Was habe ich ihn als Kind geliebt, den Frankfurter Kranz meiner Ur-Großmutter. Zu allen möglichen und unmöglichen Anlässen bettelte ich um den Kranz und meist wurde statt gegeben. Da ich bei der Herstellung stets mithelfen durfte, war die Zeit des Genusses für mich gleich doppelt so lang. Es gab allerlei Schüsseln und Löffel abzuschlecken und vom beim Dekorieren herunter fallenden Krokant zu naschen. Ach ja. Leider kann ich mich nach über 30 Jahren nicht mehr besonders deutlich an den genauen Geschmack erinnern. Das meiste wird in der Erinnerung ja hoffnungslos verklärt. Lese ich heute einmal ein früher heiß geliebtes Buch, so bleibt oft nur Irritation. Es war also höchste Zeit, selber einmal einen Kranz herzustellen. Der passende Anlass war schnell gefunden. Auf Omas Geburtstagskaffeetafel durfte ein Kranz natürlich nicht fehlen. Das Rezept stellte ich meinen Kenntnissen und Bedürfnissen entsprechend zusammen und der “Test-Kranz” schmeckte schon einmal nicht übel. Zeit, sich der Prunkstück zu widmen.
Für die Wiener Masse mit Kaffee (24er Kranzform*):
- 200 g Ei (ca. 4 mittelgroße)
- 125 g Zucker
- 37 g Butter, cremig
- 125 g Weizenmehl 405er
- 2,5 g löslicher Espresso
- 2,5 g Kaffee-Extrakt
Während Herr H. das Mehl siebte und die restlichen Zutaten abwog, rührte ich die weiche Butter mit den beiden Kaffee-Aromaten cremig. Herr H. schlug die Eier in einem Topf auf und ließ dabei den Zucker einrieseln. Dann stellte er den Topf auf die Herdplatte (gibt der Herd keine so feine Temperatureinstellung her, kann auch mit einem Wasserbad gearbeitet werden) und schlug die Masse weiter, bis sie weiß schaumig wurde und eine Temperatur von 55°C hatte. Nun gab er die Masse in eine Schüssel und rührte auf kleiner Geschwindigkeit weiter, bis sie vollständig abgekühlt war. Ich rührte anschließend eine kleine Menge davon unter die Butter. Herr H. hob das Mehl unter die Masse. Ich zog zuletzt die Butter-Mischung unter. Herr H. heizte den Backofen auf 190°C vor, ich füllte die Masse in die gebutterte und mit Mehl bestäubte 24 er Kranzform und schob sie für 30 Minuten in den Backofen. Idealerweise sollte der Kranz erst am nächsten Tag geschnitten werden.
Für die Buttercreme (nach Hermé):
- ca. 600 g Buttercreme nach diesem Rezept
Für das Sauerkirschgelee:
- 600 g Sauerkirschen, entsaftet (gut 400 g Saft)
- 110 g Zucker
- 14 g Pektin NH
- 1 TL Limettensaft
Wer 100% Sauerkirschsaft käuflich erwerben kann, spart sich das Entsaften. Nektar mit einem Fruchtgehalt von 50% ist nicht geeignet. Ich erhitzte den Kirsch- und Limettensaft auf 50°C, gab den mit dem Pektin NH vermengten Zucker unter Rühren hinzu und ließ alles 2 Minuten ebenfalls unter Rühren kochen. Anschließend hielt ich ihn im Backofen bei 50°C warm, da er ansonsten schnell zu erstarren beginnt. Statt des Gelees kann sicher auch Konfitüre verwendet werden. Mir war es jedoch wichtig, mit einem eher säuerlichen Gelee einen Kontrast zum ansonsten recht süßen Kranz zu setzen.
Für das Mandelkrokant:
- 132 g Zucker
- 40 g Wasser
- 150 g gehäutete, gehackte Mandeln
Ich kochte Zucker und Wasser, bis der Sirup eine Temperatur von 118°C erreicht hatte und rührte die gehackten Mandeln ein. Unter ständigem Rühren ließ ich sie ca. 5 Minuten bei mittlerer Hitze karamellisieren. Nachdem ca. 3/4 der Mandeln appetitlich gebräunt waren, gab ich das Krokant auf eine Silikonmatte und ließ es vollständig erkalten. Gegebenenfalls muss es nun noch zerkleinert werden. Luftdicht verpackt hält es sich eine ganze Weile.
Ich hatte den Wiener Boden mithilfe eines Fadens in drei gleich dicke Scheiben geschnitten. Ich legte den obersten umgedreht in die mit Frischhaltefolie ausgelegte Kranzform, strich eine Schicht Buttercreme auf und stellte die Form ca. 20 Minuten kalt. Dann gab ich eine Schicht Gelee darauf und stellte die Form erneut für 10 Minuten kalt. Es folgten der zweite Boden, eine weitere Schicht Creme und Gelee und schließlich der letzte Boden. Auf das Tränken der Böden mit Rumsirup verzichtete ich, da kleine Kinder mitessen würden. Nachdem der fertig geschichtete Kranz über Nacht geruht hatte, löste ich ihn aus der Form, strich ihn rundherum mit Buttercreme ein und versuchte, das Krokant möglichst flächendeckend anzubringen. Die horizontalen Flächen waren recht leicht zu bestücken, bei den vertikalen war etwas mehr Geduld gefordert. Ich dekorierte den Kranz mit Sahnetupfen (die Buttercreme hatte ich zu Hause im Kühlschrank vergessen) und legte je eine Belegkirsche darauf. Für den ersten Versuch sah der Kranz gar nicht so übel aus.
Fazit: Die Böden hätten natürlich etwas dünner und die Schichtung gleichmäßiger sein können, aber geschmacklich war der Kranz ein Volltreffer. Die feine Kaffeenote im Biskuit und die Säure des Gelees balancierten die recht süße Buttercreme perfekt aus. Und durch den niedrigen Wassergehalt der Creme blieb das Krokant nach 24 Stunden Ruhezeit noch herrlich knusprig. Auch der Rest der Familie war angetan und kaum einer verzichtete auf ein zweites Stück. Und es könnte wohl passieren, dass nun ich diejenige bin, die zu allen möglichen und unmöglichen Anlässen angebettelt wird, doch einen Kranz beizusteuern. Es gibt Schlimmeres. Zum Abschluss ausnahmsweise noch ein zweites Anschnittbild, da ich mich partout nicht entscheiden konnte.
Wiener Masse und Buttercreme nach PH 10 Pierre Hermé
*Ich habe mir für diesen Anlass tatsächlich eine 24 er Kranzform zugelegt. Man könnte ihn natürlich auch in einer Guglform backen, aber die Proportion würde dadurch schon deutlich verändert werden. Zudem kann man die Form sicher auch noch für andere Backwerke nutzen.
Perfekt gelungen – ich schwelge schon beim Anblick der Bilder ! Mein Kompliment !
Eine genaue Kalorienangabe je Portion ist nicht nötig … 😉
Danke schön! Und wer achtet beim Genuss schon auf Kalorien? 😉
Ich werde also mal meine Kranzform rauskramen, denn ich hab einen Liebhaber in der Nähe… meine Erinnerungen an dieses Backwerk sind nicht die besten, wobei ich denke die Kränze waren auch nicht die besten mit denen ichs zu tun hatte- zu viel zu schwere Buttercreme. Während deine Version mich sehr anlacht…
Diese Art der Buttercreme hat wirklich so gar nichts gemein mit der deutschen Butter und Pudding Variante. Unbedingt ausprobieren, man würde kaum vermuten, dass tatsächlich Butter enthalten ist. 😉
Ich mag ja eine herzhafte Fischplatte lieber, aber den Göttergatten kann ich wohl glücklich machen und wenn ich sogar durch Rezept und so tolle Fotos “angemacht” werde. Es lächelt der Backofen und die Kranzform ladet zum Füllen (Hurra, ich war schon immer eine stolze Besitzerin einer solchen Kranzform). Da werde sogar ich schwach. Danke!
Freut mich, Coriandre. Ich bin sicher, dass sich dein Mann noch mehr freuen wird und wer weiß, vielleicht schmeckt dir ein Stückchen Kranz vor der Fischplatte ja auch. 😉
sieht ja super aus, schönen Mittwoch für dich
Danke schön! Der Mittwoch war super. 🙂
sei herzlich gegrüßt von mir am Dienstag
Der Kranz sieht super aus!!! Eine Frage hätte ich: hast Du eine gute Quelle, wo man Pektin NH in Haushalts-üblichen Mengen kaufen kann? Im Internet habe ich bisher nur Gastronomie-Größen gefunden…
Lieben Dank im Voraus und viele Grüße,
Oliver
Danke, Oliver. Ich habe leider keine Quelle und damals selbst eine Gastronomiegröße gekauft. Leider ist davon inzwischen (auch weil ich zeitweise einiges davon verschickt habe) nicht mehr viel übrig. Falls ich es noch einmal nachkaufe, sage ich dir Bescheid.
Liebe Grüße,
Eva
was würde ich jetzt für ein Stück von deinem kuchen geben!!! Ahhhh sieht das lecker aus! 😀
Danke, Julia. Das hilft nur eins: nachbacken. 😉
Alle Achtung, Eva! Euer Frankfurter Kranz ist aber ein Prachtstück! Mein Papa wäre euer erster Gast, denn er liebt diesen Kuchen. Dann weiß ich ja schon wo ich die Bestellung zu seinem Geburtstag aufgeben kann ??
Liebe Grüße Maren
Danke, Maren. Jederzeit gern, die Form habe ich ja nun. 🙂
Liebe Grüße,
Eva
Frankfurter Kranz – das sind Urlaubserinnerungen an meinem sechsten Geburtstag am Strand an der Ostsee, mit gekauften Frankfurter Kranz und etwas Sand zwischen den Zähnen 🙂 Ich habe ihn allerdings als sehr süß in Erinnerung…
Deine Variante sieht super aus, und ich weiß, dass ich dem Papa vom Liebsten damit eine Riesenfreude machen würde … ich bräuchte nur noch eine Kranzform!
Danke, Stefanie. Ich habe ihn auch sehr süß in Erinnerung und natürlich ist auch dieser Kranz nicht ohne Zucker, aber gut gekühlt schmeckt man das kaum. Die Kranzform ist ja zum Glück recht erschwinglich und ich bin bislang sehr zufrieden mit ihr.
Wenn man mich als Kind gefragt hat, welchen Kuchen ich mir zum Geburtstag wünsche, kam prompt: Frankfurter Kranz. 🙂 Allerdings wird er hier mit Sahne statt Buttercrème gefüllt.
Mit Sahne? Die regionalen Unterschiede sind immer wieder spannend. Die Buttercreme hat den Vorteil, dass sich der Kranz recht gut hält. Sahne würde das Krokant wohl recht schnell aufweichen…
Schüsseln voller Teigresten bei Oma ausschlecken 😀 Wow, was für ein Flashback in meine Kindheitstage. Danke Eva, du hast mir gerade ein grosses Grinsen ins Gesicht gezaubert! 🙂
Danke, Marco, freut mich. Dafür musste ich allerdings auch Sahne mit so einem Drehding von Hand aufschlagen… 😉
Juchz… ein Frankfurter Kranz 🙂 🙂 🙂 ich LIEBE den!
Wobei ich letztens einen ganz köstlichen gegessen habe, aber deinen würde ich zu gerne probieren, der sieht einfach perfekt aus!
Danke, Britta. Und ich würde zu gern deine gekauften kosten… 😉
Ich liebe Frankfurter Kranz, muss aber gestehen, dass ich noch nie einen gebacken habe. Und dann kommst Du gleich mit der Luxusversion daher 🙂
Wobei mir grade auffällt…..auch ich habe keine Kranzform.
Die Kranform braucht es nicht zwingend. Meine Testversion habe ich auch in einer 16er Springform gebacken, hatte halt kein Loch in der Mitte, war aber auch ohne gut. 😉
Da werden Kindheitserinnerungen bei mir wach, denn das war der Lieblingskuchen meiner Mutter, die sich ihn jedes Jahr mindestens einmal zu ihrem Geburtstag zubereitet hatte.
Irgendwann, als ihr Erinnerungsvermögen schon längst nachgelassen hatte, habe ich mich an die Zubereitung heran gewagt und ihr ein solches Exemplar zu ihrem Geburtstag gebacken, seltsamerweise war er mir sogar ganz gut gelungen, auch wenn ich – wie du weisst – nicht die grossartige Bäckerin bin. Doch da war es leider schon zu spät….
(P.s. eigens dazu habe ich mir sogar eine Kranzform zugelegt, die seitdem ungenutzt Platz wegnimmt, also sollte jemand eine solche benötigen, darf sich der-/diejenige gerne bei mir melden)
Oh. Das ist ja eher eine nicht ganz so positive Erinnerung. Zu schade, dass dein Kranz nicht mehr wahrgenommen werden konnte. Ich hoffe, er hat zumindest dir und den anderen gut geschmeckt, wobei du ja, wenn ich das richtig erinnere, kein großer Fan von Süßem bist…
Liebe Grüße,
Eva
Und wer weiß vielleicht findet sich ja hier tatsächlich ein Abnehmer für deine Form?
Den Kuchen hat meine große Schwester immer gebacken wenn wir dort hin zu Besuch fuhren. Eine süße Kindheitserinnerung meinerseits. ?
Dass muss dann aber eine sehr große große Schwester sein. 🙂
Ja, meine Schwester ist 18 Jahre älter als ich! ?
LG von Ulla
Viele Grüße von Ulla – wollte ich noch nachschießen !
Liebe Grüße auch an dich,
Eva