Jeder Widerstand war zwecklos. Herr H. verlangte nach Tagen des ausschließlichen ottolenghischen Gemüseverzehrs nach Fleisch. Ich ging in den Keller und förderte nach kurzem Suchen ein Paket Kalbsschnitzel zutage. Während es auftaute, diskutierten wir die Art der Zubereitung. Ich hatte mich bereits beim ersten Blättern in ein wunderschön fotografiertes Püree verliebt, das allerdings als Beilage zu herzhaftem Wild oder zarter Entenbrust empfohlen wurde. Herr H. war skeptisch, da Kalbsschnitzel ja eher fein im Geschmack seien. Sein Rezeptfavorit schlug als Beilage cremige Polenta vor. Ich sah ihn einfach an. Lange. Er erwiderte meinen Blick und zuckte schließlich die Schultern. So einfach kann nonverbale Kommunikation sein. Wir riskierten die schräge Kombination und legten los.
Für das Kartoffel-Maronen-Püree:
- 300 g mehligkochende Kartoffeln (ich: festkochende), geschält, grob gewürfelt
- 100 g vorgegarte Maronen
- 1 Lorbeerblatt
- ca. 50 – 80 g Sahne
- 1 Stück Zitronenschale (ich: Meyer, so lange es noch hat)
- 25 g Butter
- Salz, schwarzer, Pfeffer, Muskat
Herr H. garte die Kartoffeln, goß das Wasser ab und gab die Maronen hinzu, damit sie sich leicht erwärmten. Dann kochte er Butter und Sahne mit der Zitronenschale auf und ließ sie 10 Minuten ziehen. Ich gab Kartoffelstücke und Maronen gemeinsam portionsweise durch die Kartoffelpresse in die Sahne. Herr H. hatte zuvor die Zitronenschale entfernt. Ich hob das Püree kurz durch, schmeckte mit Salz, Pfeffer und Muskat ab und stellte den zugedeckten Topf im Backofen warm. Da mir das Gericht an sich noch etwas zu gemüsearm war, entschied ich mich, noch ein paar honigglasierte Zitronenmöhrchen dazu zu servieren. Möhren gehen immer, da bin ich ganz bei Susanne.
Für die honigglasierten Zitronenmöhren:
- Möhren nach Belieben, ich schätze, es waren um die 300 – 400 g, in dünne Scheiben geschnitten
- 1 Frühlingszwiebel, in dünne Ringe geschnitten
- Olivenöl
- 1 TL Honig
- 1 EL Zitronensaft (von “normaler” Zitrone vielleicht weniger)
- Salz, weißer Pfeffer
Ich erhitzte etwas Olivenöl bei mittlerer Hitze und briet Möhrenscheiben und Frühlingszwiebelröllchen einige Minuten darin an. Dann legte ich den Deckel auf, reduzierte die Hitze und ließ sie ca. 20 Minuten leicht im eigenen Saft schmurgeln. Dann schaltete ich die Hitze wieder höher, gab Honig, Zitronensaft, Salz und Pfeffer hinzu und glasierte sie unter Rühren. Nun durfte auch dieser Topf abgedeckt in Parkposition.
Für die Balsamico-Maronen:
- 50 g Maronen
- 25 g Butter
- 1 EL Honig
- 1 EL Acetato balsamico
- 50 g Geflügelfond
Ich ließ Butter und Honig im Topf schmelzen, gab die Maronen hinzu und ließ sie kurz karamellisieren. Dann löschte ich mit Essig und Fond ab und ließ die Flüssigkeit einreduzieren, bis sie eine leicht sirupartige Konsistenz hatte. Ich schmeckte mit Salz und Pfeffer ab und stellte auch diesen Topf abgedeckt in den Backofen.
Für die Zitronen-Kalbsschnitzelchen:
- ca. 350 g Kalbsschnitzel
- 1 TL Senf
- Salz, schwarzer Pfeffer
- Schale 1/2 Zitrone, abgerieben
- Olivenöl
Herr H hatte derweil die Schnitzel trocken getupft, leicht geklopft, einseitig dünn mit Senf bestrichen, gesalzen und auf der Senfseite mit Zitronenabrieb bestreut. Nun erhitzte er das Olivenöl in der Pfanne und briet die Schnitzel portionsweise an. Erst auf der nicht bestrichenen Seite für eine Minute, dann auf der anderen Seite noch eine Minute. Anschließend legte er die Schnitzel auf einen vorgewärmten Teller und stellte sie für ca. 20 Minuten in den auf 80°C vorgeheizten Backofen. Ich hatte zwar Bedenken, dass die Schnitzel dadurch übergart werden würden, aber so stand es nun einmal im Rezept.
Fazit: Nachdem die Bilder im Kasten waren, setzten wir uns an den Küchentisch und probierten. Dass das Kartoffel-Maronen-Püree sehr fein schmeckte, hatte ich bereits beim Abschmecken feststellen können. Also schnitt ich mir zuerst ein Stückchen Schnitzel ab. Es war absolut perfekt gegart! Zumindest für meinen Geschmack, es war innen noch leicht rosa und herrlich zart. Herr H. probierte sich derweil durch sämtliche Kombinationsmöglichkeiten durch und befand, dass alles bestens passte. Manchmal zahlt sich der Mut, Ungewöhnliches zu wagen tatsächlich aus.
Kalbsschnitzel aus: Mein Küchenjahr Annemarie Wildeisen
Kartoffel-Maronenpüree aus: Edle Kastanien – Begehrte Delikatessen Sonja Schubert, Barbara Lutterbek
Oh ja, Möhren gehen immer – eine gute Idee, da noch Zitrone dran zumachen.
Sag mal, Du machst Kartoffelpüree aus festkochenden Kartoffeln? Das verschlankt meine Vorratshaltung ja erheblich 🙂
Und außerdem könnte ich nachher so einen Teller zum Mittagessen vertragen….
Ich musste so schmunzeln, als ich das bei dir las. Ich habe immer 1 kg Möhren im Kühlfach, man weiß ja nie.
Und ja, ich mache eigentlich alles aus festkochenden Kartoffeln. Herr H. ist, was die Konsistenz eines Pürees angeht, sehr kritisch, aber er hat sich noch nie beschwert.
Und, hier, schieb ich dir ein virtuelles Tellerchen rüber! 🙂
Danke 🙂
Ich nehme meist die vorwiegend festkochenden…..Rotschalige Laura, die mag ich so gern 🙂
Die habe ich auch manchmal. 🙂
Laura ist auch meine Lieblings-Kartoffel, aus der hab ich auch schon Püree gemacht
Kalbsschnitzel, zitronige, gehören zu meinen Leibgerichten, ich kriege grade richtig Gelüste. Und das trotz der frisch auf dem Stein gebackenen Pizza….
Also auf eine solche Pizza würde ich dafür, glaube ich, nicht verzichten. 😉
vielleicht gibts wenn schon kein Rezept aber wenigstens Fotos davon….
und eben hab ich Kalbskotelett gekauft, mit dem Plan morgen eine Variation deines Gerichts nachzukochen.
Allein schon dieses herrliche Foto – ich muss mir deinen Herrn H. mal für Nachhilfe im Fotografieren ausleihen! 🙂
Und übrigens: ich hätte gerne auch so einen Teller – natürlich samt Inhalt!!
Danke, Eva. Herr H. ist leider unabkömmlich. Und außerdem sind deine Fotos doch völlig in Ordnung. 🙂
Ich hoffe, du hast etwas anderes Schönes zum Mittag bekommen! Das Kalb war schon aus… 😉
Möhren sind gut. Möhren habe ich auch immer im Haus. Das ist oft eine Verlegenheitslösung. Meist im Möhren-Kartoffelstampf. Nun klingt Dein Stampf ja auch gut und ich bin sicher, ich hätte es ebenfalls gelobt und gepriesen. Doch ich kann Herrn Hs. ursprünglichen Wunsch nachvollziehen. Wer widersteht schon Deinen Blicken?
Liebe Grüße
Gerd
Möhren sind das Rückrat der guten Küche. Zusammen mit Zwiebeln, Sellerie und, oje, wo soll ich aufhören???
Mein Blick war übrigens in diesem Fall allerdings nicht unwiderstehlich, sondern eher beängstigend. 😉
Liebe Grüße,
Eva
Obwohl ich ja eine bekennende Polentaliebhaberin bin, hätte ich dein Püree definitiv nicht von der Bettkante…äääähhh…vom Tellerrand geschubst. 🙂
🙂 Danke schön!
Ich sehe mich einfach mal eine Runde an den Fotos satt. 😉 Kalb im Speziellen und Fleisch im Allgemeinen ist ja nicht so meins. Dafür hätte ich aber zu gerne die Möhren mit den Maronen probiert. 🙂
Für dich hätte ich stattdessen zitronige Dicke-Bohnen-Küchlein gebraten, wenn’s recht wäre. 😉 Dazu hätte der Rest auch gut gepasst.
Wie immer hast du das Essen wunderbar in Szene gesetzt. Eine Karottenschlange auf dem Teller, sehr fesch! Das Maroni-Pü ist sicher ein etwas, das hervorragend in die Jahreszeit passt.
Danke, Susi. Das mit der Möhren in S-Form war eine spontane Eingebung. Manchmal, ganz selten, habe ich solche, so blindes-Huhn-mäßig. 😉
Das Bild darf ich meiner Frau nicht zeigen. Sonst will sie das sofort. Ein wenig mehr Sösslein müsste es schon noch sein, wegen dem Pü.
Ich hoffe, sie hat dir nicht über sie Schulter geschaut. Original gehörte auch noch eine Noilly Prat Sauce dazu, aber wir waren soo hungrig und es war schon spät… 😉
In meinen Keller habe ich noch keine Kälber oder Kalbs-Schnitzel gefunden….
Und ich dachte, jeder Mensch hätte Leichen im Keller. 😉
Du hast es gut! Wenn ich in den Keller gehe, fördere ich nichts essbares zu Tage. Jedenfalls nichts, was ich essen wollen würde. Pffft. 😉
Das ist der Vorteil einer kleinen Küche, wenn man so will. Da muss ein Teil der Vorräte halt ausgelagert werden und jeder Gang macht ja schlank. 😉
Das Pü hat die optimale Konsistenz, um darin einen Saucenkrater zu bereiten. Herrlich, tolles Rezept, mach Spaß, das zu lesen. 🙂
Danke schön. 🙂 Für die üppige Suace fehlte leider die Muße. Es war aber auch so gut.
Diesen Teller habt ihr beiden mal wieder wunderschön angerichtet. Eure Idee, die Möhren in S-Form zu legen hat was 😉
Danke, Sabine. Ja, manchmal habe ich Eingebungen, leider aber auch oft nicht. 😉
Zu 100% genau mein Geschmack! Möhren/Karotten gehen hier auch immer und sind auch immer da 🙂 Ganz interessant finde ich das Kartoffel-Maronen-Pü, muss ich unbedingt probieren – schnellstens! Und dann noch Maronen mit Balsamico – ein Träumchen.
Das Püree kann ich dir wirklich sehr empfehlen! Ich muss auch sehen, dass ich die Maronen-Vorräte wieder auffülle, das waren leider die letzten und heute regnet es ohn’ Unterlass…
Und ich dachte der Hunger sei der Anfang gewesen 😉
Ich habe das Gericht am 1. Weihnachtstag gemacht. Das Pü war der Wahnsinn, wir hatten auch die gute Laura.
Für das Kalbsschnitzel hab ich einen süßen Senf genommen, mit einer leicht karamelligen Note. Allerdings hab ich ihn mit etwas Zitronensaft verrührt, da ich mit abgeriebener Zitronenschale nicht so warm werde. War sehr lecker, auch die Möhrchen. Meine waren mit Ahornsirup und Zitronensaft glasiert, da Honig in diesem Haushalt nie vorhanden ist.
Das freut mich, Tina. Wir haben gestern tatsächlich auf deinen Kommentar hin noch einmal Maronen gekauft. Danke für die Erinnerung. 🙂