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Tschüss, November!

Steinpilz-Radicchio Risotto 1

Jetzt kann ich es ja sagen, du hast es mir in diesem Jahr nicht leicht gemacht. Gerade als ich dachte, dir ein Schnippchen geschlagen zu haben und dir lächelnd und gleichmütig begegnen zu können, hast du mich mit deinem Grauen hinterrücks überrumpelt. Dabei habe ich nichts unversucht gelassen. Ich war täglich mindestens zwei Stunden an der frischen Luft, habe trainiert, köstliches Seelenwärmeressen gekocht und sogar, entgegen aller meiner Prinzipien, die Heizung schon vor dem ersten Frost aufgedreht – allein, es nützte alles nichts. Ich hatte viele Pläne, was wollte ich nicht alles Spannendes backen. An Zeit hat es auch nicht gemangelt. Aber wann immer ich mich an ein neues Projekt machen wollte, stöhnt die innere Stimme, “ich maaaag nicht, das können wir doch auch morgen noch machen, ich habe keine Luuhuust.” Und so ergab ich mich klaglos. Auch dieser Monat würde vorübergehen und ich würde seinen Abschied gebührend feiern.
Für den Steinpilz-Radicchio-Risotto:

  • 125 g Risottoreis
  • 1 kleine rote Zwiebel, fein gehackt
  • 1 mittlerer Kopf Radicchio, in Streifen geschnitten
  • 100 g frische Steinpilze (ich: TK)
  • 600 g Gemüse- oder Geflügelfond, leise köchelnd
  • 50 g Weißwein
  • 1 EL Acetato Balsamico
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 25 g Butter
  • 25 – 50 g Parmesan, fein gerieben
  • 100 g Maronen, vorgegart (ich: weg gelassen, stattdessen 1 EL frischer Dill aus dem TK + 100 g Speck, gewürfelt)

zutaten serie

Der Radicchio war unter mysteriösen Umständen eingezogen, einer dieser Spontankäufe. Man hört zwar überall, dass die Gemüsebauern den bitteren Gemüsen aller Bitterstoffe weggezüchtet hätten, aber dieser Radicchio war so bitter, dass Herr H. nach einer kleinen Kostprobe unwillig das Gesicht verzog. Ob ich sicher sei, dass das Risotto mit einer so großen Menge an Bittergemüse essbar werden würde. Ich zerstreute seine Bedenken erfolgreich und drückte ihm das Messer in die Hand.
Während er noch schnitt, dünste ich die rote Zwiebel langsam in einer Olivenöl-Butter-Mischung weich. Nach knapp 10 Minuten gab ich den Reis hinzu, schwitze ihn kurz mit und löschte mit Weißwein ab. Nachdem er verdunstet war, gab ich sukzessive den Fond hinzu, ließ ihn vom Reis absorbieren, etc. Kurz vor Ende der Garzeit gab ich Radicchio und Steinpilze in die Pfanne und ließ sie noch ca. 10 Minuten mitgaren. Fertig. Ich rührte Butter, Parmesan, Balsamico und Dill unter und schmeckte noch einmal mit Salz und Pfeffer ab. Nun durfte es 5 Minuten ruhen. Herr H. hatte in der Zwischenzeit die Speckwürfel knusprig gebraten und auf Papier abtopfen lassen. Ich verteilte das Risotto auf zwei Schalen und bestreute es mit Speck.
Steinpilz-Radicchio Risotto 2

Fazit: Als Herr H. die Schale in die Hand nahm, um sie zum “Fototisch” zu tragen, stutzte er. Das Kochbuch lag noch aufgeschlagen auf dem Küchentisch und auf dem Bild war ein herrlich weinrot leuchtender Radicchio zu sehen. Sein Blick wanderte ungläubig vom Foto zur Schale. Nun ja, sagte ich lapidar, gegarter Radicchio nimmt leider eine etwas ungünstig braune Farbe an, da kann man nichts machen. Es sei denn man möchte ihn roh essen. Er schüttelte leicht den Kopf und machte sich ans Werk. Ich holte derweil eine Flasche Wein aus dem Keller, eine von den “guten”, lang gehorteten. Der Anlass erschien mir gebührend genug. Wir setzten uns an den Tisch. Herr H. probierte. Beim ersten Bissen war er noch zögerlich, wusste nicht so recht, ob es ihm wirklich schmeckte. Aber nach der dritten Gabel verlor sich die Skepsis. Die Bitternote des Radicchio fügte sich sich in die Cremigkeit des Risotto und Steinpilze und Speck hielten tapfer dagegen. Nach diesem fulminanten Abschied sehe ich dem Winter nun wieder positiv und voller Tatendrang entgegen und vergesse einfach mal, dass in elf Monaten der nächste November vor der Tür stehen wird.

Aus (modifiziert): Edle Kastanien – Begehrte Delikatessen Sonja Schubert, Barbara Lutterbek

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  1. Ein Risotto mit Kastanien ohne Kastanien aus einem Kastanienkochbuch. Wer da nicht schmunzeln muss… 🙂

    • Wenn Maronen da gewesen wären, hätte ich sie sicher zusätzlich verwendet. 😉

  2. Ich habs ja auch erst kürzlich bestätigt: Risotto geht immer! 🙂
    Geniesst den Sonntag und
    liebe Grüsse aus dem grauen Zürich,
    Andy

    • Auf jeden Fall! 🙂
      Liebe Grüße aus der Arktis ähm, Hamburg
      Eva

  3. So ein Abschiedsrisotto könnte ich jetzt auch brauchen; ich fand den November auch betrüblich. In meinem Fall gilt: Bitter macht munter 🙂 Mir macht die Dunkelheit zu schaffen. Und nun auch der Umstand, dass als krönender November-Abschluß mein Backofen den Geist aufgegeben hat. Naaaa gut….neuer Monat, neuer Backofen 🙂

    • Bitter macht munter? Interessant. 😉
      Und das mit dem Backofen. Miiiist, naja, immerhin hast du dadurch die Chance auf einen Neuen, hat doch auch was, oder?

      • Oh ja. Ich freue mich auf einen Ofen mit dicht schließender Tür und funktionierender Beleuchtung. Das wird ein Fest 😉

        • Wir haben uns auch dazu durchgerungen unseren Katastrphenherd endlich zu ersetzen, in den Weihnachtsferien – ich freue mich schon riesig!!! Und kann kaum glauben, dass man einfach eine Temperatur wählen kann, die der Ofen dann auch hält. 😉

          • Immer gut, wenn man so was planen kann 😉

          • Definitiv. 🙂

  4. Bis heute Abend ist ja noch November. Dann erst beginnt das Grauen. Und solange noch Risottoreis und Speck im Haus sind, wird sogar das Grauen noch etwas aufgeschoben.

    • Für mich ist das Grauen jetzt erst einmal vorrüber, obwohl ich eine derartige Eiseskälte, wie wir sie gerade haben, so gar nicht mag, vielleicht sollte ich mir etwas Winterspeck anfuttern, damit ich nicht immer frieren muss… 😉

  5. Hach, ja, dieser November. Wir haben durch einige wunderschöne Kurzreisen das Beste aus diesem Monat gemacht und nachträglich kann ich sagen: “So schlimm war er diesmal doch gar nicht” 😉
    Wenn ich jetzt noch ein solch köstliches Schälchen vor mir hätte, dann wäre ich mit dem grauen Monat vollkommen ausgesöhnt.

    • Kurzreisen sind natürlich eine gute Idee, wir haben am Anfang des Monats auch eine gemacht, aber irgendwie verblasste die Erinnerung im schwindenden Licht recht schnell. 😉

  6. Wie lacht mich das Risotto mit Speck an. Da hast Du mit allen Ehren Abschied vom November genommen.
    Liebe Grüße Gerd

    • Danke, Gerd. Zumindest die Essensauswahl ist in den Wintermonaten erfreulich, ich sage nur Rosenkohl, hmmm. 🙂
      Liebe Grüße,
      Eva

  7. Mit so einem schönen Risotto kann man dem grauslichen November einen fulminanten Tritt in den Allerwertesten geben. 😉

    • Danke, Susi. Das habe ich hiermit getan und nun kann Weihnachten kommen. 🙂

  8. Seit einigen Monaten weiß ich durch einen Test, dass ich an einer Bitterschwäche leide. Und ich habe mich immer gefragt, (und meine Liebsten taten es mir nach) warum ich solche Unmengen bitteren Gemüses und Obsts in mich hinein verschlungen habe, ohne mit der Wimper zu zucken. Alle bitteren Radicchios zu mir! 🙂

    • Bitterschwäche? Interessant. Vielleicht leide ich auch daran, ohne es zu wissen, ich mag seit Jahren nur noch Schokolade mit einem Kakaogehalt von mindestens 70% und empfinde vieles als viel zu süß. Wo kann man einen solchen Test machen? 🙂

  9. Die Risotto-Variante klingt großartig. Der Italiener liebt Radicchio und isst ihn auch roh im Salat (in Mengen).
    Ich hatte mal ein Risotto mit Radicchio und Apfel, hatte uns gut geschmeckt – da nehm ich doch gleich mal Euer Rezept mit. Maronen hätte ich auch noch da 😀

    • Danke, Sandra. Ich war sogar versucht, noch etwas Apfel zum Risotto zu geben, aber Herr H. bestand darauf, keine weiteren Rezeptänderungen vorzunehmen. 😉

  10. oh, ein Kastanienkochbuch! und ein Kastanienrisotto! also fast, die Idee nehm ich mit, klingt gar köstlich!

    • In dem Buch sind, dafür, dass es nur ein schmales Bändchen ist, erstaunlich viele gute Rezepte, sogar das Brotrezept taugt, echt erstaunlich. Und das Risotto kann ich nur empfehlen. 🙂

  11. Liebe Eva, du hast Recht: Dieser November war schwierig. Dummerweise nehme ich noch eine Gürtelrose mit rüber in den Dezember. Nun aber auch dieses Rezept, das wahrlich wunderbar klingt!!
    Liebe Grüße
    Cheriechen

    • Danke, Cheriechen. Ohje, das hört sich aber gar nicht gut an, ich wünsche dir schnellstmögliche Besserung!! Nur noch drei Wochen, dann werden die Tage wieder länger – diese Aussicht hält mich bei der Stange. 🙂
      Liebe Grüße,
      Eva

  12. Für mich beginnt das Grauen heute. Die Zeit vom 1. bis zum 21. Dezember hasse ich abgrundtief. Kalt, dunkel, feucht… schrecklich. Wäre da nicht noch mein Geburtstag, gäbe es in der ganzen Zeit gar nichts Erfreuliches.
    Erfreulich ist jedoch Dein Risotto. Und als absolute Radicchio-Liebhaberin steht das Risotto für diese Woche auf der Nachkochliste. Wollte diese Woche nämlich Kürbis-Zitronen-Risotto mit Radicchio machen, aber Deine Variante behagt mir grad viel besser.

    • Danke, liebe Henne. Du hast ja recht mit der zunehmenden Dunkelheit, aber ich finde mit den “weihnachtlichen” Lichtern ist sie noch ganz gut zu ertragen. Das fällt mir im Januar (der zudem noch so unendlich lang ist) viel schwerer. Ich bin halt eher eine “Sommerpflanze”. Was soll’s.
      Und zu deinem Geburtstag, bekommst du da wenigstens eine “anständige” Torte oder soll ich eine schicken, eine die transportfähig ist?

      • Wenn Toettchens Grosser nicht komplett versagt, kriege ich eine Schwarzwäldertorte. Hat er zumindest versprochen.
        Obwohl, eine von Deinen wäre ja schon auch wunderbar. Aber das würde in einem Desaster enden. Ich habe seeeeeehr schlechte Erfahrungen mit der Deutschen Post in Sachen Pakete gemacht. 🙁

        • Dann drücke ich dir mal die Daumen!
          Ich habe gestern Abend auch noch einmal über den Versand von Torten nachgedacht, du hast recht, es ist ziemlich schwierig, da müsste man schon einen eigenen Kurier haben…

  13. Das ist ja witzig, bei mir wartet auch noch eine Radicchio Risotto Variante darauf verbloggt zu werden. 🙂 Liebe Grüße Melanie

    • Ich warte gespannt auf deinen Post. 🙂
      Liebe Grüße,
      Eva

  14. Oh weh, so schlimm war der November in Hamburg 😉 ? Aber wenn so ein feines Abschiedsessen dabei herauskommt, hat sich das Erdulden ja gelohnt ;-).

    • Danke, Claudia. Ja, war er. Und der Dezember zeigt sich auch nicht von einer freundlicheren Seite, immerhin schien gestern die Sonne für ein paar Stunden, ich hatte schon ganz vergessen, wie sie aussah. 😉

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