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Handfeste Hartware

 

Ich muss zugeben, dass ich gerührt bin. In einer so laut tosenden, schnelllebigen Zeit erinnerte sich doch tatsächlich der ein oder andere an unsere kleine Seite und äußerte den Wunsch, wir mögen doch bitte weitermachen. Vielen lieben Dank dafür! Diesem Wunsch komme ich sehr gern nach. Gekocht und gebacken wird hier täglich wie eh und je. Auch das ein oder andere neue und spannende war dabei. Dazu in Kürze mehr. Zu meiner langen Schweigepause sei nur gesagt, dass das vergangene Jahr zu turbulent und fordernd war. Weiter ins Detail will ich an dieser Stelle nicht gehen. Inzwischen fühle ich mich der Navigation auf unruhiger See jedoch gewachsen. Der Mensch gewöhnt sich irgendwann an alles. Ich habe sehr viel gelernt, ausprobiert und schließlich Ruhe in mir gefunden. Das verleiht mir nun endlich wieder die Kraft, Energie in Dinge zu investieren, die ich liebe. Gestartet wird, wie üblich nach einer langen Pause, mit etwas Handfestem, Schlichtem. Den Anstoß zum Backen gab in diesem Fall ein Päckchen sardischer Mandeln aus dem letzten Urlaub vor anderthalb Jahren, das nun zeitnah verbraucht werden musste. Herr H. blätterte in unserem alten, handschriftlichen Kochbuch und förderte dieses Rezept zutage.

Für die Cantuccini* (ergibt vier Rollen à 4 cm Breite):

  • 2 Eier Gr. M
  • 150 g feiner Zucker
  • 1 TL Vanilleessenz (oder Mark einer halben Schote
  • 1 Tropfen Bittermandelöl (vorsichtig dosiert!)
  • 1 Pr. Salz
  • 25 g weiche Butter
  • 250 g Weizenmehl Typ 405
  • 8 g Weinsteinbackpulver
  • 180 g Mandeln, gehäutet, getrocknet
  • Zitronenabrieb nach Belieben

Während Herr H. die restlichen Zutaten abwog, ablichtete und bereit stellte, übergoss ich die Mandeln mit ca. 1 Liter kochenden Wassers und ließ sie für ca. 10 Minuten darin. Danach fluppten wir sie gemeinsam aus den Häuten. Das ging leichter und schneller als vermutet. Ich heizte den Backofen auf 50°C Umluft vor, verteilte die nassen Mandeln auf einem mit Backpapier belegten Blech und ließ sie für ca. 30 Minuten trocknen. Es ist wichtig, das sie ganz trocken sind, da die Cantuccini ansonsten zu zäh werden. Man kann die Mandeln natürlich auch fertig gehäutet kaufen oder bereits am Vortag herstellen. Und natürlich, wie bei allem, steigert die Qualität des Ausgangsprodukts ganz erheblich den Wohlgeschmack des Endprodukts. Die von uns verwendeten sardischen waren größer, flacher und viel aromatischer, als die hier sonst verwendeten kalifornischen Mandeln.

Ich rührte Eier und Zucker mit dem Handrührgerät schaumig, bis sich der Zucker vollständig gelöst hatte. Das dauerte mit meinem eher groben Zucker ca. 10 Minuten. Dann rührte ich die Aromaten, die Butter und das Salz ein, hob Mehl, Backpulver (gesiebt!) unter. Als letztes arbeitete Herr H. die Mandeln ein. Dabei merkte er an, dass es recht schwierig sei, sie gleichmäßig zu verteilen. Ich winkte ab. Perfektion wird bei dieser Art Backwerk nicht groß geschrieben. Ich formte mit befeuchteten Händen vier Rollen aus der Masse, die ca. 4 cm breit und 2 cm hoch waren. Im auf 160°C durften diese nun 20 Minuten backen. Sie sollen dabei ihr Volumen vergrößern, garen, aber nicht bräunen. Nach kurzen Abkühlen schnitt ich die Rollen leicht schräg mit einem scharfen Messer in ca. 2 cm breite Streifen. Herr H. sortierte sie auf das Backblech, heizte den Backofen auf 180°C hoch und schob das Blech für weitere 15 Minuten hinein. Wenn man seinen Backofen nicht gut kennt, ist es ratsam, die Cantuccini im Auge zu behalten. Sie sollten gerade goldgelb und nicht zu stark gebräunt sein. Der Geruch, den sie beim Abkühlen verbreiteten, war auf jeden Fall schon sehr verlockend.

Fazit: Der erste Biss bestätigte uns, was der Geruch verheißen hatte. Intensiver Mandelgeschmack mit einem Hauch Vanille und Bittermandel im Abgang. Und, was am wichtigsten war, die Konsistenz war perfekt. Knackig ohne betonhart zu sein und angenehm im Biss. Das gute ist, dass Cantuccini sich luftdicht verpackt eine ganz Weile halten. Das gilt für Törtchen und andere Delikatessen leider nicht. Und da Herr H. schon eine ganze Weile von zu Hause arbeitet, gibt es auf dieser Seite keine dankbaren Abnehmer für ein Leckerli mehr. Auch die Lage in unserem Haus hat sich nicht zum Besseren verändert. Die beste Nachbarin zog bereits vor einem Jahr fort. Die besten Nachbarn von gegenüber ebenfalls und zu unseren neuen Nachbarn ließ sich leider bislang kein näherer Kontakt herstellen. Sei’s drum. Ein Biscotto ist zwar kein Ersatz für ein Stückchen Torte, aber stets ein willkommenes Dessert.

*Die wahre Quelle des Rezepts bleibt leider im Verborgenen, da ich vor ca. 20 Jahren noch keine Quellenangaben dokumentierte. Asche auf mein Haupt.

37 Kommentare

    • Eva Eva

      Vielen lieben Dank, Ulrike!

  1. Marianne Kramer Marianne Kramer

    Wunderbar, dass es Sie wieder „gibt“, freue mich sehr und darf sagen, ich habe Sie vermisst. Es wäre schön, würden Sie wieder regelmäßig bloggen, und freue mich schon auf neue tolle Rezepte.
    Bleiben Sie gesund!
    Herzlichst Ihre Marianne Kramer

    • 75liane 75liane

      Dem schliesse ich mich an. Welch Freude!

      • Eva Eva

        Danke schön!

    • Eva Eva

      Danke schön, Marianne. Ich war ja nie wirklich weg. 😉
      Liebe Grüße
      Eva

  2. Hach, so schön, wieder von Euch zu lesen! Und dann gleich so! Gerade die Konsistenzbeschreibung macht Lust, es Euch nachzutun (wobei ich durchaus auch ein Faible für Betoncantuccini habe 🙈).
    Sehr herzlich: Charlotte

    • Eva Eva

      Danke, Charlotte. Ich habe das Bloggen auch schon sehr vermisst. Es fühlt sich gut an, wieder Schwung zu gewinnen. Und Beton-Cantuccini kann man ja tunken. 😉
      Liebe Grüße zurück!
      Eva

  3. Fein, Cantuccini – vielleicht in ein Gläschen Vin Santo getaucht…
    Und fein, dass ihr wieder da seid!
    Mit besten Grüssen aus Fernost, Felix

    • Eva Eva

      Danke, Felix.
      Ich habe mir während des letzten Jahres die ein oder andere schöne Anregung bei dir geholt. Danke dafür!
      Liebe Grüße aus Hamburg
      Eva

  4. Schön, dass Ihr wieder da seid! 🙂
    Und mit mandligen Cantuccini ist das ein super Re-Start.

    Tja, das Leben fordert einem manchmal mehr als man möchte. Gut, dass es bergauf geht.

    • Eva Eva

      Danke Barbara.
      Zum Glück verlangt es einem Nichts ab, dass man nicht bewältigen kann. 🙂
      Liebe Grüße
      Eva

  5. Sandkorn Sandkorn

    Keine Sonne an Pfingsten? Völlig nebensächlich! Viiiel besser: Ihr seid wieder da! Herr Sandkorn und ich erheben unsere Kaffeepötte auf Euch! Wir hatten Euch sehr vermisst!

    • Eva Eva

      Danke, Sandkorn. Hier hat sie sich gestern am Pfingstmontag sehen lassen, was wir während einer ausgedehnten Radtour genossen. 🙂

  6. Ich hab an Euch gedacht und freue mich :-).

    • Eva Eva

      Danke Susanne,
      irgendwie vermisse ich die guten alten Bloggerzeiten ein wenig, als wir alle noch reger im Austausch standen…
      Habe aber stets fleißig bei dir mitgelesen und mich inspirieren lassen!
      Liebe Grüße,
      Eva

  7. schööön wieder von dir zu lesen 😉

    Liebe Grüsse aus dem Elsass
    Sabine

    • Eva Eva

      Danke Sabine,
      ganz liebe Grüße zurück aus Hamburg!

  8. wie schön, wieder von dir zu lesen! Die Kekschen lesen sich sehr fein und kommen auf die Nachbackliste!

    • Eva Eva

      Danke Stefanie.
      Auch bei dir habe ich still mitgelesen und mich oft inspirieren lassen. Vielen Dank dafür. 🙂

  9. Comeback mit tollen Cantuccini, es freut mich sehr, wieder von euch und euren feinen Rezepten zu lesen!!

    • Eva Eva

      Danke Friederike.
      Auch von dir habe ich das ein oder andere “gemopst”. 😉

  10. Eike Spellerberg Eike Spellerberg

    Wunderbar, dass Sie wieder da sind! Habe immer wieder in Ihren tollen nach Anregungen gesucht – und gefunden 🍀👍👍!
    Herzliche Grüße in den Norden 👋

    • Eva Eva

      Vielen Dank, Eike.
      Und ganz liebe Grüße zurück!

  11. Da bist du ja wieder! Ich freue mich sehr. Und deine Cantuccini sind sicher ein Traum. Ich hab die das letzte Mal in der Toskana gegessen, wo man sie stilecht in Vin Santo tunkt.

    • Eva Eva

      Hallo Susi,
      ja, da bin ich wieder mit neuem Schwung, der hoffentlich anhält. Bislang bin ich guter Dinge und ich bewundere es sehr, dass du die ganze Zeit mühelos am Ball geblieben bist.
      Ganz liebe Grüße nach Wien!

  12. ann.ulr ann.ulr

    Wie wunderbar es ist, Sie wieder zu lesen!!!

    • Eva Eva

      Dankeschön!

  13. Willkommen zurück 🙂 Deine Cantuccini sehen perfekt aus! Also immer noch alles wie immer 😉

    • Eva Eva

      Danke, Petra. Von Perfektion bin ich weit entfernt… 😉

  14. Kathrin Kathrin

    Ach, eine Freude – hier ist wieder Leben! Immer wieder reingeschaut, gestöbert und ein bisschen die anhaltende Stille, die ich sonst im Leben sehr schätze, hier bedauert. Umso mehr freue ich mich darauf, dass es künftig doch noch die eine oder andere Perle hier zu finden sein wird … bin schon oft fündig geworden, vielen Dank!

    • Eva Eva

      Hallo Kathrin. Sehr sporadisches Leben. Aber ich habe das Gefühl, dass es jetzt wieder mehr werden könnte.

  15. Johanna Johanna

    Ach, wie schön, dass wieder neue Inspirationen kommen! Natürlich habe ich auch immer noch nicht alles hier nachgekocht / gebacken, aber schon viele Leckereien entdeckt. Herzlichen Dank und die besten Wünsche für das weitere Durchqueren der unruhigen Meere!

    • Eva Eva

      Danke, Johanna. Um mit den unruhigen Meeren klar zu kommen, muss man scheinbar mehr wie Wasser sein. 😉

  16. Susanne Susanne

    Hallo Eva,
    ob Du es glaubst oder nicht… so oft habe ich geschaut, ob es Neues von Euch gibt. Zwischenzeitlich sogar mal nachgefragt.
    Und vorhin habe ich einen Cheesecake gesehen, bei welchem ein Boden gebacken war und der obere nicht.
    Da viel mir Eure die tolle Schichtwechsel Torte wieder ein. Die habe ich schon mehrfach gebacken.
    Wie schön, das Du wieder da bist und möglicherweise auch wieder berichtest. Freut mich sehr… liebe Grüsse aus Hagen, Susanne

    • Eva Eva

      Hallo Susanne. Ich glaube dir natürlich! Ich hatte zwischenzeitlich zusätzlich leidige Problemhen mit der Seite. Nun ist alles behoben und ich kann wieder frisch loslegen.
      Liebe Grüße zurück,
      Eva

  17. Katorinchan Katorinchan

    Ich bin ganz neu hier und absolut verzückt. Nun sitze ich seit 13h heute mittag und komme gar nicht mehr los von diesem Blog. Während ich lese habe ich dieses Rezept nachgebacken (gelingsicher würde ich sagen) und kann mich gar nicht entscheiden, was ich als nächstes Backen soll. Sicherlich was “japanisches” als Halbjapanerin. Vielleicht die Melonpan (ich liebe auch den Blog von Mari), auf jeden Fall etwas mit Matcha/Yuzu oder gar beides. Danke für diesen tollen Blog.
    Ps: ich liebe Hähnchenleber und die KöKlö der Oma (so nannten wir die Königsberger Klöpse immer als Kinder). Und auch ich kam leider nie dazu nach dem Rezept zu fragen.

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