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Aus der Art geschlagen

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Bagna cauda, die traditionelle warme Sauce aus dem italienischen Piemont, wird normalerweise aus Butter oder Öl, Knoblauch und Sardellen zubereitet und als Dip für Gemüse verwendet. In diesem Gericht werden ihr Tomaten und Sesampaste an die Seite gestellt und sie wird zu gedämpftem Fisch serviert. Ich hatte am letzten Wochenende zufällig den für das Gericht benötigten Cavolo nero (Schwarzkohl) ergattert und nun stand dem Ausprobieren nur noch meine Skepsis ob der absonderlichen Aromen-Kombination im Wege. Sie würde wie üblich rasch von Herrn H. ausgeräumt und als Beilage, beschied er, würden wir einfach die rauchigen Polenta-Stäbchen bereiten, die habe er schon seit Längerem ins Auge gefasst. Seufzend begann ich, die Zutaten zusammen zu sammeln.

Für die Bagna cauda:

  • 17 g Tahin (oder Sesam, geröstet, gemahlen)
  • 20 g Olivenöl
  • 1 kleine Knoblauchzehe, gehackt
  • 1 rote Chili, entkernt, gehackt
  • 170 g Tomaten, gehackt (oder Passata)
  • 1 TL brauner Zucker
  • 1 EL Sherry-Essig
  • 10 g Sardellenfilets, abgespült, trocken getupft
  • 4 g Butter

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Ich erhitzte das Olivenöl bei mittlerer Hitze, briet Knoblauch und Chilis darin kräftig an und gab alle restlichen Zutaten bis auf das Tahin hinzu und ließ die Sauce ca. 8 Minuten offen köcheln, bis die Mischung leicht eingedickt war. Dann gab ich sie zum Tahin, pürierte alles zu einer sehr feinen Creme und stellte sie abgedeckt warm. Zuvor hatte ich sie natürlich gekostet und war bass erstaunt gewesen, wie rund sie schmeckte. Das hatte also schon einmal geklappt.

Für die knusprigen Polentastäbchen:

  • 125 g Bramata-Polenta
  • 500 g Gemüsefond (nach Belieben mit Milch vermischt)
  • Salz
  • 60 g geräucherter Scamorza oder Provola, fein gewürfelt
  • Butter und Parmesan nach Belieben
  • Hartweizenmehl zum Wälzen
  • Öl zum Frittieren

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Es empfiehlt sich, die Polenta bereits am Vortag zu kochen, da sie komplett erkaltet und verfestigt sein muss, bevor man die Stäbchen schneiden kann. Ich kochte den Gemüsefond auf, ließ die Polenta und Rühren einrieseln und reduzierte die Hitze nach erneutem Aufkochen auf ein sanftes Köcheln. Abgedeckt durfte die Polenta nun insgesamt 40 Minuten garen. Alle 10 Minuten rührte ich sie dabei mit dem Schneebesen durch, damit nichts ansetzte. Als die Polenta fertig war, gab ich Butter, Parmesan und Provola hinzu und rührte alles unter. Herr H. erbot sich freiwillig, mit Pfeffer und Salz abzuschmecken. Ich rettete die restliche Polenta vor seinem Löffel, strich sie in einer rechteckigen, mit Folie ausgelegten Form ca. 1,5 cm hoch aus und stellte die Form kalt. Am nächsten Abend schnitt ich ca. 10 cm lange und 1,5 cm breite Stäbchen aus, wälzte sie rundherum in Hartweizenmehl und frittierte sie portionsweise (nicht mehr als 6 – 7 Stäbchen gleichzeitig, damit das Öl nicht zu sehr abkühlt) bei 175°C (dazu benötigte ich ca. 700 g Rapsöl im 24 cm Bräter) ca. 5 – 6 Minuten knusprig goldbraun. Das Probe-Stäbchen schmeckte einfach umwerfend gut. Wir konnten es kaum erwarten, endlich zu essen.

Für den Cavolo nero und das Finish:

  • ca. 120 g Cavolo nero, dicke Mittelrippe entfernt, in feine Streifen geschnitten
  • 1 TL Olivenöl
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1 rote Chili, entkernt, fein gehackt
  • ca. 20 g Weißwein
  • etwas Zitronenabrieb, fein gehackt
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 2 Schellfisch oder Kabeljaufilets, gedünstet
  • Röstzwiebeln zum Anrichten

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Zum Glück ging die Zubereitung von Fisch und Kohl recht flott. Ich erhitzte das Olivenöl in der Wokpfanne, briet Knoblauch und Chili darin kurz an, gab den Kohl hinzu und ließ alles unter Rühren ca. 2 Minuten garen. Dann löschte ich mit Wein ab, ließ ihn verdampfen und zog die Pfanne von der Platte. Nur noch mit Zitronenabrieb, Pfeffer und Salz abgeschmeckt – fertig. Herr H. hatte derweil die Fischfilets ca. 5 Minuten gedämpft. Drei wären besser gewesen. Hinterher ist man immer schlauer. Ich richtete alles auf vorgewärmten Tellern an, vergaß die Röstzwiebeln und räumte die Küche auf, während Herr H. fotografierte.

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Fazit: Alle Komponenten des Tellers harmonierten erstaunlich gut miteinander. Ich war schier begeistert von den sich bietenden Kombinationsmöglichkeiten. Die Polenta-Stäbchen waren außen herrlich knusprig (und hielten diese Knusprigkeit tatsächlich, bis auch das letzte Stäbchen verputzt war) und innen cremig. Der Cavolo brachte eine angenehme Frische und die Bagna cauda überzeugte durch eine aromatische Tiefe, die ich ihr beileibe nicht zugetraut hätte. Allein der Fisch war mir zu fest. Herrn H. störte das nicht im Geringsten. Geschmackssache, wie immer.

Aus: NOPI Das Kochbuch Yotam Ottolenghi, Ramael Scully

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  1. Interessante Kombi – von Mittelrippen bei Cavolo hatte ich bis jetzt nichts gehört – was tun bei Rippenbruch (lach)?

    • Eva Eva

      Zur Not ab in den Kompost. 😉

  2. klingt tatsächlich ziemlich wild, das ganze Ensemble. da wär ich wohl nicht mutig genug das aufzutischen…

    • Eva Eva

      Wer nicht wagt… 😉

  3. Klingt und sieht interessant aus. Schräge Satzstellung, aber ich hoffe doch verständlich. 😉 Jetzt weiß ich zumindest was Bagna Cauda ist, um die ich schon eine Weile rumschleiche.

    • Eva Eva

      Danke, Rabin. Ja, ist es. 🙂

  4. Ah, diese Stäbchen stehen schon lange auf meiner inneren Liste. Interessanterweise drücke mich darum, weil ich fürchte, sie nicht so schick geschnitten zu kriegen. Manchmal ist man halt seltsam….

    • Eva Eva

      Was glaubst du, wie lange ich große Angst vor Mürbe- und Brandteig hatte?
      Und keine Sorge. Die Polenta wird sehr, sehr fest!

  5. Die Sauce Bagna cauda zu nennen, ist ja ziemlich mutig, da ist nur noch wenig vom Original übrig 😉 Ich würde die aber trotzdem glattweg auch solo mit den Polentastäbchen verdrücken!

    • Eva Eva

      Das dachte ich mir auch, als ich herausfand, was Bagna cauda eigentlich ausmacht. Aber Yotam scheint diesbezüglich recht fruchtlos zu sein. 😉

  6. turbohausfrau turbohausfrau

    Das nennt der Otto Bagna Cauda? Schmeckt sicher hervorragend, aber Bagna Cauda ist das nicht mehr.
    Die Polenta-Sticks lachen mich sehr an.
    Ich seh schon, ich muss mich mehr um dieses Kochbuch kümmern. Da sind etliche Schätze, die gehoben werden wollen.

    • Eva Eva

      Nun ja, Yotam, der Furchtlose, was soll ich sagen? Aber die Sauce, wie auch immer man sie nennen will, schmeckte ausgezeichnet, genau wie die Stäbchen – das Rezept mit dem Räucherkäse stammt allerdings aus “Vegetarische Köstlichkeiten”, falls du es suchst. Im NOPI sind die Stäbchen solo. Ich war nur zu faul zum Schreiben…

  7. Ich gebe zu, ich kannte das Soßen-Original noch nicht mal dem Namen nach. Ich sollte wirklich mal einen Italienurlaub machen. Oder überhaupt irgend einen. 😉
    Obwohl ich auch gern unkonventionell kombiniere, wäre ich nicht auf die Idee gekommen, Sardellen und Tahini zu kombinieren. Bin gespannt, wie das alles schmeckt, denn es gefällt mir von A bis Z. Palmkohl habe ich sogar auf dem Balkon, nur leider wurde er (seiner Blätter) beraupt. 😉

    • Eva Eva

      Ja, Urlaub wäre ganz vorzüglich. Ist hier leider auch noch nicht in Sicht und in Italien waren Herr H. und ich auch noch nicht. Dabei kochen wir doch am liebsten italienisch…
      Viel Freude beim Nachkochen!

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