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Die Hitverdächtige

Irgendwie hat die Zeit mir ein Schnippchen geschlagen haben. Nach dem letzten Beitrag im Februar tat sich scheinbar ein Wurmloch auf und spuckte mich direkt in den Frühsommer. Gar nicht übel, wenn ich so darüber nachdenke. Leider musste ich in der Zwischenzeit natürlich doch ganz gewohnt linear leben. Einige kulinarische Erkenntnisse habe ich dabei hinzugewonnen. Hier sind die drei wichtigsten. Guanciale von guter Qualität ist unverzichtbar. Benutzt man ihn in schlichten Gerichten, braucht es nicht viel mehr an Würze außer etwas Salz und eventuell Zitrone.

Apropos Zitronen. Wie kann es nur sein, dass ich hier in Deutschland nur geschmacklose, super saure finde? Wieder einmal habe ich auf Sardinien italienische gekostet und musste feststellen, dass ich das Wesen der Zitrone zuvor gar nicht wirklich verstanden hatte. Die letzte mitgebrachte ist leider aufgebraucht. Falls also jemand weiß, woher man vernünftige Zitronen bekommt, immer her mit den Tipps!

Erkenntnis Nummero zwo: Spargel, egal ob weiß oder grün, schmeckt (uns) am allerbesten auf einem Flammkuchen. Den bestreiche ich mit Crème fraîche, lege ein paar Scheiben braune Champignons auf, Zwiebelwürfel (milde weiße oder Frühlingszwiebeln) und zuletzt den rohen, gestückelten Spargel. Reichlich Parmesan, falls vorhanden etwas Taleggio und ab in den Backofen. Pizzastufe 230°C, 17 Minuten. Vor dem Essen kann man noch Estragon darüber streuen, hauchdünnen Schinken oder Prosciutto crudo und der Weg in den Spargel-Himmel ist frei. Alternativ macht er sich, vorab gedämpft, fast genauso gut in einer köstlichen Lumumpe.

Und die dritte wichtige: Auberginen (am besten riesige runde, “tonda”) gehören in den Backofen. Egal ob in Scheiben geschnitten oder gewürfelt. Einfach mit etwas Salz und Olivenöl vermengt bei 200° 20 – 30 Minuten rösten und man erhält wunderbar cremige, fast fleischig schmeckende, gare (!) und nicht Öl triefende Auberginen, die man perfekt in allerlei Gerichten einsetzten oder auch solo genießen kann. Doch stop! Eigentlich wollte ich diese unverschämt schmackhafte Erdbeertorte vorstellen, die zudem für eine Torte recht schnell gemacht ist und mit dem man trotzdem großen Beifall ernten kann. Ich habe das bei einer Geburtstags-Kaffeetafel getestet.

Ich habe die Torte in eine rechteckige Form gebracht (und ihr einen Schokoladen-Mürbeteig spendiert), da ich keine andere in dieser Größe habe und sich viele Gäste angesagt hatten. Man kann sie selbstverständlich in jedwede Form bringen. Dazu einfach das Volumen ausrechnen (Länge x Breite x Höhe) und die Menge der Zutaten entsprechend anpassen.

Für die Joghurt-Mousse (rechteckige Form, 20 x 18 x 5 cm):

  • 40 g Sahne
  • 1 TL Vanilleessenz (oder das Mark einer Schote)
  • 1 g Zitronenabrieb, fein gehackt
  • 1 Scheibe Ingwer
  • 5 g Pulvergelatine in 30 g kaltem Wasser eingeweicht
  • 40 g milder Honig
  • 240 g griechischer Joghurt (10%)
  • 200 g Sahne, locker aufgeschlagen

Ich kochte die flüssige Sahne (40 g) mit Ingwer und Vanilleessenz kurz auf und ließ alles abgedeckt 10 Minuten ziehen. Dann nahm ich den Ingwer heraus, erhitzte die Sahne erneut und löste die gequollene Gelatine und den Honig darin auf. Warum in diesem Fall Gelatinepulver verwendet wird, weiß ich leider nicht. Es funktioniert sicher auch mit der gleichen Menge Blattgelatine. Anschließend rührte ich die Sahnemischung unter den Joghurt und hob die locker aufgeschlagene Sahne mit dem Schneebesen unter. Mit der fertigen Mousse befüllte ich die rechteckige Formen ( 20 x 18 x 5 cm), in deren Boden ich ein Blatt Acetat-Folie gelegt hatte, damit sich die gefrorene Torte später einfacher auslösen lässt,  und fror sie ein.

Für den Zitronen-Biskuit (20 x 18 cm):

  • 66 g Vollei
  • 80 g Zucker
  • 1,5 g Zitronenabrieb, fein gehackt
  • 48 g Crème fraîche
  • 80 g Weizenmehl 550
  • 1,5 g Backpulver
  • 26 g Olivenöl

Das ist tatsächlich einer der köstlichsten Biskuitmassen, die ich je hergestellt habe. Normalerweise probiere ich von den übrigen Randstückchen nur, aber diese verputzten Herr H. und ich nach dem Backen restlos mit großem Genuss. Doch zuvor mussten wir ihn natürlich machen. Herr H. schlug zunächst Ei, Zucker und  Zitronenabrieb im Wasserbad (ca. 60°C) auf, bis eine leicht dickliche, helle Textur erreicht war (bis ca. 50°C). Anschließend schlug er die Masse im kalten Wasserbad noch eine Weile. Dadurch bildet sich ein ein besonders stabiler, feinporiger Schaum. Ich rührte dann die Crème fraîche unter. Herr H. siebte Mehl und Backpulver darüber und hob es behutsam unter und zuletzte das Olivenöl. Ich verteilte die Masse ca. 5 mm dünn auf einem mit Backpapier belegten Blech und buk den Biskuit 12 Minuten bei 180°C. Nach dem Abkühlen schnitt ich ein Rechteck von 18 x 20 cm aus.

Für die Erdbeercreme:

  • 210 g Erdbeerpüree
  • 60 g Eigelb
  • 75 g Vollei
  • 60 g Zucker
  • 75 g Butter
  • 4 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht

Ich kochte das Erdbeerpüree auf, während Herr H. Eigelb, Ei und Zucker schaumig schlug. Dann gab ich die Hälfte des Pürees zur Eimasse und schließlich alles gemeinsam zurück in den Topf. Unter Rühren erhitzte ich die Creme auf 83°C, gab sie durch ein feines Sieb in den Behälter des Atomisierers und rührte die gut ausgedrückte Gelatine unter. Als sie auf 30°C abgekühlt war, schaltete ich ihn ein und gab stückweise die kalte Butter hinzu. Als die Butter vollständig eingearbeitet war, ließ ich ihn noch 30 Sekunden auf höchster Stufe laufen, um die Creme schön luftig aufzuschlagen. Hat man keinen Atomisierer, funktioniert das Prozedere auch einwandfrei mit dem Stabmixer. Anschließend gab ich die fertige Creme auf die erstarrte Joghurt-Mousse, legte das Limetten-Biskuit-Rechteck auf und fror die Form ein.

Für den Schokoladen-Mürbeteig* (23 x 20 cm, es bleibt ein Rest von ca. 250 g):

  • 100 g weiche Butter
  • 72 g Puderzucker
  • 24 g Mandelmehl
  • 1,5 g Salz
  • 40 g Vollei
  • 170 g Weizenmehl 405
  • 20 g Kakaopulver


Herr H. rührte Butter Mandelmehl und Puderzucker cremig, gab das Ei hinzu und rührte weiter, bis sich alles gut verbunden hatte (das geht leichter, wenn alle Zutaten die gleich Temperatur haben). Ich siebte Mehl, Kakao und Salz darüber und vermengte alles rasch zu einem Teig, den ich dann zwischen Backpapier ca. 5 mm dünn ausrollte. Der Teig sollte mindestens 2 Stunden gekühlt werden, ich beließ ihn über Nacht in der Kälte. Am nächsten Morgen rollte ich ihn noch etwas dünner aus, ca. 3 mm, kühlte ihn erneut für 30 Minuten und schnitt dann vor dem Backen das Rechteck aus. Die Rest lassen sich problemlos einfrieren. Ich buk das Rechteck ca 13 Minuten bei 165°C Umluft und ließ es dann auf dem Backpapier abkühlen.

Für die Fruchtglasur*²:

  • 8 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 175 g Erdbeerpüree
  • 100 g Läuterzucker (95 g Zucker, 1 Streifen Zitronenschale, 1 TL Vanilleessenz, 113 g Wasser, aufgekocht, 3 Minuten geköchelt, Schale entnommen)

Da ich mit der Glasur eher nicht glücklich bin, gebe ich sie hier nur der Vollständigkeit halber an und ersetze sie, sobald ich eine bessere gefunden habe. Ich kochte Erdbeerpüree und Läuterzucker kurz auf, zog den Topf vom Herd und löst die gut ausgedrückte Gelatine darin auf. Dann gab ich sie durch ein sehr feines Sieb in ein Gefäß, aus dem es sich gut gießen lässt. Leider entfernte das nicht den beim Kochen entstandenen Schaum. Nachdem die Glasur auf ca. 25°C abgekühlt war, über zog ich die gefrorene Torte damit und setzte sie mithilfe zweier langer Paletten auf den Mürbeteig. Fertig.

Fazit: Das Auftauen im Kühlschrank dauert mindestens 10 Stunden. Glasiert man sie nicht rechtzeitig, schmeckt aber auch eine leicht angefrorene Torte wunderbar. Das befand zumindest die große Nichte, die am nächsten Tag meinte, dass ich die beste “Erdbeertorterin” der Welt sei. Und das soll schon etwas heißen, denn sie ist beim Essen sehr heikel und mag Erdbeeren nicht einmal sonderlich. Auch die anderen Gäste waren hoch zufrieden und die Kollegen von Herrn H., für die ich sie ein weiteres Mal herstellte ebenfalls. Mir gefällt vor sie auch sehr, sehr gut. Die Konsistenz der Cremeschichten ist zart, der Biskuit saftig und der dadurch geschützte Mürbeiteig auch am nächsten Tag noch knusprig. Es darf eben auch mal einfach sein!

*Schokoladen-Mürbeteig aus: Törtchen – Kunstvolle Konditorei im Kleinformat Hrg. Bernd Siefert

*² Fruchtglasur aus: Patisserie Suzue & William Curley

10 Kommentare

  1. Es darf eben auch mal einfach sein? Darüber müssen wir uns mal unterhalten, liebe Eva 😉
    Es tönt köstlich und sieht toll aus.
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

    • Eva Eva

      Danke und gern, Andy. Zur Zeit geht es im Hause H. sehr schlicht zu. Auch einmal erfrischend. 🙂
      Liebe Grüße aus Hamburg,
      Eva

  2. “beste Erdbeertorterin”, das finde ich auch!
    lg

    • Eva Eva

      Danke, Friederike! 🙂

  3. Erdbeertorte, wie fein_ die Biskuitmasse merke ich mir mal. Wir haben hier das Glück sizilianische Zitronen in bester Qualität zu kriegen, ansonsten kann ich Fet a Soller empfehlen- je nach Jahreszeit schwankt die Qualität allerdings. Und dein Spargel-Flammkuchen klingt auch gut, einfach und gut.

    • Eva Eva

      Danke für den Tipp, Christine: Wird probiert. Und die Spargelzeit ist jetzt ja leider fast vorbei…

  4. Ach, du bist quasi der Frühling! Dieses Jahr ausgefallen, vom Februar direkt zum Sommer gewechselt. 😉

    Wunderbar schaut das Mousse aus!

    • Eva Eva

      Danke, Susi.
      Damit kann ich leben. 🙂 Aber es ist schwer, am Ball zu bleiben, zumal ich derzeit wirklich nicht spektakulär koche oder backe. Habe irgendwie gerade andere Prioritäten…

  5. Mir kommt es auch so vor, dass es vom Winter direkt ins Jetzt gegangen wäre. 😉

    Dann hätte ich aber die Erdbeersaison verpasst, und das wäre traurig gewesen. Mit Zitrone, ob sauer oder nicht, und dem Joghurt ein schönes Team.

    …Und auch schön, wieder von dir zu lesen.

    • Eva Eva

      Danke, Barbara. Leider ist der Winter nun schon wieder auf dem Vormarsch. Irgendwie war mir der Sommer zu kurz. Aber der nächste kommt ja ganz bestimmt. Ein – wenn auch schwacher – Trost. 🙂

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