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Mehr Meer möglich?

Dir Ruhe hier auf dem Blog täuscht. In meinem Leben gibt es zur Zeit so viel Bewegung, dass ich manchmal glatt seekrank werden könnte. In solchen Momenten, hilft es, an Deck zu gehen, den fernen Horizont zu fixieren und die Gedanken vom Wind verwirbeln zu lassen. Danach kann ich mich stets wieder konzentriert den anstehenden Aufgaben widmen. Das Deck kann für mich mal die heimische Küche, mal ein ausgedehnter Spaziergang und wieder ein anderes Mal ein gutes Gespräch sein. Es gibt zum Glück viele leicht verfügbare Dinge, die mich inne halten lassen können. In der Küche gab am vergangenen Sonntag wieder einmal Herr H. den entscheidenden Impuls. Von großer Sehnsucht getrieben, hatte ich kürzlich ein Buch über die sardische Küche* entliehen. Er hatte es durchforstet, Marker verteilt und beim Einkauf im italienischen Supermarkt darauf bestanden, 1 kg tiefgekühlte Venusmuscheln zu erwerben. Und wie üblich ließ ich mich von seiner Entschlossenheit mitreißen.

Für die Algen-Gnocchi:

  • 250 g vorwiegend festkochende (oder gelagerte festkochende) Kartoffeln
  • Salz
  • ca. 30 g Stärkemehl
  • 1 Eigelb
  • 4 (ich: 2, 5) Blatt Nori-Alge, im Mixer zerkleinert
  • frisch gemahlener schwarzer Pfeffer

Wegen einer Schilddrüsenerkrankung, muss ich leider auf übermäßigen Jodkonsum verzichten. Wobei sich später herausstellte, dass 2,5 Blätter Nori-Alge als Geschmacksgeber für die Gnocchi völlig ausreichten. Herr H. kochte die Kartoffeln ungeschält in Salzwasser gar und ließ sie kurz ausdampfen. Ich durfte sie dann noch recht heiß pellen, da seine Finger wesentlich hitzeempfindlicher sind als meine. Ich gab die Kartoffeln zwei Mal durch die Presse und ließ sie dabei weiter ausdampfen. Herr H. fügte die mit der Stärke vermischten Algen, etwas Salz und Pfeffer und das Eigelb hinzu und vermengte alles kurz mit einem Löffel. Nun knetete er den Teig behutsam mit der Hand, teilte ihn in zwei Teile und formte ca. 2 cm dicke Rollen daraus. Diese durften luftdicht verpackt zwei Stunden im Kühlschrank ruhen. Warum sie so lange ruhen müssen, hat sich uns nicht erschlossen. Der Teig war sehr glatt und nicht zu feucht. Vielleicht sollte die Ruhezeit den Algen die Chance geben, ihr Aroma zu entfalten. Nach der Ruhezeit schnitt Herr H. ca. 1 cm dicke Scheibchen von den Rollen ab, die ich über die Gabel hüpfen ließ. Der Schritt kann auch weg gelassen werden. Die fertigen Gnocchi garte ich schließlich portionsweise in siedendem Salzwasser, schreckte sie kalt ab und ließ sie abtropfen.

Für das Finish:

  • Burrata nach Belieben, ich nahm 125 g
  • 1 kg Venusmuscheln in der Schale
  • Olivenöl
  • Abrieb 1/2 unbehandelten Limette
  • 20 g Bottarga
  • frische Minze nach Belieben
  • (ich: eine rote Paprika, im Ofen geröstet, gehäutet)

Unsere Muscheln waren bereits vorgekocht. Wir lösten sie bis auf einige aus und erhitzten sie kurz sanft in wenig Olivenöl. Ist man glücklicher Besitzer frischer Muscheln, kocht man sie im geschlossenen Topf einige Minuten in reichlich Olivenöl, bis sie sich öffnen, lässt sie ca. 5 Minuten im Topf ruhen und löst sie dann aus. Die Flüssigkeit, die beim Kochen entsteht, kann filtriert und mit dem Öl, in dem die Gnocchi später kurz gebraten werden, reduziert werden. Im Rezept wird der Burrata im Mixer zu einer cremigen Masse verrührt. Das hatte mir jedoch am Vorabend bei einem anderen Rezept nicht sonderlich gefallen, also zerpflückte ich ihn einfach mit den Händen. Herr H. stellte die vorgewärmten Teller bereit, ich briet die Gnocchi kurz an und richtete sie gemeinsam mit den restlichen Zutaten an. Eine irgendwie doch recht wilde Komposition, dachte ich insgeheim und war ob des Ergebnisses recht skeptisch. Herr H. wirkte hingegen recht ausgelassen, schnappte sich einen Teller und entschwand zum Shooting, während ich schon einmal klar Schiff machte.

Fazit: Wie üblich waren meine Zweifel völlig unberechtigt. Die Gnocchi hatten ein herrlichen Algen-Aroma, das jedoch den feinen Geschmack der Muscheln nicht übertönte. Burrata, Minze und Limette fügten sie brav ein und die von mir hinzugeschmuggelten Paprika steuerten eine aparte Fruchtigkeit bei. Der unscheinbare Bottarga schließlich gab einen kräftigen Tusch Meeresfrische dazu und wir bedauerten nach dem leeren der Teller sehr, nicht gleich die doppelte Menge Gnocchi hergestellt zu haben. Kurz, ein rundherum gelungenes Gericht, dass einen direkt ans Meer beamt. Sei es nun das sardische oder eben die heimische Nordsee.

*La Cucina Sarda – 85 Originalrezepte aus Sardinien Herbert Tischler, Fotografie: Udo Bernhart

14 Kommentare

  1. Ich bin leider gegen alles Seegetier allergisch, es sieht aber trotzdem hinreißend aus!
    Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto?) sind eine blöde Sache, das kenne ich aus der Familie leider nur zu gut. Ich hoffe, das du bald wieder in ruhigere Gewässer kommst.

    • Eva Eva

      Danke, Stefanie!
      Ja, Hashimoto. Habe ich aber schon ewig. Die Einstellung ist immer schwierig, aber ansonsten habe ich keine Probleme. Nur eben sollte ich auf die Jod-Zufuhr achten. Die Gewässer bleiben wohl erstmal kabbelig, aber man gewöhnt sich ja an vieles. Es geht mit generell gut dabei, komme einfach nur nicht so oft zum Bloggen, wie ich gern würde. 🙂

  2. Oh, die Algengnocchi lachen mich aber sehr an. Da ist es ungünstig, dass ich hier die einzige bin, die Algen zu schätzen weiß.
    – Und ich wünsche dir etwas weniger Bewegung, das rechte Maß halt.
    Liebe Grüße!

    • Eva Eva

      Danke, Susanne.
      Die Gnocchi sind spitze, vielleicht mal für Besuch?
      Und die Bewegung ist generell gut, nur manchmal etwas viel. 😉 Wird schon.

  3. Basler Dybli Basler Dybli

    Auch wenn Meeresgekröse gar nicht mein Fall ist (Ausnahme Tempura-Garnelen mit Panko) – dein Teller sieht fabelhaft hübsch aus!
    Nimm es ruhiger. Schlussendlich rennt eh nichts davon und Stress schadet deiner Gesundheit.

    • Eva Eva

      Danke schön!
      Ich nehme es schon ruhig, gelingt halt nicht immer. Land ist aber in Sicht!
      Liebe Grüße,
      Eva

  4. Algengnocchi! Eine wunderbare Idee.
    Und dein fertiger Teller schaut grandios aus!

    • Eva Eva

      Vielen lieben Dank, Susi.
      Es war auch sehr schön, endlich mal wieder etwas so Feines auf dem Teller zu haben. Ansonsten geht es zur Zeit eher rustikal zu. 😉

  5. Sieht total lecker und toll angerichtet aus. Glückwunsch tom

    • Eva Eva

      Danke schön Tom!

    • Eva Eva

      Danke, Ilse. Manchmal ist weniger mehr. 😉

  6. Herrlich! Wunderschön angerichtet, ich gratuliere!
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

    • Eva Eva

      Danke, Andy! Irgendwie hat das mit dem Bloggen in diesem Jahr nicht so geklappt. Ich gelobe Besserung!
      Liebe Grüße aus Hamburg,
      Eva

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