Ein Gericht, dass sich Herr H. gleich beim ersten Durchblättern des Kochbuchs markiert hatte, waren die Mezzelune mit Kalbsbäckchen und Quitten. Ich hatte mich der Umsetzung des Rezepts bislang vehement verweigert. Wer bereitet schon Kalbsbäckchen allein dafür zu, sie anschließend in Pastateig zu verbergen? Herr H. hatte jedoch Glück. Von den Ochsenbäckchen war einiges übrig geblieben und die Quitte, die er schon vor geraumer Zeit für genau dieses Rezept besorgt hatte, erfreute sich erstaunlicherweise noch bester Gesundheit. Also strich ich die Segel und bereitete den Pastateig vor.
Für den Pastateig:
- 120 g Weizenmehl 405 er
- 60 g Semola di Grano duro rimacinata (oder Hartweizengrieß, fein)
- 1 Ei + 2 Eigelbe (+ evtl 2-3 EL Wasser)
- 1 Pr. Salz
- 1 TL Olivenöl
Für die Bäckchenfüllung:
- ca. 300 g Ochsen- oder Kalbsbäckchen, gegart
- 100 g Maronen, gegart
- 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
- 1 Ei
Ich gab alle Zutaten für den Teig in eine Schüssel, verrührte sie grob mit dem Löffel und knetete den Teig anschließend ca. 10 Minuten von Hand. Anfangs, als er mir noch sehr trocken vorkam, gab ich noch ca. 2-3 EL Wasser hinzu. Der fertige Teig durfte abgedeckt 2 Stunden lang ruhen.
Herr H. schnitt das (kühlschrankkalte, wichtig, da es sich beim Zerkleinern erwärmt) Bäckchen in Würfel und gab es zusammen mit den Maronen und dem Knoblauch in den Zerkleinerer. Nach kürzester Zeit war eine recht trockene, nicht zu fein zerkleinerte Masse entstanden. Darunter knetete er ein Ei. Dann rollte er aus der Füllung Kugeln, deren Größe beinahe einen mittelschweren Ehekrach auslöste. Die ersten kamen mir viel zu groß vor, die folgenden zu klein, woraufhin Herr H. kurz entnervt die Küche verließ. Ich entschuldigte mich reumütig und wir beschlossen, dass die Größe keine große Rolle zu spielen hatte.
Ich teilte den Pastateig in vier Kugeln, knetete jede mit Hilfe der Nudelmaschine und rollte sie dann bis zu zweit dünnsten Stufe aus, bei mir 2/7. Die fertigen Bahnen belegte ich mit den Füllungskugeln, stach um die Kugeln herum Scheiben von ca 8 cm Durchmesser aus, befeuchtete eine Hälfte des Kreises und drückte sie schließlich mit der Hand zu Halbmonden zusammen. Als Herr H. die ersten fertigen Exemplare auf der mit Hartweizengrieß bestreuten Platte liegen sah, musste er laut lachen. Sie erinnerten ihn an das wunderbare Bild aus dem kleinen Prinzen von der Schlange, die einen Elefanten verschluckt hat.
Nachdem wir uns der Erheiterung ausgiebig hingegeben hatten, bereiteten wir die Quittenwürfel und eine von mir spontan dazu gedachte Erweiterung zu. Ich hatte glücklicherweise auch noch einen Rest der himmlischen Bäckchensauce übrig, den Herr H. irrtümlicherweise für Marmelade hielt. Sie war im Kühlschrank komplett erstarrt. Ich erhitze das Gelee mit etwas Wasser und ließ es eine Weile leise köcheln.
Für das Quittengemüse:
- 1 reife Quitte, in 1cm dicke Scheiben geschnitten
- 1 EL Zitronensaft
- 1 EL Zucker
- 1-2 violette Möhren
- 2 EL Butter
- Salz, 1 Tropfen Vanilleessenz
- 2-3 EL Petersilie, gehackt
Ich schnitt das Kerngehäuse aus den Quittenscheiben, würfelte sie fein und vermischte sie mit Zitronensaft. Herr H. würfelte die violette Möhre, die mir aufgrund ihrer Süße passend erschien. Ich erhitzte die Butter in einem Topf, briet die Quittenwürfeln darin an, gab den Zucker und einen Schluck Wasser hinzu und ließ sie ca. 10 Minuten köcheln. Dann gab ich die Möhrenwürfel hinein, würzte mit Salz und Vanille und ließ beides noch ca. 10-15 Minuten köcheln. Leider färbten die violetten Möhren die Quittenwürfel ein. Das hatte ich nicht bedacht. Ich probierte ein paar Würfel und ließ mich vom herrlich fruchtig-herben Geschmack trösten. Herr H garte in der Zwischenzeit die Mezzelune portionsweise ca. 4 Minuten in sanft siedendem Wasser. Ich richtete anschließend an.
Fazit: Es lohnt sich auf jeden Fall, mehr Bäckchen zuzubereiten als man verzehren möchte und kann! Die Mezzelune waren absolut köstlich und das fruchtige Quittengemüse passte perfekt. Zusammen mit der restlichen Bäckchensauce ergab sich ein absolutes Leibgericht – wie gut, dass wir noch einige eingefroren übrig haben, die auf jeden Fall noch noch als Vorspeise für zwei Personen reichen.
Inspiriert von: Slow cooking – Kochen mit Zeit, Lust & Liebe Hans Gerlach
Das Fleisch mit Marroni zu “verdünnen” finde ich eine tolle Idee.
Danke, ich reiche die Lorbeeren mal an Herrn Gerlach weiter. 🙂
Die Mezzelune schauen lustig aus mit den kugelrunden Füllungen. Dass sie hervorragend schmecken, kann ich mir sehr gut vorstellen. Das ist ja wirklich Resteverwertung “at its best”.
Ich hatte ja zuerst die Assoziation “kleine Vampire”, die Gummibärchen, weiß gar nicht, ob es die in Österreich gibt, aber Herr H. meinte, dafür seien sie zu rund. 😉
Auf dem Markt werden runde Dinger verkauft, die aussehen wie Marroni, muss sie mal kaufen und schauen, was sie wirklich sind. Water Chestnuts sind es sicher nicht. Anstelle der Quitten weiss ich auch nicht, was nehmen, dachte schon an Guava, und für die violetten Möhren nähme ich vielleicht Taro, für die Füllung dann eben noch irgend ein Fleischrest 🙂 Wird sicher auch gut werden.
Das mit dem Ersetzen klappt bestimmt. Wobei es schon komisch ist, dass man in Deutschland (fast) alle exotischen asiatischen Zutaten bekommt, es aber umgekehrt nicht so zu sein scheint. Ich wusste gar nicht, dass Taro violett sind – wieder was gelernt. 🙂
Eine herrliche Ravioli-Füllung – kein Wunder, bei so feinen Resten….
Deine sind aber auch sehr fein gewesen. 😉
Mir läuft grad bei dem Anblick das Wasser im Mund zusammen. Bäckchen habe ich immer noch keine besorgt 🙁 Das wird wohl auf nach Weihnachten verschoben.
Macht nichts, ich bin sicher, dass es auch bei euch zu Weihnachten etwas Feines geben wird oder gehört ihr zu der “Kartoffelsalat-mit-Würstchen-Fraktion”? 😉
Das gab es tatsächlich letztes Jahr 😉 Dies Jahr kümmert sich meine Schwester ums Essen…mal sehen was es gibt.
Na, wenn sie genauso gut kocht wie du, dann wird’s schon was Gutes geben. 🙂
Perfekte Pasta, wo ich hinschaue! Ihr macht mir richtig Druck…! Ist deine Nudelmaschine eine von Hand betriebene? Ich frage mich inzwischen, ob ich den Arkarsrum Assistenten nicht nachrüsten soll??
Schönes Restwochenende wünscht
Cheriechen
Danke, Cheriechen. Druck sollte aber dennoch nicht entstehen. 🙂
Meine (irgendwann zu ersetzende) Nudelmaschine ist ein ganz günstiges Modell mit schiefen Walzen. Einen Motor habe ich noch nie vermisst. Nach etwas Üben bekomme ich die Pasta inzwischen sogar allein gut hin. Der Motor soll außerdem recht laut sein, habe ich gehört…
Glücklicher Herr H. – und diese wundervolle Kombination aus Fleisch und Maroni wird auch Einzug in meine Küche halten.
Und noch etwas: wunderschöne Fotos.
Danke, Toettchen. Herr H. hat sich über das Kompliment gefreut, ist aber nur bedingt glücklich, da ich ihm noch immer kein Spanisch Fricco gekocht habe. 😉
Niedlich sind die kleinen Propeller ;-). Quitten und Herzhaftes passen ja wunderbar, und das Ganze dann mit Maronen – ganz tolles Wohlfühl-Rezept!
Propeller! 😀 Warum bin ich da nicht drauf gekommen? Das wäre auch eine lustige Geschichte geworden… ich muss dich wohl gelegentlich mal um Inspiration bitten. 🙂
Mist! Zu spät gesehen, die Bäckchen wurden erfolgreich aufgegessen… Sonst hätte ich vorher etwas davon gesichert. Werde ich wohl gleich mal noch welche bestellen, fürs nächste Jahr dann.
Und gegen kleine Kugelbäuche habe ich nichts 😉
Oh, blöd. Aber eure Bäckchen waren sicher soo lecker, dass ihr sie einfach aufessen musstet. 🙂 Die Nudeln laufen ja nicht weg. Ich erinnere dich beizeiten!
Köstlich!! Bäckchen gibt es bei mir nächste Woche, vielleicht bleibt ja etwas übrig und dann weiß ich ja, was ich damit mache 😉
Nur auf die Quitte würde ich lieber verzichten, da bin ich nicht so wild drauf 😉
Mache halt einfach etwas mehr, diese Art der Resteverwertung lohnt sich wirklich, Britta. 🙂 Und statt Quitten gehen sicher auch Äpfel oder Birnen.
Was für hübsche Mezzelune, wenn auch leider nix für mich 😉
Danke, Melanie. Mezzelune schmecken ganz sicher auch mit einer vegetarischen Füllung! 🙂
Schade um die Bäckchen ,wie auch um die Maronen.
Ich liebe beide Zutaten, aber beide für sich
Uns haben sie zusammen ganz hervorragend geschmeckt – so sind die Menschen verschieden. 😉