Ereignis eins: Mitte Januar las ich bei Astrid eine spannende Buchrezension. Tim Raues My favorite things. Bislang konnte ich mit Tellern, auf denen wenige Nahrungsmittelfipsel künstlerisch drapiert sind, wenig anfangen. Schön anzusehen, gewiss. Aber mit Nahrungsaufnahme hat das wenig zu tun. So dachte ich. Schüttelte innerlich den Kopf und beschäftigte mich mit profaneren Dingen. Aber etwas blieb hängen. Wie ein winziger Splitter im Finger, den man nur spürt, wenn man die Stelle leicht berührt.
Hinzu kam eine stetig wachsende Unzufriedenheit. Zu wenig Entwicklung. Ich langweilte mich beim Kochen. Letzte Woche lief mir ein älteres Buch (erschienen 2008) von Tim Raue über den Weg. Aromen(r)evolution – Meine Rezepte. Es gelang mir, meine Vorurteile ganz weit weg zu schieben (muss man wirklich Hahnenkämme oder Lammzungen zubereiten?) und ich war elektrisiert. Die Rezepte sind verständlich formuliert (mit Schwierigkeitsgrad, sowohl bei der Beschaffung der Zutaten, als auch bei der Zubereitung), die Aromenkombinationen brillant und die Fotos kleine Kunstwerke. Ich war nur noch nicht sicher, ob ich mich an ein Rezept wagen könnte.
Ereignis zwei: Claudia und Uda hatten ihre Vorräte verglichen und spontan beschlossen, einen Mini-Event mit Sellerie und Kaki ins Leben zu rufen. Das gab mir den entscheidenden Schubs. Knollensellerie habe ich immer da und Kaki dürfte leicht zu besorgen sein, dachte ich. Mitmachen. Leider ist die Kakisaison schon im November vorüber. Lediglich Sharon, eine nahe Verwandte der Kaki, ließ sich noch auftreiben. Egal. Äußerlich sind sie kaum zu unterscheiden. Zum Rezept.
Für das Wurzelgemüse:
- 2 Stangen Sellerie, geschält und gewürfelt
- 2 Möhren, geschält und gewürfelt
- 1/3 Knolle (klein) Sellerie, geschält und gewürfelt
- 2 Halme Frühlingslauch (ich: Schnittlauch), in Röllchen geschnitten
- 1/2 l Wasser
- Salz
Das Gemüse im leicht gesalzenem Wasser bissfest blanchieren (dauerte ca. 5 Minuten bei mir) und in eiskaltem Wasser abschrecken. Blanchierwasser für die Marinade aufbewahren.
Für die Marinade:
- Blanchierwasser
- 25 ml Limettensaft (1/2 Limette)
- 4 Spritzer grüner Tabasco
- 10 g Maisstärke, in wenig Wasser gelöst
- Pfeffer
Das Blanchierwasser etwa um zwei Drittel reduzieren, Limettensaft und Tabasco hinzugeben und mit der angerührten Stärke binden. Mit Pfeffer abschmecken, Gemüse einlegen und bei geringer Hitze erwärmen.
Für die Meerrettichcreme:
- 1 1/2 EL Schmand
- 1 EL frisch geriebener und fein gehackter Meerrettich
- 1/2 TL Zitronenmarmelade (ich: Holunderblütengelee)
- Pr. Salz
Alle Zutaten zu einer glatten Creme verrühren und kalt stellen. Die größte Herausforderung stellte für mich das Kräuteröl dar. So ein Öl setzt man mit frischen Kräutern im Sommer an. Blöd. Ich besorgte 50 g gemischte, tiefgefrorene Kräuter (Petersilie, Schnittlauch, Dill, Kresse, Kerbel, Sauerampfer, Borretsch und Pimpinelle) und mixte sie mit 100 ml Rapsöl. Suboptimal, aber besser als nichts.
Für das Finish:
- 1 Sharon, geschält und gewürfelt
- Thai-Basilikumblätter nach Belieben
- 2 EL Kräuteröl
Gemüse und Sharonwürfel auf einem Teller anrichten, etwas Kräuteröl darüber träufeln, Meerrettichcreme und Thai-Basilikum dazu setzten. Fertig.
Fazit: Lohnt sich ein solcher Aufwand für ein bisschen Obst und Gemüse? Unbedingt! Herr H. äußerte überrascht, dass er selten eine so gute Vorspeise gegessen habe. Dabei ist er ein großer Fan von “deftigen” Gerichten und hatte nach dem Blättern in Raues Buch nur Skepsis übrig. Mir gefiel die (für mich neue) Trennung von Säure und Öl beim Anrichten eines Salats. Die Aromen fügten sich im Mund ganz wunderbar zusammen. Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Unbedingt ausprobieren!
Wahnsinn! Da sind ja alle möglichen Aromen vertreten! Das muss man erstmal im Kopf nachschmecken. Oder zumindest versuchen. Holundermeerrettichkräuterzitronenbasilikum. Das überfordert mich ja geradezu. Aber toll, spannend ist hier wirklich die beste Beschreibung. Und liebsten Dank für die Teilnahme an dem Mini Blogevent!
War wirklich harmonisch und nicht überfrachtet 🙂
Da taste ich mich auf alle Fälle mal ran! 😉
Schön geworden, deine Raue-Selleraki-Kombination. Sehr schön!
Dein Kräuteröl ….also ich habe schon Öl aus gefrorenen Kräutern gemacht, war nicht suboptimal sondern schlichtweg einfach nix!
Danke schön. Das Öl schmeckte schon ein wenig nach den Kraütern. Ich habe sie vorher ein wenig “entfeuchtet” und werde mal beobachten, ob sich noch kräftigere Aromen entwickeln. (Ist ja erst gestern angesetzt…). Ganz sicher mache diesen Sommer Öle mit frischen 🙂
Das klingt ja toll! Meerrettich und Holunder, das wäre ja schon fast das Doppel für das nächste Blog-Event ;-).
Und ich bin total glücklich über diesen Deinen Satz: “Lohnt sich ein solcher Aufwand für ein bißchen Obst und Gemüse? Unbedingt!” Genau.
Es war total faszinierend, wie ich aus so “gewöhnlichen” Zutaten etwas völlig Neues schaffen konnte. DAnke nochmal für den Anstoss 😉
Irgendwie haben wir uns da wohl alle gegenseitig angestoßen ;-).
Immer wieder gern 😉
Spannend! Für Obst und Gemüse lohnt sich im Grunde jeder Aufwand…nur steht mir des Öfteren die Trägheit im Wege…..
…die Trägheit kenne ich nur zu gut, aber das Hochgefühl nach einer neuen Erfahrung kann sie durchaus vertreiben 🙂
Toll! 🙂 Ich bewundere hier, bewundere da… Da bleibt bestimmt was hängen! LG, Yushka
So geht es mir auch immer 🙂