menüs, etc. bei z.B. Pad Thai, Fried Rice und anderen Leckereien in den nördlich gelegenen Pampas von Thailand.
    Geruhsame Festtage und einen guten Rutsch in das neue Jahr wünscht
    Peter

    • Eva Eva

      Das klingt verlockend, Peter. Sollten wir vielleicht auch einmal in Erwägung ziehen. 🙂
      Liebe Grüße und frohes neues Jahr!
      Eva

  5. Alles kann – nichts muss, das ist ein perfektes Mantra für die Feiertage, wir halten es auch schon lang und nach Möglichkeit das ganze Jahr über so.
    Deinen Sauerkrautauflauf nehme ich mir mit, ich habe ein ähnliches Rezept, aber lang nicht gemacht.
    lg und einen guten Rutsch

    • Eva Eva

      Wir auch. Dennoch kann ich mich dem Stress manchmal nicht entziehen.
      Dir ein frohes neues Jahr und liebe Grüße,
      Eva

  6. Ich wünsche euch einen ruhigen und entspannten Rutsch und freue mich über neue Rezept-Anregungen im neuen Jahr!

    • Eva Eva

      Danke, Petra.
      Ich stöbere auch stets zuerst bei dir, wenn ich eine Anregung zu etwas mir Unbekanntem suche. 🙂
      Frohes neues Jahr und liebe Grüße,
      Eva

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