Gratins treiben mich regelmäßig in die Verzweiflung. Natürlich weiß ich, dass man die Kartoffeln lediglich in millimeterfeine Scheibchen schneiden, in die gebutterte, mit einer Knoblauchzehe aufgeriebene Form schichten, salzen und satt mit Sahne übergießen muss. Nach einer Stunde im Backofen bei 200°C sind sie so dann butterweich, mit herrlicher Kruste und haben die Sahne vollständig absorbiert. Schon klar. Aber was, wenn man keine Sahnesauce möchte? Vielleicht noch etwas Gemüse zusätzlich? Was habe ich nicht schon Enttäuschendes aus dem Rohr gezogen? Halbgare Kartoffeln, schwimmend im Kochsud mit zerfallendem Gemüse. Ich will das gar nicht weiter ausführen. Kürzlich startete ich einen neuen Versuch. Und da er ein recht passables Ergebnis lieferte, verdient er es, hier festgehalten zu werden.
Für die Kartoffeln:
- ca. 400 g Kartoffeln, geschält, in ca. 2 mm dünne Scheiben geschnitten
- 200 g Milch
- 1 Lorbeerblatt
- 1 Knoblauchzehe, geschält
- Meersalz
Ich gab die vorbereiteten Kartoffelscheibchen mit den restlichen Zutaten in einen kleinen Topf, würzte mit etwas Salz und ließ sie nach dem Aufkochen ca. 15 Minuten bei milder Hitze köcheln. Herr H. hatte sich unterdessen um das Gemüse gekümmert.
Für das Gemüse:
- 2 – 3 Möhren, geputzt, schräg in dünne Scheiben geschnitten
- 1 mittelgroßer Fenchel, geputzt, in feine Streifen geschnitten
- 1/2 Lauchstange, fein gewürfelt
- Olivenöl zum Braten
- Meersalz
- 1 – 2 TL Sojasauce
Nachdem er alles vorbereitet hatte, erhitze er das Öl in der Wokpfanne bei mittlerer Hitze und garte zunächst die Möhren unter Rühren 5 Minuten, gab den Fenchel hinzu, pfannenrührte weitere 5 Minuten und schließlich kam noch der Lauch dazu, der ebenfalls 5 Minuten mitgaren durfte. Nun schmeckte er das Gemüse mit Salz und Sojasauce ab und stellte es in einer Schüssel beiseite. Ich hatte inzwischen eine Sauce angerührt.
Für die Sauce:
- 100 g Sahne
- 100 g Kalbsfond (oder Gemüse-)
- 1 sehr kleines Ei
- fein gehacktes Fenchelgrün
- ein wenig Zitronenabrieb
- Meersalz, schwarzer Pfeffer
Da ich nicht wirklich sicher war, ob die Mischung von Sahne und Fond zum gewünschten Ergebnis führen würde, entschied ich, noch ein kleines Ei zur Bindung hinzuzufügen. Ich gab alle Zutaten in eine kleine Schüssel und verrührte sie gründlich mit dem Schneebesen. Herr H. heizte den Backofen auf 190°C vor. Ich butterte die Auflaufform.
Dort hinein gab ich zunächst eine Schicht Kartoffelscheiben (Milch abgegossen, kann später z. B. für eine Béchamel verwendet werden. Lorbeerblatt und Knoblauch entfernt). Darauf setzte ich das Gemüse und die gewürfelten Reste des Kaninchenrollbratens (kann weg gelassen werden, ersatzweise machen sich etwas Huhn oder gekochter Schinken sicher auch gut), 1 TL Kapern und die restlichen Kartoffelscheiben. Herr H. verteilte die Sauce gleichmäßig darüber und bestreute alles mit einer Handvoll fein geriebenen Parmesan. Nach ca. 40 Minuten roch es herrlich in der Küche und das Gratin hatte eine goldbraune Kruste. Nach dem Abkühlen und Ablichten, setzten wir und gespannt an den Tisch.
Fazit: Unsere Bemühungen wurden mit einem sehr schmackhaften Gratin belohnt. Die Kartoffeln waren gar, hatten die zusätzliche Flüssigkeit brav aufgenommen und der Kalbsfond verlieh ihnen eine schöne “Tiefe”. Das Gemüse war nicht zu weich. Der einzige Kritikpunkt für mich war die leichte “Krisseligkeit” durch das gestockte Ei. Ich werde es beim nächsten Mal einfach weglassen und versuchen, ob die Flüssigkeit sich nicht auch ohne es “in Schach halten” lässt. Herr H. lobte das Gratin auf jeden Fall in hohen Tönen und verlangte die Aufnahme in den wöchentlichen Speiseplan. Das soll schon etwas heißen!
Deine “Zwischenschritte” zum gelungenen Nicht-ausschließlich-Kartoffel-Gratin kenne ich nur zu gut. Und ich bewundere Dich, dass Du kein Extra-Grad scheust und den Ofen anschmeißt…
Danke. Wobei es zu der Zeit, als ich das Gratin buk, nicht so heiß hier war. Dafür heute umso mehr, was mich aber nicht davon abhalten kann, Brot und Pizza zu backen. 😉
Melde mich freiwillig als Versuchskaninchen für die nächste Runde Gratin ohne Ei. Herr C. mag Kartoffelgratin am liebsten puristisch, d.h. Kartoffeln, Milch, Salz, Rosmarin, Knoblauch und ein wenig Sahne zum Schluss. Ab und zu schmuggle ich im Herbst noch Steinpilze unter, aber das war’s auch schon. Gemüse wird gefälligst getrennt zubereitet, sonst hängt der Haussegen schief. 😉
Macht ihn sympathisch, den Herrn C. 😉
Herzlich willkommen. 🙂
Dass dein Herr C. einigermaßen krüsch ist, ist ja bekannt. 😉 Und solch’ ein puristisches Gratin ist ja duchaus auch etwas Feines!
Das Gelingen hängt stark von der verwendeten Kartoffel-Sorte ab; ich hab auch schon fantastische Gratins und halbgar-schwimmende produziert… inzwischen halte ichs mit Herrn Klink: mehlige Kartoffeln, Gemüsebrühe, Parmesan obenauf.
Ja, das habe ich auch vermutet. Werde beim nächsten Mal mehlig kochende verwenden. 🙂
Ich bin auch nicht so organisiert, dass ich mir aufschreiben würde, mit welcher Kartoffelsorte, Schnittbreite, Sahnesorte, Ofentemperatur, Luftfeuchtigkeit etc. ich zu einem erfolgreichen Gratin gekommen bin. Ich fühle also mit Dir 🙂
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Ich mache das ja nur, damit das Ergebnis reproduzierbar ist. Meist klappt es dann beim nächsten Mal einwandfrei.
Liebe Grüße aus Hamburg (oder der Sahara?),
Eva
Bisher dachte ich, du lässt dich nur von Mayonnaise zur Verzweiflung bringen 😉
Wenn ihr keine Sahnesauce mögt, probiere es doch vielleicht mal mit dem französischen Klassiker Boulangère-Kartoffeln…
Oh, die habe inzwischen “bezwungen”. 😉
Die Boulangére stehen auf der Liste, danke für’s Erinnern!
Das Lorbeerblatt beim Vorkochen der Erdäpfeln gefällt mir besonders gut.
Schön ist dein Grateng geworden. 😉
Danke, Susi. 🙂
Ich mag soo gern Kartoffelgratin, aber ich habe die gleichen Probleme wie du, Eva! Wie schön, dass du jetzt auf dem Weg zum idealen Risotto bist. Klingt wirklich gut. Bin gespannt ob es auch ohne Ei funktioniert.
Liebe Grüße Maren
Das geht garantiert auch ohne Ei und du meintest sicher Gratin und nicht Risotto? 😉
Liebe Grüße,
Eva
Ja klar meine ich Gratin! Da war ich wohl etwas tüdelig ???
😉
Statt Ei oder zum Ei noch ein Löffelchen Stärke könnte der “Krisseligkeit” vorbeugen – glaube ich / muss ich wohl mal testen 😉
Oder ich. 😉 Hätte ich auch selbst drauf kommen können. Tststs…
Ich habe schon ewig kein Kartoffelgratin mehr gmacht. Vermutlich, weil ich auch schon oft grnug halbgare Kartoffeln mit reichlich Kochflüssigkeit aus dem Ofen gezogen habe. Aber wenn ich mir Dein Gratin so anschaue, dann sollte ich mal wieder einen Versuch starten 🙂
Ich finde Gratin vor allem sehr praktisch. Man kann es in den Ofen schieben und während es vor sich hin gart, z. B. in Ruhe die Nichte in den Schlaf singen. 🙂
Gratins gibt es hier eigentlich selten, warum kann ich garnicht sagen, wir mögen sie beide sehr gerne… Vielleicht hatte ich ähnliche Erlebnisse mit nicht garen Kartoffeln o. ä. und habe das verdrängt 😉
Auf alle Fälle wird es mal wieder Zeit für ein Gratin! Rezept nehm ich mit und gerne ohne das Ei 🙂
Naja, außerdem gibt es ja unendlich viele andere Sachen, die herrlich schmecken. Bei mir ist das so eine Phasensache und zur Zeit gibt’s halt oft Gratin. Dieses kann ich durchaus empfehlen! 🙂
Hat sicher toll geschmeckt, aber: Kartoffeln insgesamt 55 Minuten gegart, Möhren ebenso, die anderen Gemüse 50 resp. 45. Und dann gibt es auch noch zwei Pfannen und Schüsseln zum Abwaschen. Wäre mir zu aufwendig für ein Gericht so bequem wie ein Gratin, auch bei kaltem Wetter.
Gruss Bea
Tja, das ist doch irgendwie mit allem so, oder? Wie lange dauert es, ein Brot zu backen, eine Torte herzustellen oder allein eine Lasange zu fabrizieren (wenn man den Teig selbst macht) und wie schnell ist alles verputzt? Aber, eben, jede/r wie sie/ er mag. 😉
Liebe Grüße,
Eva
Ich mag Gratin zwar klassisch am liebsten (wobei ich nur wenig Sahne verwende und mit 3,8-prozentiger Milch auffülle), aber Deine Variante sieht auch sehr lecker aus! Besonders der Gemüse-Anteil gefällt mir gut, zumal wir Fenchel sehr mögen. Lieben Gruß!
Ja, du hast mir einst überhaupt zum ersten funktionierenden Gratin verholfen (mit Trüffelduft, der sich schnell verflüchtigte). 🙂 Danke noch einmal dafür!
Liebe Grüße,
Eva
Oh, das ist mir eine Ehre :-). Ich erinnere mich, das waren glaube ich noch die alten Le-bonheur-goûteux-Zeiten mit Trüffeln in jedem dritten Gericht, zumindest im Winter ;-).
Das stimmt. Und es waren wirklich irgendwie gute Zeiten, kommen mir schon ewig her vor… 🙂
Ich finde auch, dass das schöne Zeiten waren :-). Und auch mir kommt es vor als sei es viel länger her, als es tatsächlich ist.
Die Zeiten waren irgendwie “unbedarfter”, das ist es, glaube ich, was ich vermisse. Aber vielleicht hat das auch schlicht mit dem Älterwerden zu tun…
Mmm, so eine schöne goldene Farbe! Obwohl der Schuhbeck Muskatnuss in allem tut, finde ich, dass es bei Gratin wirklich gut schmeckt – kann ich empfehlen 🙂
Danke, Rachel. Muskat? Hm, ich weiß nicht, das mag ich selbst im klassischen Kartoffelpüree nicht so furchbar gern. Aber Versuch macht natürlich klug. 🙂
Du hast tatsächlich einen Wochenspeiseplan? 🙂 Liebe Grüße!
So grob tatsächlich schon, allerdings keinen schriftlichen, gewisse Dinge wir Pizza, Sushi etc.pp. wiederholen sich allerdings wirklich wöchentlich, je nach Jahreszeit. 🙂
Liebe Grüße,
Eva